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Im Südwesten wurden im Jahr 2016 etwa 107 500 Kinder geboren - 7 200 mehr als im Jahr davor. Die meisten Kinder bekommen in Baden-Württemberg Frauen aus dem Alb-Donau-Kreis (1,80).

Stuttgart (dpa/lsw)Wegen Zuwanderung und besserer Kinderbetreuung sind im Südwesten im Jahr 2016 etwa 107 500 Kinder geboren worden, 7200 mehr als im Jahr davor. Wie das Statistische Landesamt am Donnerstag mitteilte, stieg die Anzahl der Geburten im fünften Jahr in Folge. Dies liegt auch an der durchschnittlichen Geburtenzahl, hieß es. Diese sei mit 1,59 Kindern pro Frau ebenfalls so hoch wie zuletzt 1973. Für eine Bestandserhaltung der aktuellen Bevölkerung reicht der Wert jedoch nicht. Dazu müsste jede Frau im Schnitt 2,1 Kinder bekommen, wie aus der Mitteilung hervorgeht.

Durchschnittlich die meisten Kinder bekommen in Baden-Württemberg Frauen aus dem Alb-Donau-Kreis (1,80). Dahinter liegen die Kreise Rottweil (1,78) und Tuttlingen (1,77). Schlusslicht sind Freiburg (1,36) und Heidelberg (1,20).

HINTERGRUND: Babyboom im Südwesten

Warum steigt die Zahl der Geburten in Baden-Württemberg?

Die Statistiker nennen drei Gründe: Eine Ursache sehen sie erstens in der gestiegenen Zuwanderung. Zweitens bekommen die Kinder der sogenannten Babyboomer, also der geburtenstarken Jahrgänge der 1960er-Jahre, jetzt selbst Kinder. Drittens ist auch die Geburtenrate gestiegen. Sie sagt aus, wie viele Kinder eine Frau im Schnitt zur Welt bringt. Im Jahr 2016 lag sie bei 1,59 Kindern - und damit so hoch wie zuletzt 1973.

Die Statistiker vermuten, dass Frauen auch deshalb wieder mehr Kinder bekommen, weil sich die Kinderbetreuung gebessert hat. Dadurch lassen sich Familie und Beruf leichter vereinbaren. Eltern nutzen zunehmend mehr Betreuungsangebote für kleine Kinder unter drei Jahren. Die Betreuungsquote hat sich nach Angaben der Statistiker seit 2006 mehr als verdreifacht und lag 2016 bei 27,7 Prozent. Auch die gute wirtschaftliche Situation und die geringe Arbeitslosigkeit im Land tragen demnach dazu bei, dass sich Paare eher für Kinder entscheiden.

Wächst die Bevölkerung also?

Zuletzt sah es ganz danach aus. Nach jüngsten Zahlen aus dem Jahr 2016 wurden in Baden-Württemberg mehr Menschen geboren als Menschen gestorben sind - zum ersten Mal seit 2005. «Mittelfristig wird die Zahl der Sterbefälle aufgrund der Altersstruktur aber wieder höher liegen», sagt Statistiker Werner Brachat-Schwarz. Um das sogenannte Geburtendefizit auszugleichen, müssten Frauen im Schnitt 2,1 Kinder bekommen. Zuletzt war das im Jahr 1970 der Fall. Deutschlandweit gab es auch 2016 ein Geburtendefizit. Die Differenz zwischen Sterbefällen und Geburten lag bei 118 000.

Welche Rolle spielt die Zuwanderung?

Ohne Zuwanderung würde die Bevölkerung schrumpfen. Nach Angaben der Statistiker sind 2015 rund 170 000 Menschen mehr nach Baden-Württemberg gezogen, als weggegangen sind. Vor allem aus dem Ausland zog es Menschen in diesem Jahr bedingt durch die Flüchtlingskrise in den Südwesten. Rund 36 000 Menschen allein aus Syrien suchten hier Schutz. Mit der Zuwanderung stieg auch die Zahl der Frauen im gebärfähigen Alter.

Welche Unterschiede gibt es zwischen Stadt und Land?

Auf dem Land bekommen Frauen im Schnitt mehr Kinder als in den Städten. Die meisten Kinder bekamen 2016 Frauen aus dem Alb-Donau-Kreis (1,80). Die Schlusslichter bilden Stuttgart (1,38), Freiburg (1,36) und Heidelberg (1,20). Die regionalen Unterschiede haben vielfältige Gründe: In Universitätsstädten wie Heidelberg kann man die niedrige Zahl den Statistikern zufolge darauf zurückführen, dass dort vor allem viele junge Frauen leben. Für sie stehen das Studium und der Berufseinstieg vor der Familiengründung im Vordergrund.

Günstig für die städtischen Regionen wirkt sich Brachat-Schwarz zufolge aber aus, dass dort mehr ausländische Frauen leben, die im Schnitt öfter Kinder bekommen. Im Jahr 2016 waren es 2,03 Kinder - deutlich mehr als der Durchschnitt im Südwesten. «Ohne sie würden die Städte in der Statistik noch schlechter abschneiden.»