Zwei Jahre lang lebte und arbeitete Festo-Mitarbeiter Kai Feller in Jordaniens Hauptstadt Amman. Zurzeit ist er in England im Einsatz. Quelle: Unbekannt

Von Katja Eisenhardt

Esslingen - Markus Birgler ist seit Juli 2016 für Eberspächer in China. Der 33-Jährige arbeitet seit seinem Dualen Studium am Esslinger Standort des weltweit tätigen Unternehmens, zunächst in der Forschung, dann in der Vorentwicklung. Aktuell ist er als Manager und Teamleiter in der Produktentwicklung für Abgasanlagen in Shanghai, zusätzlich unterstützt er den Vertrieb: „Viele europäische Technologien sind in China noch nicht bekannt. Das eröffnet uns Kontakte zu neuen Unternehmen und Möglichkeiten, unsere Arbeit für bestehende Kunden zu erweitern.“ Den Schritt raus aus der Komfortzone rein ins Abenteuer Ausland wagte Markus Birgler, „weil mich eine neue Herausforderung, die mich persönlich und beruflich weiterbringt reizte, gerade auch was die komplett andere Kultur in Fernost angeht.“ Der Alternativ-Standort zu Shanghai wäre in seinem Fachgebiet Michigan in den USA gewesen. Seinen neuen Arbeitsplatz, an dem er noch bis Dezember im Einsatz ist, konnte sich Birgler bereits vor seiner Abreise aus Deutschland im Rahmen eines von der Firma organisierten Look & See-Trips anschauen. Unterstützung gab es zudem vom Umzug über die Arbeitsgenehmigung bis hin zur Versicherung. Ebenso hilfreich: ein interkulturelles Training. Eine der größten Herausforderungen sei für ihn die Sprache gewesen, sagt der 33-Jährige: „Man muss teils komplett neue Kommunikationswege suchen und sich bei vielem auf die Unterstützung anderer verlassen.“ Gut ein halbes Jahr habe es gedauert, bis privat und beruflich so etwas wie Alltag eingekehrt sei. Von seinen neuen Kollegen sei er mit offenen Armen empfangen worden, erzählt Birgler: „Viele hatten seither noch keinen Kontakt zur westlichen Welt. Entsprechend spannend ist es auch für sie, plötzlich mit jemandem aus einer ganz anderen Kultur zusammenzuarbeiten.“

Ebenfalls in Shanghai war Michael Leyendecker, der wieder zurück bei Festo in Esslingen die Position des Personalchefs für den Vertrieb in Deutschland innehat. Seit 1997 arbeitet er für das global aufgestellte Unternehmen. Zu Beginn seiner Berufskarriere verbrachte Leyendecker bereits einige Jahre im Ausland. „Seither habe ich stets versucht, im internationalen Kontext zu arbeiten und auch privat internationale Kontakte zu pflegen.“ Vor seinem Auslandseinsatz in Shanghai sei er noch nie in Asien gewesen, entsprechend hilfreich sei das Angebot des Look & See-Trips. Den größten Unterschied auf beruflicher Seite stellte Leyendecker im Ablauf des Arbeitstags fest: „In Deutschland ist er zu 80 Prozent strukturiert, 20 Prozent bleiben für Unvorhergesehenes. In China ist das genau umgekehrt, was mir anfangs große Schwierigkeiten bereitete.“

Es geht auch ohne Plan B

Eine tägliche Herausforderung zudem: Herauszufinden, wie man von A nach B kommt oder problemlos einkauft. „In China spricht kein Taxifahrer oder Verkäufer im Supermarkt Englisch und die Verpackungen verraten nicht wirklich ihren Inhalt“, erzählt Michael Leyendecker. Persönlich habe er von seinem Auslandseinsatz die Offenheit mitgenommen, auf andere zuzugehen und flexibel auf Unvorhergesehenes zu reagieren, dazu viele Kontakte und ein „neues Bild von einem tollen Land mit sehr tollen Menschen.“

Eingetaucht in eine völlig andere Kultur ist ebenso Leyendeckers Firmenkollege Kai Feller, seit 2011 Mitarbeiter bei Festo. Der 33-Jährige ging zunächst als Business Development Manager für zwei Jahre nach Amman, der Hauptstadt Jordaniens, derzeit arbeitet er am Standort Northhampton in Großbritannien. „Ich habe von Anfang an sehr eng mit der Landesgesellschaft in Jordanien zusammengearbeitet. Nach zwei Jahren bei Festo fiel gemeinsam mit meiner Führungskraft in Deutschland und dem Management in Jordanien die Entscheidung, dass eine temporäre Unterstützung vor Ort sinnvoll wäre. Ich habe zugestimmt, da ich die Kunden und Kollegen vor Ort bereits gut kannte und ein paar Mal dort war“, berichtet Feller. Das kulturelle Training nutzte auch er vor seiner Abreise: „Religion, Traditionen und Verhaltensweisen sind im Ausland teilweise anders als bei uns - da hat man anfangs natürlich Bedenken, unbeabsichtigt Fehler zu begehen.“ Dass ein Auslandsaufenthalt einen persönlich bereichert, kann Kai Feller nur bestätigen: „Anfangs war es für mich unvorstellbar, etwas ohne Alternativ-Plan anzugehen. Dann habe ich gelernt, dass man nicht immer einen Plan B oder gar C braucht. Ich wurde gelassener. Ich habe durch die Auslandserfahrung persönlich extrem viel gelernt. Und den Begriff Gastfreundschaft für mich neu definiert - die Jordanier waren unglaublich hilfsbereit und herzlich. Ich habe das neue Umfeld sehr schnell zu schätzen gelernt. Hier in Europa vermisse ich sogar einige Rituale und freue mich jedes Mal, wenn ich auf Arabisch Falafel bestellen kann.“

Bedeutung des globalen Miteinanders

Warum ist die Auslandserfahrung der Mitarbeiter wichtig fürs Unternehmen? „Die Arbeitswelt wird immer globaler und schneller. Wir sehen enorme Entwicklungen im internationalen Arbeiten über Kulturen und Ländergrenzen hinweg. Für uns als weltweit erfolgreiche Unternehmensgruppe ist die Förderung des globalen Miteinanders von großer Bedeutung“, erklärt Kathrin Krüger, die bei Eberspächer für das globale Entsendungs-Management verantwortlich ist. Können sich die Mitarbeiter in der globalen Arbeitswelt effizient und professionell bewegen, profitiere das Unternehmen entsprechend davon. Michael Graf, für das Entsendungsmanagement bei Festo zuständig, bestätigt das: „Festo hat früh erkannt, dass die weltweite Verfügbarkeit von Produkten und Services einen zentralen Wettbewerbsfaktor darstellt. Daher hat sich das Unternehmen früh und konsequent international ausgerichtet. Die interdisziplinäre sowie internationale Zusammenarbeit nimmt zu und wird gefördert.“ Festo biete so neben „klassischen“ Entsendungen von bis zu fünf Jahren eine Vielzahl weiterer internationalen Austauschmöglichkeiten an, das beginne bereits bei den Auszubildenden sowie Studenten der Dualen Hochschule.

Wohin gehen die Entsendungen? Die Eberspächer Gruppe bietet mit rund 70 Standorten in 28 Ländern weltweite Möglichkeiten. Das jeweilige Ziel hängt unter anderem vom Aufgabengebiet des Mitarbeiters ab, erläutert Kathrin Krüger. Grundsätzlich seien Entsendungen in alle 61 Landesgesellschaften denkbar, ergänzt Michael Graf für Festo: „Die Entwicklungen in den Märkten geben hier die wichtigsten Impulse. Es geht primär darum, themenabhängig die richtige Expertise zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu haben.“ Entsendungen gebe es von Deutschland in die internationalen Landesgesellschaften und umgekehrt sowie zwischen den internationalen Standorten. „Aktuell gehen bei uns die meisten temporären Entsendungen nach China und in die USA“, so Graf.

Wie unterstützt das Unternehmen seine Mitarbeiter bei einem Auslandseinsatz? Die Unterstützung hat bei beiden Unternehmen vielseitige Facetten: Das reicht etwa von der Beschaffung einer Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigung über die Wohnungssuche und die Versicherung bis hin zu länderspezifischen Besonderheiten wie in China beispielsweise dem Erwerb eines chinesischen Führerscheins. Angeboten wird zudem ein interkulturelles Training, um sich auf die Gepflogenheiten vor Ort besser einstellen zu können, bei Bedarf Sprachkurse sowie Look & See-Trips, bei denen sich die Mitarbeiter vor ihrem offiziellen Start im Ausland vor Ort bereits einen ersten Eindruck verschaffen können. Die Möglichkeiten zur Rückkehr ins deutsche Unternehmen werden von Beginn an organisatorisch mit eingebunden.