Das Flair des Bebenhäuser Pfleghofs wird von vielen Nutzern der Stadtbücherei sehr geschätzt. Foto: Bulgrin Quelle: Unbekannt

Von Alexander Maier

Esslingen - Die Esslinger Stadtbücherei steht bei ihren Kunden hoch im Kurs: 774 Nutzer haben sich an einer Befragung beteiligt, die unter der Regie der Fachstelle für das öffentliche Bibliothekswesen in 49 Büchereien im Regierungsbezirk stattfand. Die Ergebnisse, die Bücherei-Leiterin Gudrun Fuchs gestern im Kulturausschuss des Gemeinderats vorgestellt hat, zeigen eine hohe Kundenzufriedenheit. Sie geben aber auch Hinweise für die anstehende Standortentscheidung: 73 Prozent der Besucher finden die Räume im historischen Bebenhäuser Pfleghof attraktiv, 16 Prozent finden sie weniger gut, lediglich vier Prozent finden sie schlecht. Dass dieses Urteil trotz unübersehbarer baulicher Defizite in der Heugasse zustande kam, spricht für die hohe emotionale Bindung zum historischen Pfleghof.

774 Nutzer haben sich an der Kundenbefragung beteiligt - 600 waren nötig, um ein statistisch aussagekräftiges Ergebnis zu erhalten. Und die Erhebung macht deutlich, dass sich das Nutzerverhalten in den vergangenen Jahren verändert hat. 91 Prozent der Besucher nutzen die Stadtbücherei, um sich mit Medien zu versorgen. Und sie erwarten ein umfangreiches Angebot an Büchern, E-Books, Zeitschriften, Musik und Filmen. Zwei von drei Besuchern kommen ganz gezielt, um in den Beständen zu stöbern, gut ein Drittel der Nutzer arbeitet dann auch vor Ort mit den Medien. Hinzu kommt, dass die Stadtbücherei als Lernort deutlich an Bedeutung gewonnen hat. 54 Prozent der Kunden suchen Medien für Aus- und Weiterbildung, Studium und Schule. 28 Prozent kommen in den Bebenhäuser Pfleghof, um ihre Freizeit dort zu verbringen.

Unterdessen hat sich die Verweildauer eindeutig ausgedehnt. 2005 kamen noch 45 Prozent der Besucher für 30 Minuten oder kürzer in die Bücherei, heute sind es nur noch 13 Prozent. Dagegen stieg der Anteil der Nutzer, die mehr als eine Stunde in der Stadtbücherei verbringen, von 16 auf 28 Prozent. Und was den Handel besonders freuen darf: 56 Prozent der Befragten verbinden ihren Besuch mit einem Einkauf - bei durchschnittlich 1000 Besuchern je Öffnungstag kein ganz unbedeutender Wirtschaftsfaktor. Die Qualität der Medien wird von 83 Prozent der Kunden als sehr gut bis gut eingeschätzt, 86 Prozent bewerten Beratung und Information durch das Personal als gut oder sehr gut, 92 Prozent finden Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Mitarbeiter gut oder sehr gut.

Gute Noten für die Atmosphäre

Das Institut für Demoskopie in Allensbach hat unlängst ermittelt, dass drei Viertel der Befragten und sogar 87 Prozent der Bibliotheksnutzer von einer Bücherei eine angenehme Atmosphäre, in der man sich wohlfühlen kann, erwarten. Deshalb wurden die Umfrageergebnisse in diesem Bereich besonders gespannt erwartet: 81 Prozent der Befragten empfinden den Aufenthalt im Bebenhäuser Pfleghof trotz Enge und baulicher Defizite immer noch als angenehm. Allerdings ging der Anteil derer, die die Esslinger Stadtbücherei als ruhig empfinden, seit 1993 (55 Prozent) merklich zurück: 2005 waren es noch 35 Prozent, inzwischen sind es 26 Prozent. „Hier besteht eindeutig Nachbesserungsbedarf, besonders weil die Stadtbücherei als Lernort immer bedeutsamer wird“, resümierte Gudrun Fuchs. Gefordert werden etwa separate Räume für Schüler, mehr und attraktivere Plätze zum Arbeiten, kundenfreundlichere Toiletten und deutliche Verbesserungen bei der Barrierefreiheit. Und obwohl das in der Kundenbefragung explizit gar nicht gefragt war, äußerten sich einige der Befragten unaufgefordert und teils sehr detailreich zur aktuellen Standortfrage. Nur ein Beispiel von vielen, die die Bücherei-Leiterin vortrug: „Ich plädiere für den Erhalt dieses Standorts in der historischen Altstadt. Dieses Alleinstellungsmerkmal darf nicht ohne Not aufgegeben werden. Jeder Besucher von außerhalb beneidet uns um dieses Juwel.“

Im Kulturausschuss wurden die Ergebnisse der Befragung interessiert zur Kenntnis genommen. Vielstimmiges Lob gab es für die Arbeit von Bücherei-Leiterin Gudrun Fuchs und ihrem Team. Welche Schlüsse für seine Standortentscheidung der Gemeinderat aus der Befragung ziehen sollte, wurde unterschiedlich bewertet. Während Richard Kramartschik und die SPD genau wie Linke-Sprecher Tobias Hardt in den Plädoyers für den Pfleghof wichtige Hinweise auf die starke Bindung vieler Esslinger an den Pfleghof sahen, zweifelte Edward-Errol Jaffke (CDU) die Aussagekraft der Kundenreaktionen in diesem Punkt an. Jörg Zoller (Freie Wähler) sah die guten Bewertungen als Verpflichtung für die Stadt, dafür zu sorgen, dass die Bücherei weiterhin erfolgreich arbeiten kann. Für Carmen Tittel (Grüne) und Rena Farquhar (FDP) geht es nun darum, das Beste für die Bücherei am besten Standort zu ermöglichen.