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Der Vorsitzende des NSU-Ausschusses, Wolfgang Drexler, zum Urteil gegen Beate Zschäpe und ihre Mittäter.

Stuttgart/Esslingen (dpa/lsw)

Der Vorsitzende des NSU-Ausschusses des Stuttgarter Landtags, Wolfgang Drexler (SPD), sieht die Arbeit des Gremiums als wichtigen Beitrag zur Aufklärung des Komplexes. Viele Aspekte, die in dem Prozess in München nicht oder nur am Rande thematisiert wurden, seien in verschiedenen Untersuchungsausschüssen aufgearbeitet worden, sagte Drexler am Mittwoch als Reaktion auf das Urteil des Oberlandesgerichts im NSU-Prozess.

Mit dem Schuldspruch gegen die Angeklagten lege der Strafsenat nach einem äußerst aufwendigen Verfahren den Beweis vor, dass der rechtsextreme NSU für die über Jahre andauernde rassistische Mordserie sowie den Anschlag auf zwei Polizisten im April 2007 in Heilbronn verantwortlich sei. Dabei wurde die Polizistin Michèle Kiesewetter erschossen und ihr Kollege schwer verletzt.

Drexler sagte, der Untersuchungsausschuss sei der Frage nach Verbindungen des «Nationalsozialistischen Untergrunds» (NSU) im Südwesten nachgegangen. Besonders auffällig seien die Größe und die Vernetzung der rechten Szene in Baden-Württemberg gewesen, die Rolle der rechten Musik und der Umstand, dass man bis zu 30 Besuche von Mitgliedern des NSU-Trios hier im Land feststellen konnte.

Drexler sagte den «Stuttgarter Nachrichten» und der «Stuttgarter Zeitung» (Donnerstag): «Wir müssen eingestehen, dass wir vieles noch nicht wissen. Es spricht einiges dafür, dass es Helfer gegeben haben muss. Man denke nur an die Auswahl der Ziele und Opfer, so wie in Heilbronn.» Bisher jedoch habe man in beiden Untersuchungsausschüssen des Landtags keine Helferstruktur gefunden.

Das Oberlandesgericht München hatte die Hauptangeklagte Beate Zschäpe zuvor wegen zehnfachen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt, ihre Mitangeklagten zu mehrjährigen Haftstrafen. Drexler betonte, Hinweise auf eine unmittelbare Tatbeteiligung von Zschäpe oder ihre Anwesenheit am Tattag in Heilbronn habe der Ausschuss nicht gefunden.

Zschäpe hatte fast 14 Jahre lang mit ihren Freunden Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt im Untergrund gelebt. In dieser Zeit ermordeten die Männer neun Gewerbetreibende türkischer oder griechischer Herkunft und Kiesewetter, zudem verübten sie zwei Bombenanschläge in Köln mit Dutzenden Verletzten.

Der Polizeipräsident von Heilbronn, Hans Becker, sieht das Urteil als einen weiteren wichtigen Schritt, um das Geschehen besser verarbeiten zu können. Er sei vor allem froh, dass mit dem Urteil ein mehr als fünf Jahre dauerndes Gerichtsverfahren sein Ende gefunden habe, sagte Becker. «Ich kann mir denken, dass dies auch für alle Angehörigen der Opfer gilt.»

Auch Innenminister Thomas Strobl (CDU) sieht das Urteil als wichtigen Baustein der NSU-Aufarbeitung an. «Die Wucht der Wahrheit und die beschämende Dimension, die damit einherging, konnte sich wohl niemand vorstellen», sagte Strobl der «Heilbronner Stimme» (Donnerstag). «Die Blutspur, die dieser nationalsozialistische Terror durch Deutschland gezogen hat, ist von unmenschlicher Grausamkeit geprägt.»

Das Oberlandesgericht München hatte die Hauptangeklagte Beate Zschäpe zuvor wegen zehnfachen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt, ihre Mitangeklagten zu mehrjährigen Haftstrafen.