Fahrradplätze und Dachbegrünungen sind Pflicht in der Landesbauordnung, wenn Häuser in einer Betonwüste entstehen. Das will die CDU kippen. Foto: Jens Kalaene/dpa

Wie lässt sich günstiger Wohnraum schaffen? Die CDU will die Pflicht zur Schaffung von Fahrradstellplätzen und Fassadengrün streichen. Die Grünen sind dagegen.

Stuttgart (dpa/lsw) - Der koalitionsinterne Streit um die geplante Reform der Landesbauordnung verschärft sich. Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) legte einen Gesetzesentwurf vor, der aber im Verkehrsministerium und im Umweltministerium, die beide von den Grünen geführt werden, auf Ablehnung stößt. Die drei beteiligten Ressorts bestätigten am Mittwoch einen Bericht der «Stuttgarter Zeitung». Das Wirtschaftsministerium will unter anderem die Pflicht zur Fassaden- und Dachbegrünung und zur Schaffung von Fahrrad-Abstellplätzen kippen, um das Bauen billiger zu machen. Die Grünen wollen das nicht mittragen. Aus ihrer Sicht sind Begrünungen und Fahrradstellplätze beim Bauen keine großen Kostentreiber.

Die umstrittenen Regelungen waren noch zur Zeit der grün-roten Landesregierung eingeführt worden. Die Begrünungspflicht gilt für Fassaden von Häusern, die in einer Betonwüste ohne einen Baum, Busch oder Rasenfläche gebaut wurden. Ein Sprecher von Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) sagte, wenn diese Pflicht gestrichen werde, entstehe kein einziges Haus zusätzlich in Baden-Württemberg. Die Preistreiber im Bau lägen ganz woanders – etwa bei den hohen Grundstückspreisen. Ein Sprecher von Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) äußerte sich ähnlich. «Den sehr teuren Tiefgaragenplatz zieht niemand in Zweifel. Aber die Pflicht zum Fahrradstellplatz wird zum Politikum», sagte er.

53 Euro pro Quadratmeter Dachgrün

Hoffmeister-Kraut hat ihren Gesetzentwurf mit Zahlen unterlegt. Die Wohnungswirtschaft gehe davon aus, dass eine Fassadenbegrünung durchschnittlich 24 Euro je Quadratmeter und eine Dachbegrünung etwa 53 Euro je Quadratmeter koste. Die Kosten für einen Quadratmeter Fahrradstellplatz würden mit mehr als 1500 Euro angegeben. Bei zwei Stellplätzen pro Wohnung gebe es einen Bedarf von vier Quadratmetern (insgesamt also 6000 Euro). «Der Markt wird im Regelfall dafür sorgen, dass eine bedarfsgerechte Ausstattung auch mit Fahrrad-Abstellmöglichkeiten geschaffen wird, da sonst der Wert der Wohnimmobilie leiden würde», heißt es in dem Gesetzentwurf.

Die Grünen stoßen sich nicht nur am Inhalt des Entwurfs, sondern auch an der Art und Weise der Abstimmung. «Es hat im Vorfeld überhaupt keine fachliche Abstimmung über den Entwurf gegeben. Das Wirtschaftsministerium versucht jetzt, mit CDU-Maximalpositionen durchzukommen», sagte Hermanns Sprecher. «Das wird es zumindest mit dem Verkehrsministerium nicht geben.»

Empfehlungen der Wohnraum-Allianz

Hingegen verweist das Wirtschaftsministerium darauf, es habe sich sehr um einen Kompromiss bemüht - es habe durchaus Abstimmungsversuche gegeben. Die Grünen hätten aber Kompromissvorschläge abgelehnt. Daher seien im Gesetzentwurf nun die Empfehlungen der Wohnraum-Allianz enthalten. In der vom Land geleiteten Wohnraum-Allianz hatten sich Experten mit dem Wohnraummangel im Südwesten und möglichen Gegenmaßnahmen beschäftigt.

Sollten die Ressorts sich nicht einig werden, wird das Thema wohl im Koalitionsausschuss entschieden werden müssen. In dem Gremium sitzen Spitzenvertreter von Grünen und CDU, um Konflikte zu lösen.

SPD-Wohnungsbauexperte Daniel Born sagte: «Dieses grün-schwarze Gezänk um die Landesbauordnung wird immer mehr zur Farce.» Es müsse endlich wieder das Thema mehr bezahlbarer Wohnraum für Familien an erster Stelle stehen. FDP-Landtagsfraktionschef Hans-Ulrich Rülke sieht die Schuld für die Hängepartie vor allem bei den Grünen. Es sei angesichts des Wohnungsmangels in Baden-Württemberg grob fahrlässig, an grüner Ideologie beim Wohnungsbau festzuhalten.