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Sind Durchsuchungen bei der Eliteeinheit KSK in Calw durchgestochen worden oder haben die Behörden bei den Ermittlungen versagt? Ein Gericht bringt jetzt Licht in die Informationsflüsse.

Köln/Calw (dpa)Eine Razzia bei der Eliteeinheit Kommando Spezialkräfte (KSK) wegen Terrorverdächtigungen im Fall des rechtsextremen Soldaten Franco A. ist vorab bekannt geworden. Ein in diesem Zusammenhang wegen Verrats von Dienstgeheimnissen im Jahr 2017 angeklagter Oberstleutnant des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) bestritt am Mittwoch in Köln aber alle Vorwürfe. Er habe "zu keinem Zeitpunkt" über die Durchsuchungsmaßnahmen informiert und von diesen auch keine Kenntnis gehabt, sagte der Offizier zum Auftakt des Prozesses vor dem Amtsgericht Köln. Zeugen aus dem KSK berichteten, es seien vor der Durchsuchung mögliche Beweismittel beiseite geschafft worden.

Der Polizeieinsatz in der Graf-Zeppelin-Kaserne des KSK in Calw im Schwarzwald am 15. September 2017 war Teil der Ermittlungen im Fall Franco A. Dem aus Offenbach stammenden Oberleutnant wird von der Bundesanwaltschaft vorgeworfen, einen Anschlag geplant und sich als Asylbewerber ausgegeben zu haben, um den Verdacht auf Flüchtlinge zu lenken. Aus einer rechtsextremen Gesinnung heraus soll er unter anderem einen Anschlag auf den damaligen Justizminister und heutigen Außenminister Heiko Maas (SPD) geplant haben. Den Haftbefehl gegen A. hatte der Bundesgerichtshof jedoch Ende November 2017 aufgehoben - mangels dringendem Tatverdacht.

Mit KSK-Soldaten gechattet

Da Franco A. Mitglied in Chatgruppen war, denen auch KSK-Soldaten angehörten, hatte der Generalbundesanwalt eine Befragung von Zeugen durch das Bundeskriminalamt verfügt. Geplant waren auch Durchsuchungen in der Kaserne sowie in privaten Räumen des KSK-Unteroffiziers Andre S., der über eine Chatgruppe Kontakt zu Franco A. hatte. Zugleich hat er eine Führungsposition in dem Verein Uniter e.V inne, in dem Soldaten, Polizisten und Mitarbeiter anderer Behörden vertreten sind. Für Medienberichte, es handele sich um ein rechtsextremes Netzwerk, haben Ermittler keine Belege gefunden.

Andre S., der zugleich Auskunftsperson des MAD war, sagte vor Gericht, er habe den MAD-Oberstleutnant mit einer SMS wegen der ihm bereits bekannten Befragung kontaktiert. Er sei zu einem Treffen mit Behördenvertretern einbestellt. Zu diesem Zeitpunkt habe er bereits eins und eins zusammenzählen können.

Der angeklagte Oberstleutnant sagte vor Gericht aus, er habe über den Termin für eine Zeugenbefragung an einem Freitag "schmunzeln" müssen, weil die Bundeswehrleute dann üblicherweise nur noch auf Anordnung zu erreichen seien. Auf der anderen Seite sei die KSK-Kaserne so gesichert, dass die Polizei dort nicht einfach mit Blaulicht vorfahren könne. Für die Durchsuchung waren nach Zeugenaussagen etwa 50 Beamte angerückt.

Durchsuchungen angekündigt

Der Vorgesetzte von Andre S. sagte, dieser habe auch ihn vorher über großangelegte Durchsuchung informiert. Er habe das aber nicht ernst genommen, weil er den Mann für einen "Schwätzer" gehalten habe mit teilweise "fantastisch anmutenden" Schilderungen.

Das Gericht muss nun aufklären, ob die Durchsuchungen auf dem Dienstweg bekannt wurden oder von dem MAD-Oberstleutnant weitergegeben wurden. Dieser hatte sich mehrfach mit seiner Auskunftsperson getroffen. Ein Soldat sagte aus, die Durchsuchung sei S. über dessen Netzwerk bekannt geworden, nicht aber durch eine einzelne Person. Als Zeugen geladene Kameraden berichteten, der KSK-Mann habe einen Laptop verschwinden lassen und den BKA-Beamten möglicherweise auch ein anderes Mobiltelefon übergeben.

Der MAD hat seine Zentrale in Köln. Der Prozess gegen den Oberstleutnant ist brisant, weil Vorwürfe rechtsextremer Netzwerke im Raum stehen, die von politischer Seite Rufe nach Aufklärung haben laut werden lassen. Die Opposition im Bundestag hat deswegen mehrere Anfragen an die Bundesregierung gestellt. Diese hat erklärt, es gebe keine Kenntnisse über rechtsextreme Netzwerke in den Behörden.