Der Marktbeschicker Eberhard Sohn (links) und viele Kunden fühlen sich am traditionellen Standort auf dem Marktplatz wohl. Foto: Krytzner Quelle: Unbekannt

Von Thomas Krytzner

Zum Wochenmarkt geht man auf den Marktplatz - normalerweise. In Esslingen haben sich die Marktbetreiber und Kunden aber daran gewöhnt, dass Obst, Gemüse, Pflanzen und weitere Frischwaren zwischendurch auch in der Bahnhofstraße verkauft werden, etwa während des Zwiebelfests oder des Weihnachtsmarkts. Wegen einer Baustelle in der Bahnhofstraße müssen demnächst aber einige Marktbeschicker ausweichen. Dann steht ein Teil der Marktstände direkt auf dem Bahnhofsvorplatz, die anderen findet man in der oberen Bahnhofstraße.

Eberhard Sohn, Wein- und Gemüsebauer aus Mettingen, kommt mit seinem Stand schon seit 25 Jahren auf den Wochenmarkt. Mehr als zehn Jahre war er der Vorsitzende des Marktvereins. Er blickt sorgenvoll auf die nächsten zwei Jahre. „Überall kommen jetzt die Großbaustellen in der Stadt. Dadurch wird der Markt auch an der Ausweichstelle zerrissen.“ Die Marktleute, die bisher immer in den oberen Teil der Bahnhofstraße ausgewichen sind, sollen dann ihre Waren auf dem Bahnhofsvorplatz verkaufen. „Das wäre ja nicht schlecht, weil da viel los ist. Aber ich habe die kleine Befürchtung, dass der Markt durch die Baustelle zweigeteilt wird und einige Beschicker das Nachsehen haben.“ Eberhard Sohn ist froh, dass dies nur eine Zwischenlösung ist. „Ein bis zwei Jahre müssen wir aushalten.“ Sehr skeptisch steht Sohn dem Gedanken gegenüber, während des Zwiebelfests und der Weihnachtsmarktzeit den Wochenmarkt in die Ritterstraße zu verlegen. „Die Straße ist kein Zentrum und dort gab es noch nie einen Wochenmarkt.“ Er ist überzeugt, dass die Variante mit der Bahnhofstraße besser ist. „Die Kunden sind die beiden Orte, Marktplatz und Bahnhofsstraße, gewohnt. Die Veränderung wäre auch schlecht fürs Geschäft.“

Walter Klingler steht mit seinem Bio-Demeter-Stand bereits seit 30 Jahren auf dem Esslinger Wochenmarkt. „Wir kommen aus Kernen im Remstal nach Esslingen und fühlen uns auf dem Marktplatz am wohlsten.“ Er ist einer der betroffenen Marktbetreiber, die bei einem Wechsel in die Bahnhofstraße künftig erneut ausweichen müssen. „Als die ersten Ausweichmanöver begannen, hatten wir es zwar schwerer, aber mittlerweile haben die Kunden den ewigen Standortwechsel gut angenommen.“ Er schlägt vor, dass die Stände alle weiter unten in der Bahnhofsstraße oder aber alle auf dem Bahnhofsvorplatz aufgestellt werden sollten. „In der oberen Straße gibt es ein leichtes Gefälle und das ist für viele Stände ungeschickt.“ Er denkt, dass sich die Aufteilung durch die Baustelle vor dem Einkaufszentrum in ein paar Wochen wohl eingependelt haben wird. „Probleme gibt es eher mit den Parkplätzen. Da findet man hier auf dem Marktplatz noch eher etwas, als in den unteren Parkhäusern. Da ist doch immer alles voll.“ Dem Marktbeschicker aus dem Remstal gefällt die Lösung mit der Bahnhofstraße. „Das dauert ja maximal drei Jahre und das Markttreiben hat sich eingespielt. Da haben sich die Kunden dran gewöhnt. Es ist daher besser, die Bahnhofstraße so gut wie möglich zu nutzen.“

Roland Grühn aus Esslingen kauft seit Jahren jede Woche auf dem Esslinger Wochenmarkt ein. „Für mich ist der Markt wie ein Miniurlaub und er soll auf dem Marktplatz bleiben.“ Er fühlt sich auf dem historischen Platz wohl und findet, dass ein Umzug das Marktambiente stört. „Das Ensemble hier ist doch stimmig, die Kirche, die alten Gebäude und der Markt. Da kann man einkaufen und genießen.“ Grühn hat auf dem Markt einige Lieblingsstände. „Man lernt sich hier kennen und weiß, wo man seine Ware kriegt.“

Die 86-jährige Esslingerin Edith Gmeiner ist Stammkundin und kommt immer noch zu Fuß zum Wochenmarkt. „Ich kenne die meisten Marktbetreiber seit Jahren. Von daher ist der Einkauf auf dem Markt für mich nicht nur Geld ausgeben und Waren heimtragen.“ Meistens bleibt auch noch Zeit für ein Schwätzchen, „um die Neuigkeiten auszutauschen“. An den Wechsel des Markts in die Bahnhofstraße habe sie sich schon gewöhnt. „Da bin ich dann halt ein wenig länger unterwegs, aber ich habe ja Zeit.“

Martin Wilhelm hat in Kernen einen Hofmarkt und verkauft seit Jahren Gemüse und Obst auf dem Esslinger Markt. „Jede Veränderung ist schlecht.“ Denn die Stammkunden „müssen uns jedes Mal wieder suchen.“ Am liebsten wäre ihm, wenn der Wochenmarkt überhaupt nicht umziehen müsste. Dennoch hat er sich an die Verlegung in die Bahnhofstraße gewöhnt. „Am Anfang war es schwierig und vor allem im Winter, wenn viel Verkehr herrscht, ist es dort unangenehm.“ Sein jetziger Ausweichstandort ist direkt vor dem Karstadt-Gebäude. „Da stehe ich immer gerne, aber jetzt kommt da ja die Baustelle hin“, erzählt er. Während der Bauzeit sollte der Markt nicht zweigeteilt werden.