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Die Polizeigewerkschaft ist verärgert, dass ihrer Ansicht nach falsche Zahlen über die Personalstärke bei der Polizei gestreut werden. Damit wird der Eindruck erweckt, als wäre alles in Ordnung.

Stuttgart (dpa/lsw) - Die Deutsche Polizeigewerkschaft ist empört über ihrer Ansicht nach falsche Zahlen zur Personalstärke bei der Polizei. „Tatsache ist, dass der Kahlschlag bei der Polizei noch lange nicht beendet ist und nicht einmal annähernd die tatsächliche frühere Anzahl an Polizisten in Deutschland erreicht wurde“, sagte der stellvertretende Bundesvorsitzende der DPolG, Ralf Kusterer, am Donnerstag in Stuttgart.

Speziell in Baden-Württembergs befinde sich aktuell die Polizei auf einem personellen historischen Tiefstand. So häuften sich Anzeigen wegen Strafvereitelung im Amt, weil viele Polizeibeamte aufgrund totaler Überlastung Anzeigen nicht zeitgerecht abarbeiten könnten. „Dem Personal der Landespolizei fehlt die Luft zum Atmen. Die Lage ist miserabel“, erklärte Kusterer. Nach Berichten aus Sicherheitskreisen lag die bundesweite Polizeistärke im vergangenen Jahr bei 274.441 Stellen. Ein Jahrzehnt zuvor waren es nach diesen Berichten noch mehr als 10.000 Stellen weniger. Danach stieg seit dem Tief im Jahr 2006 sowohl die Zahl der Bundespolizisten als auch die Zahl der Polizisten in den Ländern. Kusterer bezweifelt diese Zahlen aber. Tatsache ist nach seiner Einschätzung vielmehr, dass nicht einmal annähernd die tatsächliche frühere Anzahl an Polizisten in Deutschland erreicht ist.

Der Präsident des Bundeskriminalamts, Holger Münch, hatte kürzlich dringend einheitliche Standards und einheitliche Prozesse in den vielen verschiedenen Polizeibehörden Deutschlands gefordert. Die Organisation der Polizei in den 16 Ländern sei nicht mehr zeitgemäß. Der Föderalismus habe die Stärke, dass vor Ort direkt Entscheidungen getroffen werden könnten. „Aber der Nachteil ist: Jeder macht seins.“ Deswegen solle im Bund mehr koordiniert und standardisiert werden. Außerdem solle der Bund mehr Strafverfahren und mehr Gefahrenermittlungen übernehmen. Der Deutschen Presse-Agentur sagte DPolG-Bundesvorsitzender Rainer Wendt am Donnerstag: „Der BKA-Präsident hat recht, jetzt ist es höchste Zeit, Ländereitelkeiten zu überwinden.“ Terror und Kriminalität seien global aktiv und digital vernetzt, die Polizei dürfe sich nicht länger an Ländergrenzen oder örtlichen Zuständigkeiten orientieren, sondern müsse gemeinsam gegen diese Phänomene ankämpfen. „Wir brauchen nicht nur mehr qualifiziertes Personal, sondern endlich auch modernes Polizeidenken im vernetzten digitalen Zeitalter“, betonte Wendt.

Die verfehlte Einstellungspolitik der grün-roten Vorgängerregierung hat die Landespolizei laut Kusterer an den Rand der Funktionsfähigkeit geführt. Die Folge: „Unterbesetzte Polizeireviere. Die Aufrechterhaltung der Dienststärken sei mancherorts nur möglich durch zusätzliche Sonderschichten. Manche Reviere stehen aufgrund fehlenden Personals kurz davor, nachts geschlossen zu werden.“ In Baden-Württemberg gibt es mehr als 24.000 Polizeibeamte und 5000 weitere Mitarbeiter im Polizeidienst. Die jetzige grün-schwarze Landesregierung wirke der Misere mit der Einstellung von zusätzlich 900 Polizeiauszubildenden und 600 Tarifbeschäftigten zwar entgegen. „Bis aber die 900 Polizisten ausgebildet sind, von denen noch keiner eingestellt wurde, vergehen weitere 2,5 bis 4 Jahre“, betonte Kusterer.