Bodenseefischer leiden unter sinkendem Ertrag. Foto: dpa

Die Berufsfischer am Bodensee fangen schon seit Jahren immer weniger Fische. Kleiner Trost für sie: Der extreme Sommer 2018 scheint die Lage nicht zugespitzt zu haben.

Friedrichshafen (dpa) Die Wetterextreme 2018 haben die Erträge der Berufsfischer am Bodensee nach ersten Schätzungen nicht verschlechtert. Dennoch bleibt die Lage für sie sehr schwierig. Die niedrigen Erträge seien für die Fischer weiterhin existenzbedrohend, sagte Vorstand Wolfgang Sigg vom Internationalen Bodensee-Fischereiverband am Samstag auf der Jahreshauptversammlung in Friedrichshafen. «Vor zehn Jahren wurden noch vier Mal so viele Fische wie heute gefangen.» Viele der 90 bis 100 Fischer am Bodensee hätten daher Zweitberufe, so Sigg.

Über die für dieses Jahr erwarteten Erträge sagte Vorstandsmitglied Albert Bösch: «Wir bewegen uns voraussichtlich in einer ähnlichen Größenordnung wie 2017, tendenziell leicht besser.» Nach dem Hochwasser im Januar und vielen überdurchschnittlich warmen, trockenen Monaten seien die Barsch-Fänge beispielsweise gestiegen. Bei den Felchen sei bislang kaum ein Unterschied feststellbar. Eine endgültige Bilanz ist laut Bösch aber erst im kommenden Frühjahr möglich.

Nach Zahlen des Umweltministeriums in Baden-Württemberg sank der Ertrag der Fischer von 1219 Tonnen im Jahr 1997 auf 298 Tonnen im vergangenen Jahr. Ein Fischer hat laut Sigg 2017 durchschnittlich 2,7 Tonnen gefangen. Ein Betrieb brauche zum Überleben aber sieben Tonnen.

Als Ursachen für die sinkenden Zahlen nannte das Ministerium im Oktober auf eine Große Anfrage der SPD-Landtagsfraktion den Nährstoffrückgang sowie die massenhafte Ausbreitung des Stichlings. In den 1940er Jahren wurde der Fisch erstmals im Bodensee nachgewiesen. Aktuell seien 95 Prozent aller Fische im Freiwasser Stichlinge, sie machten 20 Prozent der Fischbiomasse aus. Das Problem: Sie sind direkte Nahrungskonkurrenz vor allem für Felchen und ernähren sich zudem von Eiern und Larven anderer Fischarten.

Ein dritter Faktor für die geringen Erträge ist laut Ministerium der Kormoran. Die Wasservögel fressen demnach 200 bis 260 Tonnen Fisch pro Jahr aus dem Bodensee. Sigg appellierte am Samstag an das Land Baden-Württemberg, den Kormoran am Bodensee auf ein «verträgliches Maß zu reduzieren». Vorbild sei die Schweiz, wo die Vögel geschossen werden dürften. «Das ist die einzige Stellschraube, an der aktuell gedreht werden kann», sagte Sigg. Beim Stichling sei noch unklar, ob und welche Maßnahmen das Problem lösen könnten. Und das Thema Nährstoffe ist laut Sigg tabu in Baden-Württemberg.

Seit Jahren fordert sein Verband eine moderate Erhöhung des Phosphatgehalts im Bodensee, damit Fische mehr Nährstoffe bekommen. Dank Kläranlagen ist das Wasser nämlich sauberer als in den vergangenen Jahrzehnten. Das Umweltministerium lehnt das strikt ab. «Der natürliche Zustand des Bodensees ist der eines Alpensees. Eine Fischfauna, die diesem natürlichen Zustand entspricht, findet auch Nahrung», teilte ein Sprecher mit. Ziel sei es, das Gewässer mit typischen Tier- und Pflanzenarten zu erhalten. Der Bodensee sei kein Acker, «der zur Erzeugung möglichst vieler Fische da ist.»