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Von Jürgen Ruf und Anika von Greve-Dierfeld
Lörrach - Blankes Entsetzen und Chaos in der südbadischen Stadt Lörrach: Bei einer Schießerei in einem Mehrfamilienhaus und dem benachbarten Elisabethen-Krankenhaus hat es Tote und Verletzte gegeben. Wie viele und wer - zunächst ist alles unklar. Die Meldungen überschlagen und widersprechen sich minütlich. Schließlich steht fest: Vier Menschen, darunter die Amokschützin und ein kleines Mädchen, sind tot, vier weitere Menschen werden schwer verletzt. Während das Motiv zunächst völlig im Dunkeln liegt, stellt sich später heraus: Offenbar handelt es sich um eine Beziehungstat.
Nach Angaben der Polizei lief die Tragödie so ab: Zunächst gibt es eine Explosion und einen Brand in einem Mehrfamilienhaus im Zentrum der 55 000-Einwohner-Stadt. Als die alarmierte Feuerwehr zum Löschen anrückt, hört sie eine minutenlange Schießerei im Haus. Augenzeugen berichten von Hilfeschreien. Die Polizei wird ebenfalls alarmiert, als eine mit einem Gewehr bewaffnete Frau auf die Straße rennt und in die Klinik gegenüber flüchtet. Ein Augenzeuge berichtet später im Nachrichtensender n-tv, die Frau sei „schnurstracks auf die Gynäkologie“ zugelaufen.
Polizeibeamte versuchen, die Frau zu stellen. Ein weiterer Schusswechsel folgt. Die Frau erschießt einen Pfleger in der Gynäkologie - und verletzt einen Polizeibeamten lebensgefährlich, der sich privat in der Klinik aufhielt. Erst am späten Abend ist er außer Lebensgefahr. Schließlich wird die Frau selbst von der Polizei erschossen. Die Klinik wird vollständig geräumt. Inzwischen ist die Feuerwehr in das Haus eingedrungen, in dem das Drama begann und macht eine grausige Entdeckung: Sie findet einen Mann und ein Mädchen - tot. Wie alt die beiden sind und in welcher Beziehung sie zur Täterin stehen? „Wir wissen es nicht. Die Lage ist unübersichtlich“, sagt ein Polizeisprecher. Welche Verletzungen die beiden Leichen haben, ist ebenfalls unklar. „Die Arbeit der Rechtsmedizin ist in vollem Gange“, sagt die Polizei. Anfänglich sah es nach einem Routineeinsatz aus: Kurz nach 18 Uhr war die Lörracher Feuerwehr zu dem Brand gerufen worden. Eine Explosion unbekannter Ursache hatte ein Loch in die Hauswand gerissen. Es habe „einen „Krach und richtigen Bums“ gegeben, als sei irgendetwas in die Luft geflogen, sagen Augenzeugen. Statt sofort mit den Löscharbeiten beginnen zu können, müssen sich die Einsatzkräfte angesichts der Schüsse in Sicherheit bringen. „Die Helfer der Feuerwehr mussten psychologisch betreut werden. Sie waren traumatisiert, nachdem ihnen die Kugeln um die Ohren geschossen sind“, sagte der leitende Notarzt Hans-Peter Volkmers.
Jagdszenen in der Klinik
Polizei und Rettungsdienste lösen Großalarm aus. Mehrere hundert Helfer aus einem Umkreis von fast 100 Kilometern eilen nach Lörrach. Die Blaulichter der Einsatzfahrzeuge sind in der ganzen Stadt zu sehen, Alarmsirenen fast ununterbrochen zu hören. Polizisten und Helfer aus ganz Südbaden sind im Einsatz. Bewaffnet und mit schutzsicheren Westen ausgestattete Beamte stürmen das mitten in einem Wohngebiet in der Innenstadt liegende Krankenhaus und dessen weitläufiges Gelände. Anwohner beobachten regelrechte Jagdszenen im Klinikgebäude und den angrenzenden Straßen. „Das ist ein Szenario, wie wir es alle fürchten“, sagt ein Sprecher des Rettungsdienstes angesichts der chaotischen Situation. „Es war lange unklar, ob noch weiter geschossen wird“, sagt ein Polizeisprecher. „Wir hatten eine höchst unübersichtliche und sehr gefährliche Lage.“ Erst Stunden nach den ersten Schüssen beruhigt sich die Lage. Die Feuerwehr braucht zwei Stunden, bis sie das Feuer unter Kontrolle hat.
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