Von Julia Giertz

Stuttgart -Eine Große Anfrage der CDU-Fraktion zum Linksextremismus löst Kritik aus, weil darin Informationen zu baden-württembergischen Studenten beim G20-Gipfel verlangt werden. Die Zahl der Studenten aus dem Südwesten, die im Juli zu Demonstrationen anlässlich des Gipfels nach Hamburg reisten, könne nicht gegeben werden, sagte ein Sprecher von Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) gestern. „Wir überwachen keine Studierenden.“ Es gebe das Demonstrationsrecht und das Recht auf freie Meinungsäußerung. Auch die Jusos und die Grünen im Landtag schlossen sich der Kritik an. Zuvor hatte der SWR über die Anfrage berichtet.

CDU-Innenexperte Thomas Blenke konterte, es gehe nicht um Überwachung, sondern um Information darüber, ob und in welchem Umfang Menschen aus Baden-Württemberg zu den Krawallen beigetragen hätten. Immerhin seien 73 Beamte aus dem Land verletzt aus Hamburg zurückgekommen. „Da gehe ich nicht zur Tagesordnung über.“

Blenke und seine Fraktionskollegen wollen auch wissen, wie viele Züge gezielt für Fahrten von Studenten nach Hamburg wegen des G20-Gipfels eingesetzt worden seien und wo sie Halt gemacht hätten. Auskunft verlangt die CDU auch darüber, in welchen Studierendenparlamenten und -räten die Mitfinanzierung von Zügen oder Bussen nach Hamburg beantragt wurde. Dazu sagte Bauers Sprecher, lediglich in Freiburg sei ein solcher Antrag gestellt und negativ beschieden worden. Ansonsten habe man bei einer Umfrage an den Hochschulen keine Hinweise auf Unterstützung solcher Fahrten erhalten.

Jusos: „Gehöriges Misstrauen“

Die Jusos sehen die CDU-Anfrage als Versuch, Studenten pauschal zu kriminalisieren, weil sie an Demonstrationen teilnähmen. Tabea Häberle von den Juso-Hochschulgruppen sagte: „In dieser Anfrage schwingt ein gehöriges Misstrauen und ein großes Maß an Vorbehalten gegenüber mündigen Studierenden und ihre Vertretungen mit, die öffentlich ihre politische Meinung kommunizieren und ihr Bürgerrecht wahrnehmen.“

Der Grünen-Innenexperte Uli Sckerl unterstrich die Bedeutung des Versammlungsrechts als elementares Grundrecht. Zur Aufklärung der anlässlich des G 20 Gipfels begangenen Straftaten gehöre auch, etwaige Tatbeteiligte aus Baden-Württemberg zu ermitteln. „Es kann aber nicht darum gehen festzustellen, wer insgesamt aus Baden-Württemberg an den friedlichen Demonstrationen in Hamburg teilgenommen oder diese Fahrten organisiert hat.“

Blenke verteidigte die Fragen: „Es ist Fakt, dass sich linksextremistische Strukturen im universitären Umfeld bilden.“ Als Beispiel nannte er die inzwischen verbotene linksextremistische Internetplattform „linksunten.indymedia.org“. Sie war teils von Freiburg aus betrieben worden.

Aus Sicht des Landesdatenschutzbeauftragten Stefan Brink ist die Frage nach der Zahl der Studenten datenschutzrechtlich nicht zu beanstanden, weil damit keine Hinweise auf deren Identität verbunden wären. Allerdings sei die Frage kurios, weil sie unterstelle, das Land verfüge über Kenntnisse zur Reisetätigkeit von Studenten. „Wenn dem so wäre, dann hätten wir ein datenschutzrechtliches Problem.“

Wenige Tage nach den Krawallen in Hamburg war die AfD im Landtag mit ihrem Antrag für einen Untersuchungsausschuss zum Linksextremismus in Baden-Württemberg gescheitert. Grüne, CDU, SPD und FDP stimmten dagegen. Blenke sagte, die CDU-Anfrage, die auch Prävention und Strafverfolgung beleuchten soll, erfolge völlig unabhängig davon.