Ein Sixpack vor einer Freiburger Tankstelle: Künftig darf auch nach 22 Uhr noch Alkohol verkauft werden. Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Von Hermann Neu

Stuttgart - Die Kommunen im Südwesten sollen künftig in Eigenregie den Alkoholkonsum an besonders belasteten Brennpunkten verbieten können. Gleichzeitig soll das seit 2010 gültige nächtliche Verkaufsverbot für Alkohol etwa an Tankstellen fallen, beschloss das Landeskabinett gestern in Stuttgart. Der Ministerrat billigte zudem das bereits bekannte Maßnahmenpaket, das den Sicherheitsbehörden mehr Befugnisse im Kampf gegen den Terror gibt.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) nannte die geplanten Alkohol-Konsumverbote einen „subsidiären Akt“, bei dem die Gemeinderäte aufgrund der örtlichen Problematik entscheiden könnten. Schwierigkeiten mit nächtlichen Saufgelagen und ihren Folgen hatte es seit Jahren beispielsweise am berüchtigten „Bermudadreieck“ in Freiburg gegeben.

Für Innenminister Thomas Strobl (CDU) war das bisherige Verkaufsverbot nach 22 Uhr schon immer eine „sehr breit streuende Schrotflinte“ . Das Verbot habe Millionen Bürger getroffen, die abends noch ein Bier kaufen wollten. Bei den absehbaren Konsumverboten erwartet Strobl, dass diese nur in „sehr, sehr wenigen Kommunen“ zum Zuge kommen.

Gemeinden: Langjährige Forderung

Der Gemeindetag begrüßte die Entscheidung für mögliche Verbote des Alkoholkonsums an Brennpunkten. „Die Verantwortlichen in unseren Städten und Gemeinden, aber auch unsere Bürgerinnen und Bürger, werden aufatmen. Endlich wurde eine langjährige kommunale Forderung aufgegriffen und man kann vor Ort dafür sorgen, dass der Belästigung der Bevölkerung durch Verschmutzung, Lärm und Pöbeleien als Folge von Trinkgelagen ein Riegel vorgeschoben wird“, kommentierte Gemeindetagspräsident Roger Kehle. Unverständlich sei allerdings, dass im gleichen Zuge das nächtliche Alkoholverkaufsverbot aufgehoben wurde, die Erfahrungen seien positiv gewesen.

Die von den Fraktionen von Grünen und CDU bereits gebilligten und nun vom Kabinett abgesegneten Änderungen bei der Terrorabwehr sehen die präventive Telekommunikationsüberwachung, den Erlass von Aufenthaltsvorgaben und Kontaktverboten gegenüber sogenannten Gefährdern und deren Kontrolle etwa durch die elektronische Fußfessel vor.

Sprengstoff für Spezialkräfte

Möglich werden soll auch der Einsatz von Sprengstoff durch Spezialeinheiten sowie der Einsatz der Intelligenten Videoüberwachung. Die grün-schwarze Koalition hatte die Änderungen im Januar als Reaktion auf den Terroranschlag auf einen Berliner Weihnachtsmarkt auf den Weg gebracht.

Nicht einig wurden sich die Regierungspartner bei den von der CDU verlangten weiteren Schritten wie der Online-Durchsuchung und der Vorratsdatenspeicherung. Dies lehnen die Grünen ab. Strobl zeigte sich dennoch zufrieden. Erreicht worden sei „ziemlich viel“. Gegenüber dem status quo gebe es einen immensen Fortschritt. Bedenken, dass sich Online-Durchsuchung und präventive Telekommunikationsüberwachung schlecht trennen ließen, teilt Strobl nicht. Es gebe schon einen Unterschied, ob der Zugriff auf laufende Gespräche erfolge oder ob es um einen ganzen Computer gehe. Der Minister erklärte allerdings, bei den nötigen technischen Möglichkeiten wisse er nicht, wie schnell es geht und wie weit die Entwicklung ist. Die geplanten Eingriffe werde es ausschließlich bei schwersten Straftaten und bei Top-Gefährdern geben. Dabei müsse ein Staatsanwalt bei einem Richter den Antrag stellen.