Michael Meier-Etienne (links) und Dimitri Schenker gehören zu „Klezmer Tunes“ und haben mit ihren beiden Kollegen das Publikum begeistert. Quelle: Unbekannt

Von Elke Eberle

„Das Chanukka-Fest macht uns Hoffnung, dass das Licht der Hoffnung niemals erlöschen wird“, sagte Barbara Traub von der Israelitischen Religionsgemeinschaft in Württemberg. Erstmals wurde am frühen Dienstagabend mit Einbruch der Dunkelheit die erste Kerze am Chanukka-Leuchter, die Chanukkiah, in Esslingen öffentlich entzündet. Mehr als 200 Gäste verfolgten die Zeremonie vor dem CVJM-Haus in der Kiesstraße. Ein feuriges Klezmer-Konzert folgte, allerdings im Gebäude.

Mutiges und richtiges Zeichen

In den vergangenen Jahren wurde die Chanukkiah zum Auftakt des jüdischen Lichterfestes immer in der Synagoge im Heppächer entzündet. Dass das Fest nun auch in Esslingen, wie in vielen anderen Städten deutschlandweit, mitten in der Stadt gefeiert wird, sei für viele Anlass zur Freude. Und ein mutiges und richtiges Zeichen, sagte Esslingens Bürgermeister Ingo Rust, „indem wir friedliche Religionsausübung öffentlich machen“. Darüber hinaus sei es ein Zeichen der interreligiösen Handreichung. Und er betonte weiter, dass die Hintergründe und Traditionen von Chanukka und Weihnachten zwar unterschiedlich seien - aber alle sehnten sich nach Licht und Erleuchtung: „Wir lassen die Helligkeit wachsen, um Gemeinschaft zu erfahren und uns auf Gott zu fokussieren.“

Das Lichterfest Chanukka erinnert an die Wiedereinweihung des zweiten jüdischen Tempels in Jerusalem vor rund 2200 Jahren. Der siebenarmige Leuchter im Tempel durfte niemals erlöschen, aufgrund von Kämpfen war aber nur noch ein versiegelter Krug mit geweihtem Öl vorhanden. Und dieses Öl reichte nur für ein Tag. Durch ein Wunder habe das Licht allerdings acht Tage gebrannt, so lange, bis neues, geweihtes Öl hergestellt worden war. „An dieses Wunder erinnert das Lichterfest. Chanukka-Kerzen sind Kerzen in der Dunkelheit, Kerzen der Güte und Barmherzigkeit“, sagte Rabbiner Yehuda Pushkin. Chanukka- Leuchter haben oft neun Arme, das neunte Licht ist der Diener, an ihm werden alle anderen acht Lampen oder Kerzen entzündet. Und auch Traub betonte, wie wichtig es sei, in Zeiten von Terror, Unsicherheit und Unfrieden, an Traditionen und Werten festzuhalten, nicht dem Zeitgeist zu folgen, sondern sich an den besonderen Werten von Liebe, Toleranz, Mitgefühl und Frieden zu orientieren. „Möge das Licht, das wir heute Abend hier entzündet haben, uns bestärken, auf unseren inneren Kompass zu hören und für unsere Werte einzutreten. Schalom.“

Musikalischer Hochgenuss

Anschließend waren alle eingeladen zu einem Glas Wein und zu in Öl gebackenen Krapfen. Und zu einem musikalischen Hochgenuss. Eigentlich sollte die Musikgruppe „Klezmer Tunes“ schon vor einem halben Jahr in Esslingen auftreten. Die vier Musiker waren auch bereits im Zug unterwegs, als die Bahn aufgrund von Sturm mit Starkregen und Hagel den Bahnverkehr einstellte. Nach Esslingen gekommen waren jetzt für das Konzert Dimitri Schenker (Klarinette), Igor Mazritsky (Violine), Vadim Baev (Akkordeon) und Michael Meier-Etienne (Kontrabass). Alle vier sind hervorragende Musiker und leben die Musik, die sie spielen. Klezmer-Musik ist in vielen Ensembles inzwischen weit über die Aufführungspraxis des 19. Jahrhunderts hinausgewachsen. Die Klezmer-Tunes reisen mit ihrer Musik in einem atemberaubenden Tempo um die Welt, von Odessa über Moskau nach Sydney und New York. Sie mischen in ihre feurigen, vor ansteckender Freude berstenden Melodien auch mal Jazz, eine finnische Polka, Filmmusik aus Lateinamerika, einen Tango mit bulgarischen Rhythmen oder einen ungarischen Csárdás. Und sie erzählen Geschichten von einem fröhlichen Vater, von Freude und Fröhlichkeit oder einem Musiker, der ein Orchester zusammenstellen will und dem die vielen Peikler, beziehungsweise Schlagzeuger dann doch zu laut werden. Grandios waren das Zusammenspiel der vier Musiker und die Virtuosität jedes Einzelnen. Und vielleicht waren sie nicht zum letzten Mal Gast in Esslingen. Ein Wunsch und erklärtes Ziel der jüdischen Gemeinde in Esslingen ist es, einmal im Jahr einen Kulturtag zu veranstalten, um, so Traub, „die jüdische Kultur und Traditionen den Menschen näher zu bringen“.