Fundort der Leiche. Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Von Stephen Wolf

Mannheim - Was in dem jungen Mann während der Urteilsverkündung gestern in Mannheim genau vorgeht - es bleibt sein Geheimnis. Als Richter Ulrich Meinerzhagen sagt, es gebe keine Zweifel, dass der 26 Jahre alte Germanistik-Student seiner Nachbarin mit roher Gewalt den Schädel eingeschlagen und sie dann in den Neckar bei Mannheim geworfen hat, bleibt der Angeklagte ruhig. Fast wirkt er erleichtert. Das Motiv für die brutale Tat Ende des vergangenen Jahres ist aber kaum nachvollziehbar. Richter Meinerzhagen weist darauf hin, dass die fehlenden Gründe den „Grenzen der Wahrheitsfeststellung“ geschuldet seien. Dennoch, nach Auswertung sämtlicher Indizien - DNA-Spuren des Angeklagten wurden am Tatort und an Beweisstücken gesichert - sieht es das Gericht als erwiesen an, dass er das 31 Jahre alte Opfer in der Nacht zum 30. Dezember an einem Mannheimer Neckarufer erst mit einem Messer attackiert und dann mit einem Stein schwer verletzt hat. Die Frau, die man am Rhein in Südhessen fand, stirbt durch Ertrinken.

Täter und Opfer kannten sich flüchtig, grüßten sich im Treppenhaus. Auch hatte sich der Angeklagte das Rad der Frau geliehen. Von einer tieferen Beziehung zwischen den Nachbarn ist nichts bekannt. Dann kam der 30. Dezember 2015; ein Spaziergänger findet die Mütze der Frau. Blutverschmiert. Die Polizei nimmt Ermittlungen auf. Der sinnlose Tod der heroinabhängigen Frau wirkt besonders tragisch, da sie Drogen entsagt und ein Programm zur Substituierung verfolgt hatte. Der Arzt, der sie betreute, sagt in seiner Zeugenaussage, ihr sei „es so gut gegangen, wie nie zuvor“. Auch wenn es Parallelen zwischen Opfer und Täter gebe - etwa Erfahrungen mit Drogen -, daraus ein Motiv herzuleiten sei spekulativ, führt der Richter aus. Der Angeklagte sorgt während des Verfahrens immer wieder für Überraschungen. So hält er sich am ersten Tag einen Aktenordner vor das Gesicht, auf dem das Wort „unschuldig“ steht. Er sagt, er habe keinen Grund gehabt, die Frau zu töten. Auch während der Plädoyers vergangene Woche benimmt sich der Student, der vor einigen Jahren aus dem hessischen Dieburg nach Mannheim gezogen war, auffällig. So bewegt er den Kopf rhythmisch vor und zurück, die Körpersprache ist von Anspannung und Ablehnung gekennzeichnet. Dem Angeklagten, so der Richter, sei eine „narzisstische Persönlichkeit“ zuzuschreiben, dies sei aber keine psychische Krankheit. Deswegen muss der Student für elf Jahre hinter Gitter.