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Im Südwesten sorgen Polizisten mit ausländischen Wurzeln für Recht und Ordnung. Aus Sicht von Innenminister Strobl ist das ein Plus im Polizeialltag. Cagri Agbaba ist einer von ihnen.

Mannheim (dpa)Temposünder stoppen, Drogenkuriere finden, Unfälle aufnehmen - Alltag für Polizeiobermeister Cagri Agbaba. Die türkischen Wurzeln des 26 Jahre alten Beamten spielen dabei selten eine Rolle, wie der hünenhafte Mann sagt. "Nur einmal hat es ein älterer Herr abgelehnt, mit mir zu reden. Weil ich Ausländer bin", erzählt der Ordnungshüter. Das sei noch während seiner Ausbildung vor fast sechs Jahren gewesen. Heute sitzt der Sohn türkischer Eltern in einem Büro des Autobahnpolizeireviers Mannheim und berichtet gut gelaunt über seinen Berufsalltag.

Klar - türkische Fernfahrer freuten sich, dass ein Einwandererkind als Beamter seinen Platz in der deutschen Gesellschaft gefunden habe und zugleich ihre Sprache beherrsche. Andere fordern, er möge ein Auge zudrücken und die Tempoüberschreitung oder das waghalsige Überholmanöver doch vergessen. Agbaba verdreht die Augen und schmunzelt. "Da ist nichts zu machen. Ich mache meine Arbeit aus voller Überzeugung", sagt der in Worms aufgewachsene Alevit. Sind seine aus der Osttürkei stammenden Eltern stolz auf den Sohn? "Natürlich sind sie das", sagt Agbaba. Mit seinem dichten Vollbart wirkt er modebewusst. Eher Hipster als traditionell muslimisch.

Seit 1993 stellt die Polizei Ausländer ein

Als er 2013 seine Ausbildung begann, war Agbaba noch türkischer Staatsbürger. Mittlerweile hat er den deutschen Pass. Nach Angaben des Stuttgarter Innenministeriums leisten aktuell 330 Polizisten ohne deutschen Pass ihren Dienst. Dass sie die Stellen ohne deutsche Staatsbürgerschaft antreten konnten, geht auf eine Regelung von 1993 zurück. Seither können Ausländer, sofern sie seit mindestens acht Jahren im Land leben, die deutsche Sprache beherrschen und eine Aufenthaltserlaubnis haben, als Polizeibeamte in Baden-Württemberg eingestellt werden. Abgesehen davon gelten gleiche Einstellungsbedingungen wie für Deutsche. Insgesamt sind etwa 24.400 ausgebildete Beamte im Südwesten tätig.

Beamte mit ausländischen Wurzeln seien wertvoll für die Polizeiarbeit, betont Innenminister Thomas Strobl (CDU). "Sie haben spezifische Kenntnisse über die Mentalität und die Kultur anderer Länder, und auch ihre Fremdsprachenkenntnisse sind ein wichtiger Pluspunkt." Deshalb habe die grün-schwarze Koalition in ihrem Vertrag das Ziel formuliert, eine bürgernahe Polizei müsse die Vielfalt der Gesellschaft abbilden. Zuspruch erhält Strobl von Oliver Malchow, dem Bundesvorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei: "Wenn wir Menschen mit ausländischem Hintergrund für die Polizei interessieren können und sie sich mit ganzem Herzen ihrer Aufgabe widmen wollen, ist das eine Kompetenzerweiterung, die der Polizei auf jeden Fall hilft." Er sehe da einen "klaren Vorteil".

Die meisten ausländischen Polizisten stammen aus der Türkei

Dass im Südwesten mit 330 Beamten relativ viele ausländische Ordnungshüter arbeiten, hängt nach Angaben Strobls damit zusammen, dass Baden-Württemberg mit Blick auf den Anteil von Migranten an der Bevölkerung mit an der Spitze der Flächenländer liegt. Die größte Gruppe der ausländischen Polizisten stellen mit 134 Beamten die Türken. Auch Männer und Frauen aus EU-Staaten wie Italien, Griechenland, Kroatien oder Spanien sind im Südwesten bei der Polizei tätig. Unter den Beamten sind auch drei russische Staatsangehörige und einer aus dem Iran.

Bei der Bundespolizei haben 36 Beamte keinen deutschen Pass. Außerdem gebe es 26 Anwärter, heißt es von der Behörde. Mit Blick auf die Gesamtzahl - 32.700 Vollzugsbeamte und 6300 Anwärter - ist der Anteil der Ausländer in der Bundespolizei damit eher gering.

Ermittlungen wegen rechtsextremistischer Vorkommnisse

In Mannheim sieht sich Cagri Agbaba nicht als Außenseiter. "Mit Kollegen habe ich noch nie Probleme gehabt", sagt er. Aber auch ihm sei klar, dass manche misstrauisch auf Beamte mit ausländischen Wurzeln blicken.

Im Herbst 2017 etwa gab es anonyme Vorwürfe gegen eine Berliner Polizeischule. Beklagt wurden hier Respekt- und Disziplinlosigkeit sowie mangelnde Deutsch-Kenntnisse von Polizeianwärtern mit Migrationshintergrund. Ein Sonderermittler hatte teilweise deutlichen Nachbesserungsbedarf festgestellt.

Solche Probleme müssten gelöst werden, sagt Agbaba. Ebenso die Vorwürfe gegen Polizisten aus dem Nachbarland Hessen: Dort laufen seit Monaten dienstrechtliche Verfahren gegen mehrere Beamte wegen rechtsextremistischer Vorkommnisse. Schwarze Schafe gebe es überall, sagt der Mannheimer Autobahnpolizist. Er selbst sei mit sich im Reinen und spüre keine Ressentiments. "Ich bin wertkonservativ. Das spüren die Menschen", sagt Agbaba.

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