Jon Keckonen (links) und Mike Vandersteen sehen keine Gefahr, dass die „Trump-Verwaltung“ die Städtepartnerschaft stören könnte. Foto: Bulgrin Quelle: Unbekannt

Über die Politik des amerikanischen Präsidenten Donald Trump wurde mit den Gästen aus Sheboygan natürlich auch diskutiert. Der Bürgermeister der Partnerstadt, Mike Vandersteen, und Jon Keckonen, der sich seit vielen Jahren in der Partnerschaftsorganisation People to People engagiert, sehen derzeit aber keine Anzeichen dafür, dass nationale Töne das Verhältnis der Partnerstädte zueinander trüben könnten.

Präsident Trump hat die ersten vier Monate seiner Amtszeit hinter sich. Spürt man Veränderungen in Sheboygan?

Vandersteen: Die Menschen in der Stadt Sheboygan sind traditionell eher demokratisch eingestellt. Im County Sheboygan tendiert man hingegen eher zu den Republikanern. Im Gegensatz zu Esslingen, wo sieben verschiedene Parteien im Gemeinderat sitzen, spielt in Sheboygan Parteipolitik aber keine Rolle - weder in den Selbstverwaltungsgremien, noch in der Stadtverwaltung. Ich gehöre zwar der „Republican Party“ an, aber die Kandidaten für Bürgermeister und Stadtrat werden größtenteils gewählt, als ob sie alle parteilos sind und es gibt keine Angabe ihrer persönlichen Parteizugehörigkeit. Bei uns werden Menschen gewählt, die sich engagieren und die man kennt. So hat sich durch die Wahl Donald Trumps bei uns auch nichts geändert.

Herr Keckonen, vor der Wahl haben Sie sich in der Eßlinger Zeitung sehr kritisch über Donald Trump geäußert. Hat sich Ihre düstere Prognose bewahrheitet?

Keckonen: Ich bin immer noch sehr besorgt über die Präsidentschaft Donald Trumps. Ich habe mein Leben lang die Republikaner gewählt. Doch dieses Mal war es für mich völlig ausgeschlossen, ihnen wieder meine Stimme zu geben. Ich hoffe, dass Trump gute Berater hat, die ihn auf einem geraden Pfad halten. Aber als Individuum beunruhigt er mich nach wie vor sehr.

Ein Slogan Trumps lautet „America first“. Sehen Sie darin Gefahren für die deutsch-amerikanische Freundschaft?

Vandersteen: Ich interpretiere diesen Slogan eher so, dass für uns unsere Verfassung und Werte an oberster Stelle stehen. Er hat Angela Merkel schon kurz nach seiner Wahl eingeladen. Die Beziehungen zu Deutschland und der deutschen Regierung sind sehr wichtig für die Vereinigten Staaten. Diese frühe Einladung sehe ich als positives Zeichen, durch das er auch unterstreichen wollte, wie wichtig die Beziehungen für unser Land sind.

Bezogen auf die Partnerschaft mit Esslingen: Könnten die Beziehungen leiden oder sind sie so gefestigt, dass die große Politik keine Rolle spielt?

Vandersteen: Die Partnerschaft zwischen unseren beiden Städten lebt von den persönlichen Beziehungen. Das gilt auch für mich und Oberbürgermeister Zieger. Ich bin jetzt zum zweiten Mal in Esslingen und habe sofort wieder gespürt, wie fest das Band zwischen uns ist.

Keckonen: Ich sehe ebenfalls keine Gefahr, dass die Trump-Verwaltung oder die amerikanische Politik die Partnerschaft zwischen Esslingen und Sheboygan auf irgendeine Art und Weise stören könnte. In dieser langen Zeit der Städtepartnerschaft haben sich so viele Freundschaften zwischen den Menschen gebildet. Die kann die Politik nicht zerstören.

Vandersteen: Ein ganz wichtiger Punkt der Städtepartnerschaft ist für mich, dass die jungen Leute bei uns ihren Horizont erweitern. Durch den Austausch erleben sie ein anderes Land, sie haben dort Freunde und können danach auch viele Dinge in Amerika anders beurteilen. Durch den Schüleraustausch haben wir in den vergangenen 50 Jahren eine sehr feste Brücke gebaut.

Wie groß ist in Sheboygan heute das Interesse an Deutschland und der deutschen Sprache?

Vandersteen: Die Möglichkeiten, bei uns in der Schule Deutsch zu lernen, haben sich leider verringert. Da es keine große Nachfrage vonseiten der Highschool-Schüler gibt, wird auch das Angebot immer geringer. Das ist wirklich ein Problem. Wir sind dabei, das Problem zu lösen, indem wir an den Mittelschulen einen Kurzaustausch im Sommer anbieten. Wenn die Kinder schon in der Mittelschule ein paar Wochen in Esslingen waren, wollen sie dann an der Highschool für länger nach Deutschland. Das ist jedenfalls unsere Hoffnung.

Keckonen: Das hängt auch immer von den Lehrern ab, und ob die deutsche Sprache als Fach angeboten wird. Als meine Kinder zum Schüleraustausch nach Esslingen gekommen sind, hatten wir in Sheboygan einen Lehrer, der sie dazu ermuntert und den Austausch gefördert hat. Die demografische Lage ändert sich in Sheboygan und andere Sprachen werden statt Deutsch und Französisch gelehrt.

Wo sehen Sie außer beim Schüleraustausch für die Zukunft Felder der Zusammenarbeit der beiden Partnerstädte?

Vandersteen: In beiden Städten gibt es Themen und Probleme, die ähnlich sind und über die wir uns austauschen. So stehen wir im Augenblick in Sheboygan vor der Frage, was wir mit unserer hundert Jahre alten Stadthalle machen sollen - reparieren oder neu bauen. Und da hat man in Esslingen ja viel Erfahrung. Wichtig sind natürlich auch Themen wie Klimaschutz, Recycling oder die Reinhaltung der Gewässer. Das geht uns alle etwas an und da können wir voneinander lernen.

Die Fragen stellte Dagmar Weinberg