Was sagen Sie zu Martin Schulz als Kanzler? Foto: Bulgrin

Von Roland Kurz

„Ich bin mit Leib und Seele Fachpolitiker“, sagt Michael Hennrich. Wahlkämpfe scheinen dem 52-jährigen Bundestagsabgeordneten nicht so recht zu liegen. Lieber lädt er eine Handvoll Experten ein, um mit ihnen zu diskutieren, zum Beispiel über das Gesundheitswesen. Das ist sein Spezialgebiet. Seit 2002, also seit er den Wahlkreis Nürtingen in Berlin vertritt, ist Hennrich Mitglied im Gesundheitsausschuss.

„Bezahlbar und Gut?“ Hennrich hat zu einem Diskussionsabend über das Gesundheitssystem in die Kirchheimer Stadthalle eingeladen. Immerhin gut 100 Besucher interessieren sich für das komplizierte Thema. Im Foyer empfängt Hennrich seine Gäste. Er schaut, dass sich die Fachleute noch kurz kennenlernen, stellt den Vorsitzenden des Deutschen Apothekerverbands, Fritz Becker, dem Vorsitzenden von Medi Baden-Württemberg, Werner Baumgarten, vor, macht den Kircheimer Chefarzt Bernhard Hellmich mit Christopher Hermann bekannt, dem Vorstandsvorsitzenden der AOK Baden-Württemberg. Als Hauptredner hat Hennrich Professor Josef Hecken, den Vorsitzenden des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), von Berlin nach Kirchheim gelotst. Der G-BA ist das oberste Gremium von Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Krankenhäusern und Krankenkassen in Deutschland. Er hat den gesetzlichen Auftrag, über den Leistungsanspruch von 70 Millionen gesetzlich versicherten Menschen zu entscheiden. Politiker, die am Gesundheitssystem herumdoktern, sind also gut beraten, einen heißen Draht in diesen wichtigen Ausschuss zu haben.

„Krasses Fehlurteil“

Hennrich hat sich in den vergangenen Monaten vor allem um Arzneimittel und Versandhandel gekümmert. Er lobt die Rabattverträge der AOK Baden-Württemberg. In Berlin stelle er die Kasse immer als Weltmeister im Sparen vor. Beim Thema Versandhandelsverbot widerspricht AOK-Chef Hermann dennoch dem Abgeordneten: Das gehe in einer vernetzten Welt gar nicht. Jurist Hennrich hofft dagegen, dass der europäische Gerichtshof das Thema erneut aufgreift und sein „krasses Fehlurteil“ gegen das Verbot revidiert. „Wenn ich’s laufen lasse, gehen die kleinen Apotheken kaputt“, ist Hennrich überzeugt.

„Haben wir eine Zwei-Klassen-Medizin?“, will Hennrich von seiner Podiumsrunde wissen. Warten auf Arzttermine sei das Hauptthema, das Bürger an ihn herantragen. Als Medi-Vorsitzender und Hausarzt Baumgarten erklärt, dass bei ihm noch nie eine Rolle gespielt habe, ob jemand privat oder gesetzlich versichert sei, wird das Publikum in der Stadthalle unruhig. Hennrich hat das Raunen registriert. Im Krankenhaus, sagt er nach der Veranstaltung, spiele die Versicherung kaum eine Rolle. Das große Problem liege im ambulanten Bereich und das liege an der Vergütung. Seine Lösung wäre eine einheitliche Gebührenordnung für beide Systeme. Darauf aufbauend könnten die Kassen Selektivverträge abschließen. So erhalte man einen Wettbewerb zwischen den Kassen, aber nicht zwischen gesetzlicher und privater Versicherung.

Es ist ein komplexes Thema, das deutsche Gesundheitswesen. Das müsse man man den Menschen immer wieder erklären, wenn sie schimpfen, weiß der Bundestagsabgeordnete. Es sei richtig, wenn man 180 000 Euro ausgebe, um das Leben eines krebskranken Menschen um drei Monate zu verlängern. Aber Ärzte müssten zusammen mit dem „aufgeklärten Patienten“ besprechen, ob die Therapie auch die Lebensqualität verbessere. Dazu müsse geregelt sein, dass der Patient unabhängige Informationen bekomme.

Im Wahlkampf setzt der 52-Jährige, der mit seiner Familie in Kirchheim wohnt, noch weitere Schwerpunkte. In der Steuerpolitik würde er in diesen Zeiten guter Einnahmen die „schöne Formel“ anwenden: ein Drittel investieren, eines für Steuersenkungen und eines zur Schuldentilgung.

Bauförderung mit Sozialbindung

Hennrich ist Mitglied im Bundesvorstand von „Haus & Grund“. Gegen den Mangel an Wohnraum helfe nur „Bauen, bauen, bauen“, sagt er. Der Parlamentarier hält jedoch den Spielraum der Politik begrenzt. Gefordert seien sie bei den Regelungen für den Flächenverbrauch, die seien zum Teil zu restriktiv. Die Regierung könne auch Förderprogramme aufsetzen, allerdings mit Sozialbindung für die Bauprojekte, also günstigen Mieten. Dringend geboten sei die steuerliche Entlastung, in dem die Grunderwerbssteuer reduziert werde. Dagegen hält der CDU-Mann die Mietpreisbremse für falsch.

Ein paar bekannte Namen bietet Hennrich im Wahlkampf schon auf: Staatssekretär Jens Spahn, der gelegentlich der Kanzlerin widerspricht, kommt in einen Nürtinger Biergarten, der Vize-Präsident des Bundestags, Johannes Singhammer (CSU), spricht bei einer politischen Weinprobe. Um auf die Bürger zuzugehen, mag der Kirchheimer lieber solche netten Zusammenkünfte, als an Haustüren zu klingeln.

Im Gesundheitswesen auf dem posten

Politische Laufbahn

1985 bis 1987: JU-Kreisvorsitzender Esslingen

September 2002: Wahl in den Bundestag (Wiederwahl 2005, 2009 und 2013)

Seit 2002: Mitglied im Gesundheitsausschuss

Mitglied der Parlamentarischen Versammlung des Europarats

Vorsitzender der deutsch-arabischen Parlamentariergruppe des Deutschen Bundestags

Berufliche Laufbahn

1985 Abitur am Robert-Bosch-Gymnasium Wendlingen

1986 bis 1991: Studium der Rechtswissenschaften in Passau und Bonn

1991 bis 1995: Wissenschaftlicher Mitarbeiter bei MdB Elmar Müller in Bonn

1995: Zulassung als Rechtsanwalt

1998 bis 2003: Landesgeschäftsführer CDU-Wirtschaftsrat

seit 2006 im Beirat des DUK- Versorgungswerk Berlin, seit 2008 im Bundesvorstand Haus & Grund, seit 2016 im Aufsichtsrat Süddeutsche Krankenversicherung und Süddeutsche Lebensversicherung

Privat:

1965 in Balingen geboren, aufgewachsen in Wernau. Er lebt mit seiner Frau und zwei Söhnen in Kirchheim. In seiner Freizeit wandert er gern, geht joggen oder dreht eine Runde mit dem Mountain-Bike.