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Der Verfassungsschutz verschärft seinen Blick auf die AfD. Der Landesverband der Partei im Südwesten sieht sich zu Unrecht im Visier - und vermutet dahinter ein politisches Manöver.

Stuttgart (dpa/lsw) Hinter dem schärferen Vorgehen des Verfassungsschutzes gegen die AfD steckt aus Sicht des Landesvorsitzenden der Partei, Marc Jongen, der politische Gegner. «Der Verfassungsschutz wurde politisch instrumentalisiert durch politische Konkurrenten, die uns einen Wettbewerbsnachteil verschaffen wollen, in dem sie uns ein Stigma aufdrücken», sagte Jongen der Deutschen Presse-Agentur. «Seit Monaten trommeln sie, dass die AfD beobachtet werden müsse», sagte Jongen. «Der einzige Zweck ist es, die Bürger abzuschrecken vor der Wahl der AfD.»

Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hatte diese Woche die AfD als Ganzes zum Prüffall erklärt und nimmt sie damit stärker unter die Lupe. Noch genauer hinschauen will die Behörde beim rechtsnationalen «Flügel» und der Jungen Alternative: Diese wurden zum Verdachtsfall erklärt. Anders als beim Prüffall ist bei einem Verdachtsfall Voraussetzung, dass «gewichtige Anhaltspunkte» für eine «extremistische Bestrebung» vorliegen.

«Dass es nur ein Prüffall ist, zeigt ja, dass absolut nichts gefunden worden ist, was mehr gerechtfertigt hätte», sagte Jongen. Die AfD habe nichts dagegen, dass der Verfassungsschutz tatsächlich verfassungsfeindliche Organisationen beobachte und die freiheitlich-demokratische Grundordnung eingehalten werde. «Aber die Schwerpunktsetzung ist politisch einseitig. Das Missverhalten ist skandalös.»

Jongen nahm dabei auch die Junge Alternative in Schutz: «Verfehlungen der JA-Mitglieder bewegten sich im Delikt Flyer verteilen und wildes Plakatieren. Mehr ist nicht geschehen.» Allerdings sagte er, dass bei der Identitären Bewegung eine Entwicklung stattgefunden habe, «die die Beobachtung wahrscheinlich rechtfertigt». Die rechtsextreme Organisation wird seit Ende 2015 im Südwesten vom Verfassungsschutz beobachtet.

Lange schon wird im Südwesten auch die Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz diskutiert - zuletzt wegen des Besuchs zweier Landtagsabgeordneter auf den Demonstrationen in Chemnitz, wo rechtsextreme Parolen skandiert wurden. Die Partei wird in Baden-Württemberg aber weiter nicht beobachtet. Der Verfassungsschutz beobachtet seit kurzem aber die Junge Alternative (JA) im Südwesten und damit einen weiteren Landesverband der AfD-Nachwuchsorganisation. Unter anderem bestünden Bezüge zu Rechtsextremisten.

«Die Vorwürfe des AfD-Vorsitzenden sind nichts anderes als die übliche Masche von Rechtspopulisten, sich als Opfer zu inszenieren», entgegnete der SPD-Landeschef Andreas Stoch. «Wir erleben gerade in Baden-Württemberg eine zunehmende Radikalisierung dieser Partei, die geradezu gespickt ist mit Verfassungsfeinden.» Es sei gut und richtig, dass die Sicherheitsbehörden beginnen würden, zu handeln. «Wir erwarten jetzt auch vom Landesamt für Verfassungsschutz eine Reaktion auf die Entscheidung des Bundes.»

Man arbeite auf Grundlage des Landesverfassungsschutzgesetzes, hieß es beim Landesamt für Verfassungsschutz in Stuttgart. «Wir arbeiten nach klar vorgegebene Regeln und haben einen gesetzlichen Auftrag», sagte er. «Und diesem Auftrag kommen wir nach.»

Die Vorwürfe seien absurd, sagte auch der Grünen-Innenexperte des Landtags, Uli Sckerl, der auch Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums ist. Die Entscheidung würden die Behörden völlig unabhängig treffen. «Es gibt seitens der Politik keinerlei Anweisung oder Eingreifen, das eine zu tun oder das andere zu lassen», sagte Sckerl der dpa.