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Von Sabrina Erben

Stuttgart - Drazen Marinic hatte einen großen Traum: eine eigene Fußballhalle. Für dieses Vorhaben benötigte er Geld von der Bank. Das Problem: Er hatte kaum Eigenkapital vorzuweisen. Seine Hausbank war am Anfang nicht begeistert. Der Idee drohte das Aus. Doch Marinic kämpfte, holte sich einen Berater an die Seite und machte seine Unterlagen bankentauglich. „Da waren viele Gänge zur Bank notwendig“, sagt Marinic. Schließlich bekam er den Kredit. Heute ist er Inhaber des Fußballcenters in Kornwestheim, kritisiert die Banken aber dennoch: „Ich habe keinen vermögenden Verwandten in der Hinterhand, daran wäre meine Geschäftsidee fast gescheitert.“

Immer mehr Betriebe klagen bei der Handwerkskammer der Region Stuttgart darüber, dass die Kreditvergabe komplizierter wird. Die Kammer organisierte zu diesem Thema sogar eine Veranstaltung für Mitgliedsbetriebe in Stuttgart, wo auch Marinic zu Wort kam. „Das wird für Unternehmen ein immer wichtigeres Thema“, sagt Gerd Kistenfeger, Sprecher der Handwerkskammer. Gibt es also einen Kreditengpass trotz Niedrigzinsphase?

Auf den ersten Blick nicht. Die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank dauert seit Jahren an. Mit großen Geldmengen versucht die EZB, Inflation und Kreditvergabe anzukurbeln. Der Anteil der Firmen, die von Schwierigkeiten beim Kreditzugang berichten, ist der jüngsten KfW-Umfrage (Kreditanstalt für Wiederaufbau) zufolge um 2,6 Punkte auf 14,7 Prozent zurückgegangen.

Nun kommt das Aber: „Insbesondere kleinere Betriebe sehen sich mit schwieriger werdenden Rahmenbedingungen konfrontiert“, sagt Bernd Nolte, Wirtschaftsprofessor und Unternehmensberater, bei seinem Vortrag in Stuttgart. Denn 22 Prozent der kleineren und mittleren Firmen (bis eine Million Euro Umsatz) berichten der KfW-Umfrage zufolge von gestiegenen Schwierigkeiten bei der Kreditvergabe. Das sind fast siebenmal so viele wie unter den Unternehmen mit über 50 Millionen Euro Umsatz.

Auslöser Finanzkrise

Auch junge Unternehmen berichten von Erschwernissen bei der Kreditaufnahme. „Die solide aufgestellten Mittelständler haben in der Regel noch keine Probleme“, sagt Nolte. Für kleinere Betriebe und Start-ups werde es aber zunehmend schwieriger, an Bankkredite zu kommen.

Auslöser allen Übels war die Finanzkrise 2008, die in eine Staatsschuldenkrise überging. Als Folge der Finanzkrise stiegen die regulatorischen Anforderungen für Banken. Die Kosten für die neuen Regeln sind hoch. Dazu kommt die anhaltende Niedrigzinsphase, ebenfalls eine Folge der Staatsschuldenkrise. Eigentlich galten Volksbanken und Sparkassen als Gewinner der Finanzkrise. Der Wirtschaftsprofessor zeichnet heute aber ein düsteres Bild für die Institute: „Sparkassen und Volksbanken haben Schwierigkeiten, ihr seit über 100 Jahren funktionierendes, kreditfinanziertes Geschäftsmodell in Zeiten der Niedrigzinsphase aufrechtzuerhalten.“ Regionalbanken treffen die neuen regulatorischen Anforderungen besonders hart, weil sie im Verhältnis zu ihrer Größe viel Aufwand betreiben müssen. Dieser größere Aufwand wirkt sich Nolte zufolge auf die Kreditvergabe an Unternehmen aus. Gerade bei kleinen Betrieben ist die Vergabe von Krediten aufwendig: „Das ist eine personalintensive Angelegenheit für die Bank“, sagt Nolte. Eigentlich müssten die Banken aber Kosten sparen.

Und was sagen die regionalen Banken dazu, die sich als „Partner des Mittelstands“ sehen? „Das ist aus meiner Sicht und Erfahrung bei uns nicht der Fall“, sagt Heinz Fohrer, der zusammen mit Thomas Schaaf den Vorstand der Volksbank Esslingen bildet. „Im Gegenteil, wir haben sowohl in der Gegenwart als auch in den vergangenen Geschäftsjahren ein gut wachsendes gewerbliches Kreditgeschäft.“ Fohrer sieht andere Gründe für die Zurückhaltung: Es werde heute von Unternehmerseite im Vorfeld deutlich stärker abgewogen, ob sich die Investition auch nachhaltig - also auf viele Jahre - rechnet. „In diesem Zusammenhang finden in der Regel tendenziell mehr Beratungen im Vorfeld statt als vor Jahren, mit dem Ziel, alle Möglichkeiten der optimalen Finanzierung von zinsverbilligten Mitteln, Zuschüssen oder Zinssicherung gegen ansteigende Zinsen zu realisieren.“

Alternative Finanzierungsmodelle

Auch die Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen sieht das Problem nicht, zumindest nicht bei sich: „Bei uns existiert das Problem einer restriktiven Kreditvergabe an Unternehmen nicht. Im Gegenteil: Seit Jahren steigt das Vergabevolumen an Unternehmenskunden kontinuierlich“, sagt Kai Scholze, als Vorstandsmitglied zuständig für das Unternehmenskundengeschäft. Als möglichen Grund für einen generellen Kreditengpass sieht die Kreissparkasse die strengeren aufsichtsrechtlichen Vorgaben und die teilweise geringe Fokussierung von Großbanken auf kleine und mittlere Unternehmen.

Einer Studie des Instituts für Wirtschaft in Köln zufolge gilt Deutschland traditionell als bankenfinanziert - im Unterschied zu den USA, wo die Kapitalmarktfinanzierung eine sehr große Rolle spielt. „Bankkredite spielen als Fremdkapital eine deutlich größere Rolle als Anleihen“, heißt es in der Studie. Werden Kredite abgelehnt, liegt das meist an der niedrigen Eigenkapitalquote.

Wirtschaftsprofessor Nolte sieht eine Chance in alternativen Finanzierungsmodellen. Mit Begriffen wie Crowdfunding - die sogenannte Schwarmfinanzierung - oder Mezzanine-Kapital - eine Mischform zwischen Eigen- und Fremdkapital - werden die Betriebe künftig öfter zu tun haben. „Der Handwerker ist kein geborener Kaufmann, sonst wäre er Kaufmann geworden. Aber es ist für die Betriebe wichtig, sich mit Alternativen zur Bankenfinanzierung zu beschäftigen“, sagt Nolte.

So klappt es mit dem Kredit

Franz Falk, Finanzexperte bei der Handwerkkammer der Region Stuttgart, gibt Betrieben Ratschläge für höhere Chancen auf einen Bankkredit:

Geschäftsplan: Betriebe sollten ihre Überlegungen in einem fundierten Geschäftsplan zusammenfassen. „Sie sollten darin schlüssig begründen, warum sie den Kredit benötigen“, sagt Falk. Und aufzeigen, welche Ziele sie damit verfolgen und welche Vorteile sich daraus für den Betrieb ergeben.

Kreditbedarf: Durch Berechnungen sollte belegt werden, wie hoch der Kreditbedarf ist. Dabei sollte ausreichend Puffer für Unvorhergesehenes, Nebenkosten und für die Vorfinanzierung von Umsätzen und eine eventuelle Anlaufphase eingeplant werden.

Eigenkapital: Falk rät: „Belegen Sie, wie viel Eigenkapital Sie einbringen können und in welcher Form (in bar oder Eigenleistungen). Wenn Sie kein Eigenkapital einbringen können: Begründen Sie, warum nicht.“

Kreditsicherheiten: Betriebe müssen aufzeigen, welche Sicherheiten sie zu bieten haben.

Planzahlen: Wichtig sind plausible Planzahlen (Umsatz- und Gewinnplanung, Liquiditätsplanung). Falke rät: „Lassen Sie sich die Planzahlen durch Ihren Steuerberater oder Unternehmensberater bestätigen oder besser: Lassen Sie die Zahlen durch die Berater erarbeiten. Aus den Planzahlen muss ersichtlich sein, dass Sie den Kredit zurückbezahlen können.“

Unterlagen: Alle Unterlagen, die die Bank fordert, sollten komplett eingereicht werden. „Nutzen Sie dabei möglichst die Formulare, die Ihre Bank verwendet“, sagt der Experte.

Aktualität: Die Bank sollte aktuelle Zahlen geliefert bekommen (Jahresabschluss etc.)

Risiken: Nichts unter den Teppich kehren. „Erwähnen Sie auch, welche Risiken bestehen und wie Sie die Risiken beschränken können“, sagt Franz Falk.

Überzeugen: „Bereiten Sie sich auf das Kreditgespräch, das folgt, nachdem Sie den Kreditantrag gestellt haben, sorgfältig vor. Erwecken Sie den Eindruck, dass Sie ein Unternehmer sind, der weiß, was er will.

Beratung: „Unternehmen sollten sich beraten lassen. „Holen Sie sich externe Hilfe für Geschäftsplan und Planzahlen. Denn erfahrene Berater wissen, auf welche Details es ankommt.“