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Stuttgart (dpa/lsw) - Bei seinem Antrittsbesuch in Baden-Württemberg hat Frank-Walter Steinmeier das ehrenamtliche Engagement vieler Bürger gelobt. „Unsere Demokratie beruht auf den Menschen, die sich um mehr kümmern als um sich selbst“, sagte Steinmeier am Montagabend bei einem Bürgerempfang im Rahmen seines Antrittsbesuchs in Baden-Württemberg. Politiker könnten noch so gut sein. Am Ende hänge das Lebensgefühl der Menschen meistens davon ab, ob es andere Menschen um sie herum gebe, die über den Tellerrand der eigenen Interessen hinausschauten. In ganz Deutschland engagierten sich rund 23 Millionen Bürger ehrenamtlich, sagte der Bundespräsident.
Steinmeier mahnte, die Demokratie nicht als selbstverständlich anzusehen. „So, wie man die Demokratie beherzt gewinnen kann, so kann man sie eben auch, träge geworden, auch schleichend verlieren.“ Vor dem Hintergrund der vielen Aufs und Abs ihrer Geschichte sollten die Deutschen wachsam und sorgsam sein. Radikalismus, autoritäre Politik, neuer Nationalismus, religiöser Fanatismus und Terrorismus gebe es auch in Teilen Europas. Aber er sei zuversichtlich, dass sich Deutschland gegen Anfechtungen gegen die Demokratie wehren könne.
Zuvor hatte der Bundespräsident seine Sorge über den teils aggressiven Ton in der politischen Auseinandersetzung in Deutschland - insbesondere in sozialen Netzwerken wie Facebook - zum Ausdruck gebracht. Die Gesellschaft müsse wieder eine Sprache pflegen, die nicht zwingend auf die Verletzung des Gegenübers ziele. In der demokratischen Debatte müsse man versuchen, eine gemeinsame Ebene zu finden - selbst bei kontroversen Auseinandersetzungen. Demokratie sei auch eine Frage der Geduld. Es brauche Zeit, um unterschiedliche Positionen kennenzulernen und sich einander anzunähern.
In der Landeshauptstadt, die für das Staatsoberhaupt den roten Teppich ausgerollt hatte, trug sich Steinmeier in das Goldende Buch der Stadt ein. Die Visite im Südwesten ist sein fünfter Antrittsbesuch in einem Bundesland. Steinmeier reist zusammen mit seiner Frau Elke Büdenbender. Der 61-Jährige wurde im Februar zum Nachfolger von Joachim Gauck gewählt. Er trat das Amt im März an.
An diesem Dienstag trifft der Bundespräsident Flüchtlinge an einer beruflichen Schule in Stuttgart und informiert sich vor Ort über den Nationalpark Schwarzwald. In Rastatt tauscht sich Steinmeier mit dem Betriebsrat im Daimler-Werk aus. Im Residenzschloss erwartet ihn ein Gang durch die Ausstellung über die Freiheitsbewegungen in der deutschen Geschichte. Schwerpunkte sind die Revolution von 1848/49 und die Freiheitsbewegungen in der DDR von 1949 bis 1989.Text