Michael Theurer, Landesvorsitzender der FDP Baden-Württemberg, spricht beim Landesparteitag der FDP Baden-Württemberg in Heilbronn. Foto: dpa

Beim FDP-Parteitag in Heilbronn teilt Landeschef Theurer ordentlich aus. Einstecken müssen die Grünen, die CDU - und sogar das Elektroauto.

Heilbronn (dpa/lsw) Die FDP muss aus Sicht von Landeschef Michael Theurer in der Klimapolitik deutlich sichtbarer werden. «Wir dringen damit noch nicht genug durch», räumte Theurer am Samstag beim Landesparteitag vor 400 Delegierten in Heilbronn ein. Es sei zwar nicht Aufgabe der FDP, grüner zu werden als die Grünen. Aber die Menschen seien in Sorge und erwarteten eine Antwort von der FDP. Theuer kritisierte die große Koalition in Berlin, die grün-schwarze Landesregierung - und warnte vor einer einseitigen Förderung von batteriebetriebenen Elektroautos. Theurer wurde im Amt bestätigt.

«Wir haben das Thema selber nicht genügend in den Vordergrund gerückt», sagte Theurer zum Klimaschutz. Die schwedische Klimaschutzaktivistin Greta Thunberg sei eine beeindruckende, junge Frau. Er finde gut, wenn junge Menschen auf die Straße gingen und für ihre Überzeugungen kämpften. Die Bundesregierung sei verantwortlich, dass etwa die Pariser Klimaziele verfehlt würden.

«Wir haben eine klimapolitische Verantwortung - aber wir werden uns nicht einlassen auf einen Irrweg des nationalen Alleingangs.» Das führe zur Deindustrialisierung. Es dürfe keinen Staatsdirigismus und keine Planwirtschaft geben. Klimaschutz und individuelle Freiheit müssten in Einklang gebracht werden. Klimaschutz gehe nur mit Innovation und Technologie. «Friday for Future ist gut, aber wir brauchen Freiheit for Future.» Er warb dafür, den CO2-Emissionshandel für die Bereiche Verkehr und Wärme auszuweiten.

Theurer warnte mit Blick auf die Entwicklung klimafreundlicher Antriebe eindringlich vor einer einseitigen Konzentration auf batteriebetriebene Elektroautos. Die politischen Entscheidungsträger hätten die Weichen einseitig auf die Elektromobilität gestellt. Stattdessen müsse man stärker auf die Brennstoffzelle setzen, um den Strukturwandel zu bewältigen. «Baden-Württemberg muss Wasserstoffland Nr. 1 werden.» Bundes- und Landesregierung müssten dafür sorgen, dass die Steuermilliarden für diese Technologie endlich wirksam würden. Theurer warnte davor, die deutsche Technologieführerschaft in dem Bereich zu verlieren. «Wir laufen Gefahr, dass die Japaner und die Chinesen uns den Rang ablaufen.»

Theurer ist seit 2013 Vorsitzender der baden-württembergischen Liberalen. Die FDP sieht Baden-Württemberg als ihr Stammland an. Der 52 Jahre alte Liberale wurde in Heilbronn mit 89,2 Prozent im Amt bestätigt. 323 Delegierte stimmten für Theurer, 21 gegen ihn. Es gab 18 Enthaltungen. Theurer ist seit 2017 Mitglied im Bundestag und stellvertretender FDP-Bundestagsfraktionsvorsitzender. Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke (87,7 Prozent), Gabriele Heise (88,1) und Pascal Kober (88,4) wurden als Theurers Stellvertreter bestätigt. Der Bundestagsabgeordnete Michael Link (96,5) bleibt Landesschatzmeister, Judith Skudelny (80,8) bleibt Generalsekretärin.

Theurer kritisierte auf dem Parteitag auch die grün-schwarze Landesregierung. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sei ein gut beratener «Zeitgeistsurfer», dessen präsidiale Amtsführung aber überdecke, dass grüne Ideologen wie Verkehrsminister Winfried Hermann dirigistische Politik im Südwesten machten. Die FDP müsse so stark werden, damit sie mit ihrer Verhandlungsmacht Themen setzen könne, um die Wirtschaft zu entlasten und den Bürgern mehr Freiraum zu schaffen. Wenn man das durchzusetzen könne, dann sei man bereit, wieder Verantwortung in der Regierung zu übernehmen.

Den Christdemokraten warf er eine wirtschaftsfeindliche Politik vor. Theurer sprach von einer «Gewinnwarnung für Deutschland». Wer die Belastungsfähigkeit der Wirtschaft weiter teste, könnte sich in einem wirtschaftlichen Abschwung wiederfinden. «Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, einer drohenden Rezession entgegenzuwirken.» Der Mittelstand müsse entlastet werden. Die FDP habe Gesetzesentwürfe in den Bundestag und den Landtag eingebracht, die von allen anderen Parteien abgelehnt worden seien - auch von der Union, die gern in Sonntagsreden das Wort Mittelstand und Wirtschaft im Mund führe, «aber in der Praxis eine wirtschaftsfeindliche Politik macht».