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In Singen sind am Dienstag drei Stolpersteine zum Gedenken an NS-Opfer verlegt worden. Das nahm der AfD-Politiker Wolfgang Gedeon zum Anlass, die Aktion generell in Frage zu stellen.

Berlin (dpa)Der geschäftsführende Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hat die Kritik des AfD-Politikers Wolfgang Gedeon an Stolpersteinen zum Gedenken an NS-Opfer scharf zurückgewiesen. «Umso lauter ihr Ende gefordert wird, desto mehr Stolpersteine brauchen wir», sagte er am Dienstag in Berlin. «Sie lehren uns, die Opfer des Nationalsozialismus niemals zu vergessen.» Maas betonte, dass überhaupt wieder jüdisches Leben in Deutschland gewachsen sei, begreife er als unverdientes Geschenk. «Wir tun alles, um es zu schützen. Jeder Form von Antisemitismus müssen wir uns entschlossen entgegenstellen.»

Stolpersteine werden seit vielen Jahren deutschlandweit verlegt. Sie erinnern an die Opfer der NS-Herrschaft - in der Regel jeweils vor dem letzten Wohnsitz der Betroffenen. Die Stadt Singen in Baden-Württemberg verlegte am Dienstag drei solcher Gedenksteine - allerdings für den KPD-Chef Ernst Thälmann und seine Familie, was umstritten ist. Der Antidemokrat Thälmann hatte in der Weimarer Republik 1923 den blutigen Hamburger Aufstand mit angeführt, gilt als Vertreter des Sowjetdiktators Stalin in Deutschland und bekämpfte nach Einschätzung von Historikern die Sozialdemokratie stärker als die Nazis. Er wurde 1944 auf persönlichen Befehl Hitlers ermordet.

Der baden-württembergische AfD-Politiker Wolfgang Gedeon hatte das kritisiert und ein Ende der Stolperstein-Aktionen gefordert. «Es gibt angemessenere Arten des Gedenkens im Rahmen von Gedenkstätten, von denen wir hier genügend haben», schrieb er an den Oberbürgermeister Bernd Häusler (CDU) und den Gemeinderat der Stadt Singen. Zudem sei Thälmann bis zu seiner Verhaftung 1933 Vorsitzender der kommunistischen Partei und glühender Stalinist gewesen - mit dem Stolperstein werde daher eine «Galionsfiguren der DDR» auf ein Gedenkpodium gehoben.

Der Singener OB Häusler sagte dagegen laut SWR: «Ernst Thälmann ist durch seinen Erschießungstod 1944 in KZ Buchenwald zweifellos ein Opfer des nationalsozialistischen Gewaltregimes. Damit ist die Grundbedingung der Würdigung durch einen Stolperstein gewürdigt zu werden, erfüllt.»

Gedeon habe mit seinem offenen Brief das von der Verfassung garantierte Recht auf freie Meinungsäußerung genutzt, sagte Häusler der Deutschen Presse-Agentur. «Daher nehmen wir seine Position zur Kenntnis. Zugleich kann ich als Oberbürgermeister der Stadt Singen seine geäußerte Abneigung gegenüber unserer Erinnerungskultur nur schwer ertragen.» In Singen sind nach Angaben Häuslers bislang an 40 Stellen ein oder mehrere Stolpersteine für einzelne Personen oder Familien verlegt worden.

Gedeon hat sich wegen Antisemitismus-Vorwürfen auch in der eigenen Partei Kritik eingehandelt. Ein AfD-Landesschiedsgericht hatte ein Parteiausschlussverfahren gegen ihn zwar aus Mangel an Beweisen eingestellt. Der Abgeordnete bleibt im Landtag, wurde aber aus der Fraktion ausgeschlossen. Der Parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Bundestagsfraktion, Bernd Baumann, sagte, Gedeon vertrete zu den Stolpersteinen eine Einzelmeinung. Die AfD habe mit dieser Form des Gedenkens kein Problem.

Die Aktion selbst lief am Dienstag nach Angaben der Polizei störungsfrei ab.