Der volkswirtschaftliche Schaden an der Bahn-Tunnelbaustelle in Rastatt beträgt mehr als zwei Milliarden Euro. Foto: Uli Deck Foto: DPA - Uli Deck

Die Sperrung der Rheintalbahn im vergangenen Sommer hat vor allem Bahnunternehmen und Reisende in Not gebracht. Jetzt schätzt eine Studie erstmals den Schaden.

Rastatt/Berlin (dpa/lsw)Der Einbruch der Bahn-Tunnelbaustelle in Rastatt und die folgende Sperrung der Rheintalbahn haben nach einer Studie einen volkswirtschaftlichen Schaden von mehr als zwei Milliarden Euro verursacht. Die wichtige Nord-Süd-Verbindung musste vom 12. August bis zum 2. Oktober vergangenen Jahres gesperrt werden, nachdem Wasser und Erdreich in den Tunnel der Neubaustrecke unterhalb der bestehenden Bahnlinie eingedrungen waren. Tausende Züge fielen aus oder mussten umgeleitet werden.

Der Studie zufolge entfällt mit 969 Millionen Euro der größte Teil der Wertschöpfungsverluste auf Unternehmen der Schienenlogistik. Bei Verladern und produzierenden Unternehmen belaufe sich der Schaden auf 771 Millionen Euro. Weitere 308 Millionen fallen unter sonstige Wertschöpfungsverluste.

Die Studie, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, stammt von der Hanseatic Transport Consultancy (HTC), einem auf Logistik spezialisierten Hamburger Beratungsunternehmen. Auftraggeber sind drei Unternehmensvereinigungen, darunter das Netzwerk Europäischer Eisenbahnen (NEE). Zuvor hatte das Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» darüber berichtet.

Für die Berechnung gingen die Autoren von durchschnittlich 162 Güterzügen täglich auf der Strecke aus, insgesamt mehr als 8000 im Zeitraum der Sperrung. Rund zwei Drittel entfielen, weil es nicht genug Umleitungsstrecken gab. Die Sperrung habe das Wachstum in der Bahnlogistik geschwächt und Vertrauen erschüttert, schrieben die Gutachter.

Die Deutsche Bahn verfügt nach eigenen Angaben noch nicht über Zahlen zu Schäden. «Fundierte Schadensschätzungen lassen sich nach unserer Auffassung erst nach Abschluss des aktuell laufenden Schlichtungsverfahrens erstellen», teilte eine Sprecherin am Freitag mit. Das Verfahren sei im September 2017 vereinbart worden, um langwierige Gerichtsprozesse zu vermeiden.

Um Störfälle mit internationalen Auswirkungen künftig gemeinsam besser zu managen, gebe es seit Rastatt eine intensive Zusammenarbeit auf europäischer Ebene. «So arbeiten die Deutsche Bahn, SBB (Schweizer Bahn) und der Schienengüterverkehrskorridor Rhein-Alpen gemeinsam mit der Branche an einem Internationalen Störfallmanagement.»

Das gesamte Tunnelbauprojekt verzögert sich voraussichtlich um zwei Jahre und wird wohl erst 2024 fertig. Aktuell wird Beton aus der Röhre herausgebrochen, der zur Stabilisierung eingefüllt worden war.

Nach der Panne hatte es Kritik aus Wirtschaft und Politik an Bahn und Bundesregierung gegeben. Weder das Unternehmen noch die Regierung seien auf den Ausfall einer Hauptverkehrsstrecke vorbereitet gewesen und hätten zu langsam reagiert. Der Verband NEE gehörte zu den schärfsten Kritikern.

Die Studie bestätigt, was die im NEE zusammengeschlossenen privaten Bahnunternehmen während der Sperrung befürchtet hatten. Güterverkehre seien längerfristig auf Lastwagen und Schiffe verlagert worden. Es gebe nur wenige Hinweise auf tatsächliche Konsequenzen, um die Folgen bei ähnlichen Vorfällen zu minimieren.