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Das Orkantief «Sabine» zieht über Baden-Württemberg hinweg. Der Bahnverkehr liegt lahm, am Flughafen bleiben viele Maschinen am Boden.

Stuttgart (dpa/lsw)Das Orkantief «Sabine» fegt seit den frühen Morgenstunden über Baden-Württemberg hinweg und bremst Zehntausende Pendler und Reisende aus: Mit teilweise orkanartiger Kraft zogen die Böen vor allem über den Schwarzwald. «Baden-Württemberg wird vom Sturmfeld eines Orkantiefs erfasst», warnte der Deutsche Wetterdienst (DWD) am Morgen. Auf dem Feldberg im Schwarzwald erreichten die Böen Geschwindigkeiten von mehr als 170 Stundenkilometern. Laut DWD sollte das Orkantief noch stundenlang weiter stürmen.

Die Züge im baden-württembergischen Regional- und Fernverkehr standen am Morgen landesweit weitgehend still, am Flughafen blieben zahlreiche Maschinen am Boden und vor allem in Südbaden wurde empfohlen, Kinder nicht in die Schule zu schicken. Abgesehen von umgestürzten Bäumen waren größere Schäden zunächst aber nicht bekannt. Zwar rückte die baden-württembergische Polizei nach Angaben des Lagezentrums im Innenministerium Hunderte Male aus. «Aber noch ist alles glimpflich verlaufen», sagte ein Sprecher.

Mehrere Bundesstraßen seien gesperrt worden, Dutzende Bäume stürzten um. In der Region Pforzheim, Karlsruhe und Rastatt zählte die Polizei rund 300 sturmbedingte Einsätze. Bei Titisee-Neustadt (Kreis Breisgau-Hochschwarzwald) krachte ein Baum auf das Dach eines Autos. Dabei wurde ein Mensch verletzt, wie die Polizei mitteilte. Es bestehe aber keine Lebensgefahr.

Laut DWD zieht das Tief im Laufe des Montagvormittags über den Südosten des Landes. Bis zum Nachmittag seien schwere Sturmböen mit Geschwindigkeiten um die 100 Stundenkilometer möglich, teilte die DWD-Wetterberatung in Stuttgart mit. Die Meteorologen erwarten orkanartige Böen oder Orkanböen bis 120 Stundenkilometer, an einigen Orten auch mehr. Auch die Nacht zum Dienstag soll unruhig werden.

Während der DWD für große Teile Deutschlands die zweithöchste Unwetterstufe herausgegeben hat, gilt im Schwarzwald in einigen Regionen sogar die höchste der insgesamt vier Warnstufen. Am Feldberg stehen deshalb die Lifte still. «Am Montag werden aufgrund des Sturmtiefs alle Lifte geschlossen bleiben», twitterte der Liftverbund Feldberg. «Wir bitten die Warnungen und Empfehlungen des Deutschen Wetterdienstes zu beachten.» Bis Montagmorgen war nach Angaben der Betreiber nicht absehbar, wann der Skibetrieb wieder starten kann.

«Sabine» wirbelt zum Wochenbeginn auch die Reisepläne zahlreicher Pendler gewaltig durcheinander. Vor allem Bahnfahrer müssen sich am Montagmorgen auf starke Einschränkungen einstellen. Die privaten Betreiber Go-Ahead und Abellio entscheiden gemeinsam mit der DB Netz je nach Wetterlage, ob sie wieder anfahren können. Die ersten Züge am Morgen waren bereits in den Deports geblieben, wie beide Unternehmen in der Nacht zum Montag angekündigt hatten. «Abellio empfiehlt seinen Fahrgästen (sofern möglich) am morgigen Montag auf Reisen zu verzichten», teilte das Stuttgarter Unternehmen mit.

Die Südwestdeutsche Landesverkehrs-AG (SWEG) mit Sitz im Schwarzwald stellte ihren Zugverkehr in Baden ebenfalls «bis auf weiteres» ein. Der Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (RNV) lässt Busse und Straßenbahnen in den Depots.

Go Ahead kündigte an, Strecken würden von DB Netz erst nach Erkundungsfahrten und eventuellen Reparaturarbeiten wieder freigegeben. «Es ist leider schon jetzt absehbar, dass die Störungen den ganzen Tag über andauern werden», teilte der Betreiber mit. Wegen des Wetters und der flächendeckenden Auswirkungen sei es nicht möglich, einen Ersatzverkehr mit Bussen zu realisieren. Der Fernverkehr der Bahn bleibt bis mindestens 10.00 Uhr eingestellt.

Angesichts möglicher Gefahren auf dem Schulweg können Eltern am Montag zudem ihre Kinder vom Unterricht befreien lassen, wie das Kultusministerium in Stuttgart mitteilte. Sie könnten selbst «entscheiden, ob der Schulweg für ihre Kinder zumutbar ist». Die Schule solle aber informiert werden.

In einigen Regionen in Baden-Württemberg wird Kindern sogar empfohlen, am Montag wegen des erwarteten Sturms zu Hause zu bleiben. Das Landratsamt Schwarzwald-Baar-Kreis erklärte, ein regulärer Transport mit dem öffentlichen Nahverkehr könne wegen des Unwetters und der Gefährdung nicht sichergestellt werden. Dies gelte neben Schulen auch für die Kindertageseinrichtungen.

Der Flughafen in Stuttgart hat bereits vorgesorgt und am Sonntag Flüge gestrichen. Nach Angaben eines Sprechers wurden bis zum Montagmorgen insgesamt 40 Starts und 36 Landungen abgesagt. Mit Einschränkungen rechnet der Flughafen aber bis in den Nachmittag hinein. Wenn die Maschinen nicht in Stuttgart ankämen, fehlten sie für die geplanten Weiterflüge, erklärte die Sprecherin.

Die Airline Eurowings strich fast alle Flüge für die Dauer des Sturmtiefs - auch davon war Stuttgart stark betroffen. Fluggäste sollten nicht mehr zu den betroffenen Flughäfen anreisen, warnte das Unternehmen. Sie könnten ihre Buchungen kostenfrei umbuchen.

«Sabine» ist laut DWD ein Winterorkan, wie er etwa alle zwei Jahre vorkommt. So stark wie «Kyrill» (2007) oder «Lothar» (1999) werde «Sabine» nicht.

Vor allem «Lothar», der sogenannte Weihnachtsorkan, hat jahrelang sichtbare Spuren in Baden-Württemberg hinterlassen: Am 26. Dezember 1999 war er mit teils mehr als 200 Stundenkilometern von Frankreich kommend über Südwestdeutschland hinweggefegt. In der Rheinebene und im Schwarzwald hatte er immense Schäden angerichtet.