Diätassistentin Ramona Renz, Regionalleiterin Petra Herrmann und Hauswirtschaftsleiterin Maria Löber-Sperr (von links) müssen perfekt planen. Quelle: Unbekannt

Von Gaby Weiß

Jeden Tag werden in der jüngst für 1,2 Millionen Euro sanierten Küche im Pflegestift Kennenburg für 190 Bewohner drei Hauptmahlzeiten mit drei Mittagsmenüs zur Wahl und drei Zwischenmahlzeiten zubereitet. Zusätzlich versorgt der ambulante Dienst etwa 75 Menschen mit „Essen auf Rädern“, und im Kennenburg-Restaurant werden rund 60 Bewohner, Mitarbeiter und Gäste verköstigt. Dazu werden etwa 1600 Essen für Kindergärten, Tagesstätten und Schulen in 35 Einrichtungen in Esslingen und der näheren Umgebung geliefert. Darüber hinaus werden Catering-Aufträge bei Festen und Konferenzen übernommen. Das macht rund 3000 täglich frisch zubereitete Mahlzeiten und verlangt Tag für Tag logistische Meisterleistungen vom 25-köpfigen Küchenteam.

Schon vor sechs Uhr morgens beginnt die Arbeit in der mehr als 100 Quadratmeter großen Küche des geriatrischen Zentrums mit der Zubereitung des Frühstücks für die Bewohner des Pflegestifts am Stadtrand oberhalb des Hainbachtals. Im Laufe des Vormittags werden die Mittagsmahlzeiten zubereitet und auf Tabletts in großen Transportwagen auf die jeweiligen Stationen gebracht. Dann sind die Mahlzeiten dran, die in Thermobehältern für die Einzelzustellung beim „Essen auf Rädern“ gerichtet und in Transportkisten verpackt werden. Parallel dazu werden große Behälter mit dem Essen für die externen Kunden in Kindergärten, Tagesstätten und Schulen befüllt, in Warmhalteboxen zwischengelagert und in fahrbaren Containern bereitgestellt. Nach einem minutiös ausgetüftelten Tourenplan werden sie abgeholt und in den Einrichtungen zugestellt.

Altersgerechte Ernährung im Blick

Das Pflegestift Kennenburg ist eine von 17 Einrichtungen, die die diakonisch geprägte Altenhilfeorganisation „Dienste für Menschen“ in Baden-Württemberg unterhält. Für alle Häuser gleich ist der jeweils acht Wochen umfassende Rahmen-Speiseplan, den die Köche und hauswirtschaftlichen Leiter gemeinsam mit Diätassistentin Ramona Renz entwickeln. Vorgeschrieben ist die Beschäftigung einer solchen Fachfrau übrigens nicht: „Dienste für Menschen“ leistet sich dieses Fachwissen ganz bewusst, wie Maria Löber-Sperr, der die Kennenburger Hauswirtschaftsleitung untersteht, betont: „Es ist uns wichtig, dass wir nicht nur schmackhaftes, sondern auch qualitativ hochwertiges und gesundes Essen nach einem ausgewogenen Speiseplan anbieten.“

Diätassistentin Ramona Renz kontrolliert, dass die Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Ernährung für eine seniorengerechte Ernährung eingehalten werden, sie überwacht die Kalkulation, überprüft Allergene und Zusatzstoffe und sorgt dafür, dass spezielle Kostformen berücksichtigt werden: So gibt es neben der Vollkost immer eine vegetarische Version, ein glutenfreies und ein lactosefreies Menü, eine Schonkost-Variante sowie spezielle Mahlzeiten für Diabetiker und für Dialysepatienten. Außerdem hat Renz ein Auge auf Mengen und Richtwerte: „Pi mal Daumen gibt es bei uns nicht“, betont sie, „wir brauchen Standards für die Nährwerte, für die Kalorien und auch für die Portionsgrößen.“ Deshalb ergänzt ein Schöpfkellen-Plan den Speiseplan, damit die Portionen dem Bedarf von Senioren, Schülern oder Krippenkindern entsprechen. Parallel dazu werden die Speisepläne für die Kindergärten, Tagesstätten und Schulen gemacht: „Wir arbeiten stark zielgruppenorientiert, da geht es um unterschiedliche Portionsgrößen und Zusammensetzungen. Bei den Kindern und Jugendlichen sind zum Beispiel Hamburger oder Spaghetti mit Tomatensauce die Dauerbrenner“, weiß Ramona Renz.

Der Rahmen-Speiseplan für die Senioren ist an ein elektronisches Warenwirtschaftsprogramm gekoppelt, damit das Küchenteam jeder Einrichtung Zugriff auf Einkauf, Wareneinsatz und natürlich auf die Rezepte hat - „immer auf 100 Portionen gerechnet“, erläutert Maria Löber-Sperr. Per Computer ebenfalls angeschlossen ist ein Menüerfassungssystem, mit dessen Hilfe die Bewohner ihre Essensauswahl treffen und ihr individuelles Frühstück und Abendessen zusammenstellen.

Immer wieder werden die Bewohner und auch das Pflegepersonal zur Qualität des Essens befragt. „Alles wird dokumentiert, so haben wir den Überblick und können zum Beispiel sofort reagieren, wenn jemand mit Wunden eine stärker eiweißreiche Kost braucht. Das ist für uns zugleich eine Absicherung, denn die Heimaufsicht überprüft regelmäßig auch den Ernährungszustand der Bewohner“, erläutert Regionalleiterin Petra Herrmann. Auch der Rücklauf wird beobachtet: „Es geht um Wirtschaftlichkeit, Nachhaltigkeit und darum, möglichst wenig Überschuss oder gar Abfall zu produzieren“, erläutert Ramona Renz. „Wenn eine falsche Portionsgröße eingegeben wird, ist das bei uns eben nicht nur eine Portion Joghurt zu viel. Das sind dann gleich mehrere Kilo.“

Der Rahmen-Speiseplan bietet auch kulinarische Spielräume: Zur Jahreszeit passend gibt es regelmäßig Aktionen wie Spargel- oder bayerische Wochen, im Herbst freuen sich die Senioren auf die Wild- und Pilzwoche. „Die Pflegestift-Bewohner lieben das Deftige. Linsen mit Spätzle und Saitenwürstle gehen immer“, erzählt Maria Löber-Sperr. Für Menschen mit Kau- und Schluckbeschwerden wird die Konsistenz der Speisen individuell angepasst. Und für seinen Geburtstag darf sich jeder Kennenburg-Bewohner sein Lieblingsessen bestellen: „Da steht Zwiebelrostbraten auf der Hitliste ganz oben. Kürzlich hat sich jemand eine Hasenkeule gewünscht, und sogar das machen unsere Köche möglich“, freut sich Ramona Renz. Maria Löber-Sperr weiß, wie wichtig das Essen vor allem für die Bewohner des Pflegeheims ist: „Für viele ist das Essen ein Highlight des Tages.“ UndPetra Herrmann ergänzt: „Gutes Essen bedeutet Lebensqualität.“

HYGIENE WIRD GROSS GESCHRIEBEN

„Wir haben eine Riesen-Verantwortung, und wir haben mit Kindern, Senioren und kranken Menschen empfindliche Zielgruppen“, erläutert Maria Löber-Sperr, Chefin der Hauswirtschaftlichen Dienste im Pflegestift Kennenburg. Deshalb gelten in Großküchen sehr strenge Vorschriften, was Sauberkeit und Hygiene anbelangt: „Nach diesen Richtlinien arbeiten wir. Zusätzlich werden wir durch ein externes Hygiene-Institut kontrolliert“, erklärt Löber-Sperr. Das betrifft nicht nur die Zubereitung, sondern auch Bestellung, Warenannahme, Verarbeitung, Verpackung, Lagerung, Beförderung und Verteilung, und das gilt für Personal-, Lebensmittel- und Küchenhygiene.

Maria Löber-Sperr nennt nur einige Beispiele aus dem langen Vorschriften-Katalog: „Es muss zwischen sauber und unrein getrennt werden. Neben Lebensmitteln darf kein Leergut gelagert werden. Milch, Fleisch und Gemüse müssen separat verpackt sein. Es gibt klare Regeln, dass Speisen nicht länger als drei Stunden warm gehalten werden dürfen, und vorgeschrieben ist auch, dass warme Gerichte eine Temperatur von mindestens 65 Grad Celsius haben müssen, wenn sie beim Bewohner auf der Station ankommen.“