Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl im Gespräch mit Polizisten. Foto: Patrick Seeger/Archiv Foto: DPA - Patrick Seeger/Archiv

Wegen der mutmaßlichen Gruppenvergewaltigung in Freiburg und der Kritik an der Polizeiarbeit muss sich der Innenminister in der Grünen-Fraktion erklären.

Stuttgart (dpa/lsw)Nach Kritik im Zusammenhang mit der mutmaßlichen Gruppenvergewaltigung in Freiburg hat Innenminister Thomas Strobl rasche Aufklärung zugesagt. «Es ist mein Wunsch, dass wir bis zur Sitzung des Innenausschusses nächsten Mittwoch jedenfalls ein erstes Zwischenergebnis haben», sagte der CDU-Politiker am Mittwoch nach einem Besuch einer Sitzung der Grünen-Landtagsfraktion in Stuttgart. Darauf werde er drängen.

In der Grünen-Fraktion stand der Vizeregierungschef den Abgeordneten Rede und Antwort zu dem Freiburger Verbrechen. Strobl sprach im Anschluss von einem guten, an der Sache orientierten Gespräch. Es sei nach seinem Eindruck gelungen, Unklarheiten zu beseitigen.

Mitte Oktober soll eine 18 Jahre alte Studentin in Freiburg nach einem Disco-Besuch von mehreren Männern vergewaltigt worden sein. Acht Verdächtige sitzen in Untersuchungshaft - sieben Syrer im Alter von 19 Jahren bis 29 Jahren und ein 25 Jahre alter Deutscher. Die Polizei und Strobl stehen in der Kritik, weil gegen den Hauptbeschuldigten ein nicht vollstreckter Haftbefehl vorlag.

Wegen des Freiburger Falls und der hohen Zahl an nicht vollstreckten Haftbefehlen im Land war es vorher zu Spannungen zwischen Strobl und den Grünen gekommen. Grünen-Landeschef Oliver Hildenbrand hatte dem Innenminister Versäumnisse vorgehalten. Auch Strobls Gesetzesentwurf zur Terrorabwehr sorgt beim grünen Koalitionspartner derzeit für Unmut. Darüber habe man aber am Mittwoch nicht gesprochen, sagte Strobl.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Landtagsfraktion, Uli Sckerl, sagte im Anschluss der Sitzung, es seien Fragen zu Freiburg beantwortet worden, wenn auch nicht alle. Die Frage nach der Nichtvollstreckung des Haftbefehls gegen den mutmaßlichen Haupttäter bleibe weiterhin offen. Der Mann habe einiges auf dem Kerbholz gehabt, dennoch seien Verfahren eingestellt worden - ohne strafrechtliche Verurteilung. «Das bedeutet für uns, dass wir Fragen an den Justizminister haben werden», sagte Sckerl. Man plane dazu eine parlamentarische Anfrage an Justizminister Guido Wolf (CDU).

Auch hinsichtlich der Aufschlüsselung offener Haftbefehle im Land wolle er bis nächste Woche «etwas Licht hineinbringen», kündigte Strobl an. Ende März 2018 waren in Baden-Württemberg nach Angaben der Bundesregierung knapp 20 000 Haftbefehle offen. Dabei gehe es aber auch um Delikte wie Schwarzfahren, hatte Strobl am Dienstag erklärt.

Die Gewerkschaft Strafvollzug warnte in dem Zusammenhang vor einer Überlastung der Gefängnisse. Auch wenn bis zu 20 000 Haftbefehle nicht gleichbedeutend mit einer Inhaftierungswelle seien, wäre der Justizvollzug nicht ansatzweise in der Lage, die zusätzliche Inhaftierung einer größeren Zahl von Menschen zu bewältigen, betonte der Landesvorsitzende Alexander Schmid. «Weder sind die notwendigen Haftplätze vorhanden, noch auch nur annähernd das notwendige Personal.» Bereits jetzt fehlten rund 1000 Haftplätze und mindestens 300 Personalstellen in Baden-Württemberg. «Die Gefängnisse im Land stehen am Rande des Kollaps.»

Der Bund der Strafvollzugsbediensteten (BSBD) in Baden-Württemberg vertritt nach eigenen Angaben mit rund 2700 Mitgliedern die Interessen der 4000 Beschäftigten im Justizvollzug im Land.