Foto: Julian Stratenschulte/dpa - Julian Stratenschulte/dpa

Stuttgart (lsw) - Die grün-schwarze Landesregierung will überprüfen, ob mehr Menschen als bisher für eine Abschiebung nach Afghanistan infrage kommen. Bislang schickt das Land Straftäter, Gefährder und abgelehnte Asylbewerber zurück, die nicht bei der Klärung ihrer Identität mitwirken. Das Bundesinnenministerium hatte die Länder davon unterrichtet, dass künftig alle Afghanen, die ausreisepflichtig sind und keine Duldung in Deutschland haben, abgeschoben werden können. Ein Sprecher des Landesinnenministeriums sagte dazu am Freitag: «Die Landesregierung wird beraten, welche Personengruppen künftig nach Afghanistan zurückgeführt werden.»

Der CDU-Innenexperte im Landtag, Thomas Blenke, sagte der «Südwest Presse» (Freitag): «Für mich gilt die Lageeinschätzung des Bundes. Wenn das Auswärtige Amt feststellt, dass es in Afghanistan sicher genug ist, muss es möglich sein, alle ausreisepflichtigen Afghanen dorthin zurückzuführen.» Grünen-Innenexperte Uli Sckerl sagte hingegen der Zeitung: «Nichtregierungsorganisationen in Afghanistan kommen regelmäßig zu anderen Ergebnissen.» Sckerl erwartet nun eine Auswertung und Stellungnahme der Landesregierung zum Thema und dann Beratungen mit der CDU. «Wir sehen jedenfalls keinen Grund, an der aktuellen Praxis etwas zu ändern», sagte Sckerl.

Seit Dezember 2016 gab es 15 Sammelabschiebungen der Länder und des Bundes nach Afghanistan. Es wurden bundesweit bisher rund 350 Männer zwangsweise zurückgebracht. Die Abschiebungen sind umstritten, weil sich in Afghanistan der Krieg mit den radikalislamischen Taliban und der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) ausweitet.