17.7.2017 An der Friedrich-Ebert-Schule in Esslingen-Zell ist Amokalarm ausgelöst worden.

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Von Alexander Maier
Der Schreck saß vielen Schülern und Lehrern des beruflichen Schulzentrums in Esslingen-Zell auch Stunden später noch im Nacken: Mehrere Schüler hatten sich um 10.36 Uhr im Rektorat gemeldet und berichtet, ein Unbekannter habe ihnen einen Namen genannt und sich nach dem Betreffenden erkundigt. Als ihm die jungen Leute nicht weiterhelfen konnten, sei der Mann weitergegangen. Hinterher berichteten sie, sie hätten im Vorübergehen bemerkt, dass der Unbekannte eine Pistole im Hosenbund stecken hatte. Weil die Gefahrenlage unklar war, wurde Amokalarm ausgelöst. Als die ersten Einsatzkräfte wenig später eintrafen, war der Mann verschwunden. Die Schule wurde weiträumig abgesperrt, die Schüler mussten in ihren Klassenzimmern bleiben, solange die Polizei das Gebäude durchsuchte. Um die Mittagszeit gab es dann Entwarnung. Während die Kripo im Schulgebäude die Ermittlungen aufnahm und Zeugen befragte, fahndete ein Großaufgebot von Einsatzkräften im Stadtgebiet nach dem Unbekannten. Um die Mittagszeit gab es dann die erlösende Nachricht: Niemand wurde unmittelbar gefährdet oder gar verletzt.
Wie ein Lauffeuer hatte sich heute Vormittag die Nachricht verbreitet, dass es einen Amokalarm im beruflichen Schulzentrum gegeben hatte. Viele Schaulustige standen vor den Absperrungen der Polizei und beobachteten das Geschehen – darunter auch zahlreiche Schüler, die erst zu späterer Stunde Unterricht hatten und sich dem Schulgelände nicht mehr nähern durften. Unter den Wartenden waren auch Eltern und Freunde, die sich um die im Schulgebäude eingeschlossenen Schüler und Lehrer sorgten. Während die Polizei per Twitter laufend über den aktuellen Stand informierte, meldeten sich Schüler aus dem Schulzentrum immer wieder bei ihren Familien und Freunden über Handy und soziale Netzwerke. „Sind in der Schule eingesperrt“, ließ Berufsschülerin Betty wissen. „Wohl ein Mann mit einer Waffe unterwegs. Alle im Raum Esslingen auf sich aufpassen!“

Gefahrenlage zunächst unklar

Erst nach und nach konkretisierten sich die Informationen. Wie es bei einem Amokalarm üblich ist, hatte die Polizei sofort das volle Programm ihrer Maßnahmen gestartet: Innerhalb kürzester Zeit waren die ersten Einsatzkräfte vor Ort, mit jeder Minute rückte immer neue Verstärkung an, weil keiner zunächst wusste, wie groß die Gefahr tatsächlich war. Die Schüler des beruflichen Schulzentrums, das die Friedrich-Ebert-Schule und die Käthe-Kollwitz-Schule beherbergt, mussten vorsorglich mit ihren Lehrern in den Klassenzimmern ausharren.
Im weiten Umkreis des beruflichen Schulzentrums riegelten Polizeistreifen die Zufahrten ab. Mit spezieller Schutzkleidung und automatischen Waffen ausgerüstete Beamte waren an sämtlichen Zugängen zum Schulgelände und im Umfeld postiert. Spezialeinsatzkräfte rückten ebenso an wie die Hundestaffel, die bei der Durchsuchung der Gebäude des beruflichen Schulzentrums und der angrenzenden John-F.-Kennedy-Schule zum Einsatz kam. Unterdessen kreiste der Polizeihubschrauber über der Schule und dem Stadtteil Zell. Denn der Amokalarm zog weit über das Schulzentrum hinaus Kreise: „Schulen und Kindergärten um die Friedrich-Ebert-Schule haben sich vorsorglich ebenfalls verbarrikadiert“, ließ die Polizei wissen. Eltern wurden gebeten, fürs Erste nicht zum Ort des Geschehens zu kommen. „An die Eltern: Bitte haben Sie Geduld und bleiben Sie den Schulen fern. Wir brauchen den Platz für die Einsatzkräfte“, twitterte die Polizei, um wenig später zu ergänzen: „Ihre Kinder sind in den Klassenzimmern und können auch nicht raus. Wir geben Bescheid, sobald Sie Ihre Kids abholen können.“
Weil bei vielen in diesen Stunden die Bilder von Amokläufen wie in Winnenden und Wendlingen auf schmerzliche Weise lebendig wurden, waren Kriseninterventionskräfte im Einsatz, um die Betroffenen zu betreuen. Eine Person musste mit einer Kreislaufschwäche ins Krankenhaus. Gegen 14.45 Uhr gab es endgültig Entwarnung: „Durchsuchungs- und Evakuierungsmaßnahmen beendet. Die Fahndung wird fortgesetzt.“
Zunächst schien es, als hätte die Polizei den Verdächtigen rasch gefasst: Ein Zeuge hatte am nahen Sportplatz einen Mann gesehen, auf den die Beschreibung passte. Der Mann, der genau wie der Verdächtige aus dem Schulhaus mit einem Motorrad unterwegs war, wurde wenig später festgenommen. Er kam aber nach intensiver Überprüfung wieder frei, weil er mit der Sache offenbar nichts zu tun hatte. Deshalb wurde die Fahndung auch am Nachmittag mit unverminderter Intensität fortgesetzt.

Diesen Mann sucht die Polizei

Dank einiger Zeugen, die den Unbekannten ziemlich konkret beschreiben konnten, konzentriert sich die Fahndung der Polizei auf einen Mann, der etwa 1,80 Meter groß und schlank ist. Er soll einen dunklen Teint und einen Drei-Tage-Bart haben. Als er die Friedrich-Ebert-Schule betrat, trug er ein blaues T-Shirt, eine knielange, beige Hose und ein Käppi mit Cameo-Muster. Wahrscheinlich ist er mit einem Motorrad geflüchtet. Welche Art von Waffe er tatsächlich bei sich trug, ist noch unklar. Zeugen berichteten, es habe sich um eine Pistole gehandelt.