Ein Kamerateam filmt am 19.11.2016 vor der Stadthalle in Kehl (Baden-Württemberg) beim Landesparteitag der AfD Baden-Württemberg. Die AfD hat erstmals Medienvertreter von einem Parteitag ausgeschlossen. Foto: dpa - dpa

Stuttgart (lsw)- Die baden-württembergische AfD erwägt bei ihrem Parteitag Ende Januar in Nürtingen erneut einen Ausschluss von Journalisten. Im Vorstand und in der Partei insgesamt gehe die Stimmung in diese Richtung, sagte AfD-Landessprecher Lothar Maier. Die anderen im Landtag vertretenen Parteien verurteilten die Pläne scharf und werteten sie als Angriff auf die Pressefreiheit.

Bereits beim Parteitag im November in Kehl, bei dem die Partei begonnen hatte, ihre Kandidaten für die Bundestagswahl aufzustellen, waren die Medien ausgeschlossen und lediglich zu einer Pressekonferenz geladen worden - zuletzt mit dem Hinweis auf beengte räumliche Verhältnisse in der Stadthalle Kehl.

Uli Sckerl, parlamentarischer Geschäftsführer der Landtags-Grünen, findet die Haltung der AfD-Spitze absurd: „Die Partei verhindert, dass die Bürger sich ein Bild machen können von den Personen, die sie vertreten wollen.“ Die AfD verstoße damit gegen das demokratische Grundprinzip der Transparenz.

SPD: Krasses Armutszeugnis

Aus Sicht der SPD im Landtag wäre ein Ausschluss der Öffentlichkeit ein krasses Armutszeugnis. „Unsere Medien sind unabhängig und haben das Recht auf eine kritische Berichterstattung“, betonte Fraktionschef Andreas Stoch. Die AfD müsse noch lernen, dass es Aufgabe der Medien in einer Demokratie sei, für eine öffentliche Meinungsbildung zu sorgen. Dies gelte erst recht für einen Parteitag, bei dem die AfD Listenplätze für Kandidaten vergebe, die ein Mandat im Bundestag anstreben. FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke sagte: „Wer die Pressefreiheit abschaffen will, der will am Ende auch die Demokratie abschaffen.“ Einmal mehr beweise die AfD, dass sie mit Demokratie und der Meinungsfreiheit nichts am Hut habe.

Nach Ansicht des Stuttgarter Politikwissenschaftlers Frank Brettschneider akzeptiert die AfD die Presse nicht als Kontrollinstanz für Politik. „Während die AfD von anderen immer Transparenz fordert, ist sie selbst nicht bereit, diese Transparenz herzustellen“, resümierte er. Viele AfD-Anhänger finden Brettschneider zufolge das Verhalten der Partei nicht anstößig. Durch Wiederholung der „Lügenpresse“-Vorwürfe sähen sie in den Massenmedien einen Gegner. Wenn die AfD diese ausschließe, sei das aus ihrer Sicht logisch.

„Nicht die beste Figur gemacht“

Landeschef Maier, der selbst für den Ausschluss der Presse ist, sagte: „Das ist keine leichte Entscheidung - für niemanden.“ Er fürchte aber, dass Äußerungen rhetorisch schwacher Mitglieder aus dem Zusammenhang gerissen und breit gestreut würden. So hatte er anfangs auch vor dem Parteitag in Kehl argumentiert. Auf die Frage, ob die Befürchtung gerechtfertigt gewesen sei, sagte er: „Es gab schon den einen oder anderen, der als Redner nicht die beste Figur machte.“

Die Partei habe ein Rechtsgutachten eingeholt. Demzufolge könne die AfD die Presse ausschließen, ohne gegen das Recht zu verstoßen, sagte Maier, der die AfD im Land zusammen mit dem Landtagsabgeordneten Bernd Grimmer führt. Maier verwies darauf, dass auch andere Parteien Medien ausgeschlossen hätten. Er nannte einen kleinen Parteitag der SPD zum umstrittenen Freihandelsabkommen Ceta im November vergangenen Jahres. Damals hatte der Konvent hinter verschlossenen Türen getagt.

Die AfD war in Kehl mit der Aufstellung ihrer Kandidaten nur bis zum Listenplatz acht gelangt. Die übrigen 30 Kandidaten sollen nun bestimmt werden. In Kehl war Bundesvorstandsmitglied Alice Weidel zur baden-württembergischen AfD-Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl gekürt worden.