24.9.2017 Wahlparty von Markus Grübel und der CDU des Wahlkreises Esslingen

 Foto: Hauenschild

Von Elisabeth Maier und Alexander Maier

Wahltag ist bekanntlich Zahltag, und so wurden die Ergebnisse der Bundestagswahl auch vor Ort aufmerksam analysiert. Bei den meisten Kandidaten hielt sich die Freude über das Wählervotum in Grenzen - viele dachten bereits daran, wie schwierig es werden kann, die neue Bundesregierung zu bilden. Die EZ hat erste Reaktionen der Wahlkreiskandidaten gesammelt. Die AfD-Bewerber ließen die Bitte um ein Statement unbeantwortet.

„Mit meinem Resultat bin ich zufrieden, aber das ist auch schon das Einzige, was ich diesem Wahlergebnis abgewinnen kann“, sagt der Esslinger CDU-Bundestagsabgeordnete Markus Grübel. Dass so viele im Landkreis die AfD gewählt haben, ist Grübel ein Rätsel: „Wir haben keine Massenarbeitslosigkeit, den meisten geht es gut. Da will ich genauer hinhören, um zu erfahren, weshalb so viele für diese Partei gestimmt haben.“ Über die SPD hat sich Grübel geärgert: „Die haben nur das Negative betont, anstatt die Leistungen der Regierung in den Fokus zu rücken.“ Dass sich die SPD einer neuerlichen Großen Koalition verweigert, kann Grübel nicht verstehen: „So darf man sich nicht vom Acker machen.“ Eine Regierung von CDU, FDP und Grünen zu bilden, werde Zeit brauchen: „Aber unter vernünftigen Menschen bekommt man das hin.“

Regina Rapp (SPD) hätte sich mehr für ihre Partei erwartet - bundesweit und vor Ort: „17,3 Prozent bei den Zweitstimmen in der Stadt Esslingen - das ist ein erschreckendes Ergebnis. Eine bittere Pille, die wir jetzt schlucken müssen.“ Dass es die junge Sozialdemokratin bei den Erststimmen in Esslingen auf 20 Prozent gebracht hat, ist für sie kein Anlass zur Euphorie: „Das ist der Bundesdurchschnitt, da kann man nicht viel dazu sagen.“ Dass die SPD am Wahlabend bereits angekündigt hat, im Bundestag nun in die Opposition gehen zu wollen und sich zu erneuern, sei „gut für die Partei, aber auch gut für unser Land, weil dann die Opposition nicht von der AfD angeführt wird“.

„Wir können sehr zufrieden sein“, zieht Stephanie Reinhold, die für die Grünen im Wahlkreis Esslingen angetreten ist, eine positive erste Bilanz des Wahlergebnisses. „Die Grünen haben in Baden-Württemberg sehr gut abgeschnitten, und vor Ort hatten wir noch nie solch ein gutes Bundestagswahlergebnis.“ Zufrieden hat Reinhold registriert, dass die SPD eine Fortsetzung der Großen Koalition ausgeschlossen hat: „Das war wichtig - eine GroKo bedeutet immer einen gewissen Stillstand.“ Eine Jamaika-Koalition ist für sie „eine Option - vorausgesetzt, wir können die entsprechenden Inhalte dort einbringen“. Das gute Abschneiden der AfD hat Stephanie Reinhold erschreckt: „Darauf müssen wir mit einer guten Politik antworten.“

„Das ist für uns ein ganz hervorragendes Ergebnis“, freut sich der Esslinger FDP-Kandidat Sven Kobbelt. Er habe sein Ziel erreicht, der erneuerten FDP eine Stimme zu geben. Mit dem starken Bundesergebnis im Rücken sei die FDP „bereit, sich der Verantwortung zu stellen.“ Die SPD werde man aber „nicht so einfach aus der Verantwortung entlassen“. Sollte es auf eine Jamaika-Koalition hinauslaufen, müsse man schauen, wie sich die Schwerpunkte der Parteien vereinen lassen. Das Abschneiden der AfD hat Kobbelt erschreckt: „Es ist bedenklich, dass man mit rechtspopulistischen Thesen so viele Stimmen holen kann.“

Der Esslinger Linke-Kandidat Martin Auerbach ist sehr zufrieden mit dem Ergebnis seiner Partei vor Ort - und mit seinem eigenen: „Wir haben weiter an Zustimmung gewonnen. Das zeigt, dass es viele Menschen sehr wohl zur Kenntnis nehmen, wenn man die Themen aufgreift, die den Leuten wichtig sind. Schulz hätte seine anfängliche Popularität nutzen können, um die Weichen für Rot-Rot-Grün zu stellen und eine Politik zu machen, in der sich auch diejenigen wiederfinden, die sich von der Gesellschaft abgehängt fühlen und die deshalb vielleicht AfD gewählt haben.“

Ernüchtert nimmt Michael Hennrich (CDU) das Wahlergebnis zur Kenntnis. Fehlende Antworten bei der Flüchtlingsfrage und „die Müdigkeit der Wähler, was die Große Koalition angeht“ haben aus der Sicht des Bundestagsabgeordneten im Wahlkreis Esslingen zu dem Ergebnis geführt. Die ersten Fernsehinterviews der AfD-Politiker haben ihn entsetzt. Jetzt zeichne sich auch in Deutschland der Rechtsruck ab, wie man ihn in ganz Europa erlebe. Hennrich ist überzeugt: „Die Große Koalition kann man den Wählern nicht länger zumuten.“ Jetzt trügen die Unionsparteien, FDP und Grüne die große Verantwortung, eine Regierung zu bilden: „Fatal wäre, wenn es in einigen Monaten Neuwahlen geben müsste.“

Das SPD-Wahlergebnis bezeichnet Nils Schmid als „Schlappe“. Obwohl der ehemalige Finanzminister und Landesvorsitzende auf Landeslistenplatz 6 nicht um den Einzug in den Bundestag zittern musste, ist er vom Ergebnis enttäuscht. Als Bundestagskandidat tritt er erstmals im Wahlkreis Nürtingen an und löst Rainer Arnold ab. Für ihn kommt die Fortsetzung der Großen Koalition nicht in Frage. Als „starke Oppositionspartei“ wolle seine Fraktion für Reibung sorgen. Die SPD müsse sich stärker auf die sozialpolitischen Themen besinnen, die das Profil der Partei prägen.

Für Renata Alt, die im Wahlkreis Nürtingen für die FDP kandidierte, geht mit dem Einzug in den Bundestag ein großer Wunsch in Erfüllung. Als Siebte zieht sie über die Landesliste ein. Heute um 8 Uhr fliegt die Kirchheimer Stadträtin bereits nach Berlin, um sich auf ihr neues Mandat vorzubereiten. Dennoch erfüllt die gebürtige Slowakin das bundesweite Wahlergebnis der AfD mit großer Sorge. Deren Erfolg sendet aus ihrer Sicht „ein besorgniserregendes Signal an unsere internationalen Partner“. Umso wichtiger sei es da für die anderen Parteien, im Bundestag für die demokratischen Werte einzustehen.

Bei aller Freude über das gute Wahlergebnis für die Grünen betrachtet Matthias Gastel die Entwicklung auf Bundesebene mit großer Sorge. „Dass die AfD nun im Bundestag sitzt, wird unsere Arbeit erheblich erschweren.“ Da die SPD einer Fortsetzung der Großen Koalition bereits eine Absage erteilt hat, werde seine Partei nun mit der Union und der FDP zunächst „Sondierungsgespräche“ führen, ob die Jamaika-Koalition möglich ist. Ob es dann zu Koalitionsverhandlungen komme oder nicht, werde sich entscheiden. Gastel legt Wert darauf, dass die Positionen der Grünen in einer möglichen Regierung zur Energiewende oder zum Verkehr klar zum Tragen kommen. „Wir sind keine Mehrheitsbeschaffer.“

„Wir haben etwas zugelegt“, kommentiert Heinrich Brinker (Die Linke) das Wahlergebnis seiner Partei. Daher ist er mit dem Ergebnis für seine Partei zufrieden. Das Gesamtergebnis sieht er kritisch: „Wir haben einen Rechtsruck in Deutschland.“ Die AfD habe offenbar mit Themen wie der Flüchtlingsfrage gepunktet. An deren Erfolg sind aus Brinkers Sicht auch die großen Parteien schuld. Er selbst habe im Wahlkampf viel positive Rückmeldung bekommen: „Dass wir Themen wie die Rentenfrage oder die Mindestlöhne besetzen, kommt bei den Menschen an.“