Experten halten den Elektromotor auch deshalb für effizient, weil sich Strom sowohl mit Wasser als auch durch die Sonne und den Wind ökologisch herstellen lässt. Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Von Petra Bail

Der Kohlendioxid-Ausstoß steigt. Ein Drittel der europaweiten CO2-Emissionen gehen auf das Konto des Verkehrs. Neue Konzepte sollen für eine klima- und umweltverträgliche Mobilität sorgen, zumal eine EU-Vereinbarung bis 2020 ein Limit für den CO2-Ausstoß bei Neuwagen von 95 Gramm vorschreibt. Das bedeutet einen massiven Umbruch in der Fahrzeugindustrie, von dem die Region besonders betroffen ist. Wie sehr das Thema die Menschen bewegt, machte der zwölfte Esslinger Dialog der Grünen-Landtagsabgeordneten Andrea Lindlohr deutlich. 140 Besucher strömten ins Alte Rathaus, um das Expertengespräch zum Thema „Autoindustrie im Umbruch - wie fahren wir morgen“ zu verfolgen.

Kein Patentrezept

Um die Klimaziele zu erreichen muss sich einiges ändern, darüber waren sich die fünf Podiumsteilnehmer einig. Ein Patentrezept hatte keiner in der Tasche. Einigkeit herrschte bei Franz Loogen, Geschäftsführer der Landesagentur für Elektromobilität e-mobil BW, Thomas Renner, Institutsdirektor des Fraunhofer-Anwendungszentrums KEIM an der Hochschule Esslingen, Wolfgang Nieke, Betriebsratsvorsitzender der Mercedes-Benz-Werks Untertürkheim und der Entwicklung PKW sowie Marco Warth, Leiter Vorausentwicklung bei Mahle, dass die Politik die Rahmenbedingungen setzen muss. Dabei müssten ökologische Verträglichkeit und ökonomische Interessen in Einklang gebracht werden. Schließlich geht es in Baden-Württemberg um 200.000 Arbeitsplätze.

Die Baden-Württemberg-Stiftung hat jetzt eine Studie veröffentlicht, in der verschiedene Szenarien erstellt wurden. Eindeutig ist, laut Andrea Lindlohr, dass das eigene Auto in Zukunft eine geringere Rolle spielen wird. Große Bedeutung wird einem attraktiven öffentlichen Nahverkehrssystem samt Bussen und Bahnen, Mitfahrgelegenheiten sowie Bike- und Carsharing zukommen. Aber auch die Antriebstechnologie beim Auto wird sich verändern.

Der Transformationsprozess könne nur gemeinsam mit der Autoindustrie gestaltet werden. Für Wolfgang Nieke ist es wichtig, mit der Batterieproduktion ein weiteres Standbein im Neckartal zu bekommen, mit dem an die neue Technologie mit Elektromobilität angeknüpft werden kann. „Die Region lebt davon“, so Nieke. Im Zuge des Strukturwandels werde auf längere Sicht die Produktion, etwa in der Untertürkheimer Gießerei, wo Verbrennungsmotoren entstehen, umgestellt. Klar ist auch, dass deutsche Produzenten schwerer Oberklassewagen mehr Schwierigkeiten beim Wandel haben, als die Hersteller kleinerer Autos.

Bei Mahle werden bereits Elektromotoren gebaut. Laut Marco Warth wird die individuelle Mobilität in den Städten elektrisch sein. Auch Thomas Renner sieht den Trend zum Elektrofahrzeug. 100 Prozent mehr Zulassungen von Neuwagen innerhalb eines Jahres machten dies deutlich. Letztlich gehe es aber darum, nicht nur Fahrzeuge, sondern Systeme zu bauen. „Das Auto wird zunehmend ein vernetztes Ding.“

Franz Loogen ist, wie die übrigen Podiumsteilnehmer überzeugt, dass es den Verbrennungsmotor noch lange geben wird. Eine schnelle Umstellung würde den Wohlstand des Landes gefährden. Trotzdem müsse etwas passieren. „Bis 2050 benötigen wir eine emissionsfreie Mobilität.“ Den Elektromotor sieht er als effizient, da sich Strom mit Wasser, Solar und Wind ökologisch herstellen lasse.

Anreize statt Verbote

Die Publikumsfragen zielten auf alternative Antriebstechnologien, Rohstoffbeschaffung, den Aufbau einer Ladestruktur für Elektrofahrzeuge, Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen und die Größe des Statussymbols Auto. Egal, ob Strom, Wasserstoff oder regenerativ hergestellte Verbrennungsmotoren: Alle Energieträger haben Vor- und Nachteile, weisen aber in die richtige Richtung, so die einhellige Meinung auf dem Podium. Es gehe darum, alle Wege der umweltverträglichen Mobilität zu verfolgen, die helfen die europäischen Klimaschutzziele zu erreichen. Von politischer Seite erwarten die Experten die Förderung der Batterietechnologie, sowie Anreize zu schaffen, statt Verbote, technologieoffen zu sein und die Ausbildung von Fachkräften zu fördern.