Anja Haug Foto: EZ

Mit Helmut Kohl ist gestern einer der profiliertesten Nachkriegspolitiker Deutschlands im Alter von 87 Jahren gestorben. Unter seiner Kanzlerschaft wurde Deutschland wiedervereinigt. Welche Bedeutung hatte der CDU-Politiker für Sie? Dazu befragte EZ-Redakteur Harald Flößer gestern Abend Passanten in der Esslinger Innenstadt. Alle reagierten sehr überrascht, weil sie die Nachricht vorher noch nicht gehört hatten.

Ilse Rait, 71, aus Plochingen: Dass sich Kohl als der Einheitskanzler verkauft hat, finde ich nicht in Ordnung. Daran haben viele andere vor ihm gebaut. Vor allem Willy Brandt war da Vorreiter. Diese Meriten hat Kohl nicht verdient. Insgesamt kommt er bei mir in der Rückschau nicht so positiv weg. Wie er mit seiner Familie umgegangen ist, finde ich problematisch.

Raimund Funke, 68, aus Filderstadt: Wie viele Politiker hatte Kohl viele gute und viele schlechte Seiten. Auf jeden Fall hat er Deutschland ein Stück nach vorne gebracht. Sicher war er als Mensch nicht so leicht zu handeln, denn er war ein Patriarch. Uns hat er Angela Merkel als Ziehkind hinterlassen. Das muss man ihm positiv anrechnen.

Hans Peter Hiller, 66, aus Ehningen bei Böblingen: Er war eine große Persönlichkeit, einer der größten Nachkriegspolitiker. Die Wiedervereinigung Deutschlands hat er gut gesteuert. Schade, dass er als Politiker so ein unrühmliches Ende gefunden hat. Das war ein Schmierentheater.

Stefanie Hahn, 34, und Sven Seidenstricker, 35, aus Esslingen: Wenn es die Wiedervereinigung nicht gegeben hätte, wären wir nicht als Paar zusammengekommen. (Sie kommt aus Heilbronn, er stammt aus Sonneberg in Thüringen).

Thomas Rumpf, 58, aus Ostfildern: Es wäre sicher besser gewesen, wenn Kohl seine Kanzlerschaft früher beendet hätte. Leider hat er den Absprung nicht zur rechten Zeit geschafft. Natürlich ist er der Baumeister der Einheit. Das hat er gut hingekriegt. Sein Abtritt mit der Parteispendenaffäre war sicher nicht so astrein. Dieses Problem hat er wie viele andere ausgesessen.

Leander Schwazer, 34, aus Esslingen: Komisch, ich habe erst gestern an ihn gedacht. Mir kam die Parfüm-Werbung „Elmut Coel“ in der Satire-Zeitschrift Titanic in den Sinn. Die werde ich nicht vergessen. Ansonsten konnte ich nicht viel mit ihm anfangen.

Frank Ritter, 57, aus Esslingen: Die große Aufbauleistung und die Verschmelzung von Ost und West in Deutschland - das verbinde ich mit Helmut Kohl. Da haben wir ihm viel zu verdanken.

Rasa Dengler, 50, aus Filderstadt: Ich bin vor 16 Jahren aus Litauen nach Deutschland gekommen. Ohne den früheren Kanzler Helmut Kohl wäre ich sicher nicht hier. Zusammen mit Michail Gorbatschow hat er eine große Sache geschafft. Die Wiedervereinigung Deutschlands, dem später der Zusammenbruch der UdSSR folgte, ist Kohls Verdienst.

Christl Häßner, 68, aus Oldenburg: Seine Kanzlerschaft war definitiv zu lang. Helmut Kohl wird mir aber als Einheitskanzler in Erinnerung bleiben. Und er hat Angela Merkel als sein „Mädchen“ politisch groß gezogen.

Anja Haug, 47, aus Pforzheim: Seinen guten Ruf hat Kohl erst nach seiner Kanzlerschaft bekommen. Er war sicher ein Kanzler mit Format. Das kann man von etlichen anderen nicht sagen. Seine Frau Hannelore hatte es sicher nicht einfach mit ihm.