Foto: Kellmayer - Kellmayer

Zwischen Leonard Bernstein und Kurt Weill: Junge Sängerinnen begeistern beim Liederabend des Oratorien-Vereins mit virtuosem Gesang und unterhaltsamen Showeinlagen.

EsslingenDass ein Liederabend großen Spaß machen kann, erlebten kürzlich zahlreiche Zuhörer in der Schickhardthalle des Alten Rathauses. Unter dem Motto „One Hand, one Heart“, einem Liedtitel von Leonard Bernstein, präsentierte der Oratorien-Verein Esslingen drei Sängerinnen, die auch am Sonntag bei der Aufführung der „Mass“ desselben Komponisten in der Stadtkirche St. Dionys zu hören sein werden. Natürlich durfte auch der Jubilar Bernstein, dessen 100. Geburtstag derzeit im 18. Esslinger Forum für junge Solisten gefeiert wird, im Programm nicht fehlen.

Aus seinem bekanntesten Musical „West Side Story“ sang Lisenka Kirkcaldy ein Medley – doch sie sang es nicht nur, sie machte daraus eine große Show. Hier, wie auch bei den Songs „Ich lade Sie ein, Fräulein“ von Ralph Bernatzky, „Heut hab‘ ich ein Schwipserl“ oder Michael Jarrys „Er heißt Waldemar“ glänzte sie mit makelloser Stimme und ungestümem schauspielerischem Temperament. Ständig in Bewegung, sich mal mit Zigarre und Zylinder als Mann verkleidend, dann wieder als Vamp in liegender Pose auf dem Flügel singend oder mit dem souverän begleitenden Pianisten Cornelis Witthoefft ein Duett trällernd, ließ sie keine Sekunde Langeweile aufkommen. Und als Kirkcaldy bei „Musik! Musik!“ eine Steppeinlage einstreute, Georges Bizets „Habanera“ mit einem skurrilen Text verulkte oder älteren Herren im Publikum den Kopf verdrehte, hatte sie die Lacher auf ihrer Seite: ein echtes Showtalent mit einer faszinierenden Ausstrahlung.

Etwas ruhiger dagegen ließ es Viktoriia Vitrenko in zwei Liedern von Kurt Weil angehen. Beeindruckend war nicht nur ihre stimmliche Präsenz, sondern auch die Klarheit der Aussprache, die Berthold Brechts Liedtext Kontur gab. Mit Bernsteins „La Bonne Cuisine“ bewältigte sie einen wahren Zungenbrecher, hatte der Komponist hier doch Rezepte eines französischen Kochbuchs vertont, die die Sängerin in der Originalsprache in rasendem Tempo herunterleiern musste: Man bekam nicht nur leckeren Ochsenschwanz serviert, sondern auch ein türkisches Hühnchen und Kaninchenragout. Durch ein Wechselbad der Gefühle jagte Vitrenko die Zuhörer mit jazzigen Tönen von George Gershwin und den vokalen Exzessen in „Glitter and Be Gay“ aus Leonard Bernsteins „Candide“: klanglich differenziert gefärbt, dynamisch bis an die Grenzen gehend und mit großer darstellerischer Intensität.

Die Altistin Melanie Scherf gab mit metallisch gefärbtem Organ Liedern von Bernstein und Aaron Copland Gefühlstiefe, sang ausdrucksstark Frank Bridges „Come to me in my Dreams“ und setzte in „Piccola Serenata“ ihre Stimme lautmalerisch wie ein Instrument ein. Dann ein besonderes Schmankerl: Mit Jeanine Tesoris „The Girl in 14G“ präsentierte Scherf einen musikalischen Spaß, bei dem sich Gag an Gag reihte und das Publikum amüsierte. Cornelis Witthoefft machte am Flügel engagiert mit, begleitete sehr einfühlsam und zeigte seine herausragenden pianistischen Fähigkeiten bei eingestreuten Klavierpiecen aus Bernsteins erstem Musical „On the Town“.

Dem Motto des Abends entsprechend gab es nach begeistertem Schlussapplaus als Zugabe „One Hand, one Heart“, bei dessen schmusiger Melodie sich Lisenka Kirkcaldy, Viktoriia Vitrenko und Melanie Scherf als wunderbar eingespieltes Gesangstrio vorstellten.