Stuttgart (lsw) - „Superfood“ trägt einem Bericht des Landes zufolge die Bezeichnungen „Öko“ oder „Bio“ häufig zu unrecht. Wegen teils deutlich überhöhter Rückstände etwa von Pflanzenschutzmitteln seien solche Aufschriften und Siegel bei jeder dritten Probe irreführend gewesen, sagte Agrarminister Peter Hauk (CDU) gestern in Stuttgart.

Abgesehen von den Mängeln beim „Superfood“ hätten sich Öko-Lebensmittel das Vertrauen der Verbraucher einmal mehr verdient, so Hauk. Die Beanstandungsquote bei frischem Gemüse oder Obst lag demnach wie im Vorjahr bei 1,1 Prozent. Bei verarbeiteten Erzeugnissen hingegen lag sie fünf Mal so hoch bei 5,5 Prozent. Rückstände von chemischen Pflanzenschutzmitteln wurden etwa in einer Probe Hülsenfrüchte gefunden, in Tee - vor allem aber in Nahrungsergänzungsmitteln, dem sogenannten Superfood. „Irreführend“ sei dort das Siegel „Öko“. Nach ersten Hinweisen im Jahr zuvor, nahmen Experten der Chemischen- und Veterinäruntersuchungsämter „Superfood“, dem Gesundheitsvorteile zugeschrieben werden, besonders unter die Lupe. 18 Proben Moringa, Chia, Weizengras, Gerstengras und Goji wurden untersucht. Zwei von drei Proben enthielten trotz der Bezeichnung „Öko“ oder „Bio“ auf der Packung teils deutliche Rückstände von Pflanzenschutzmitteln.

Der Anteil an beanstandeten Proben ist beim „Superfood“ nach Angaben der Lebensmittelüberwachung mit 46 Prozent auffallend hoch. „Superfood“ fiel auch durch besonders viele Kennzeichnungsverstöße von 86 Prozent auf. Referatsleiterin Petra Mock sagte: „Die Untersuchungsergebnisse zeigen, dass die Kennzeichnung und Bewerbung von Nahrungsergänzungsmitteln in großem Umfang, gerade auch im Internet, unzutreffend sind.“

Öko-Agrarfläche wird stetig größer

Schlicht mit „Nö“ antwortete Hauk auf die Frage, ob er selbst „Superfood“ esse. Er greife lieber zu regionalen Produkten. Der Trend zu Bio-Lebensmitteln halte an, sagte der Minister. So sei der Umsatz von Bio-Ware 2016 deutschlandweit um fast zehn Prozent auf 9,5 Milliarden Euro gestiegen. Im vergangenen Jahr hat sich der Gesamtumsatz der von den Marktforschern erfassten „Superfood“-Artikeln von 25 Millionen Euro auf 46 Millionen Euro nahezu verdoppelt. Die ökologisch bewirtschaftete Fläche wird indes größer. Im Südwesten sind es 10,6 Prozent der Agrarfläche. Knapp 3800 Betriebe arbeiten nach Öko-Grundsätzen. Die Verbraucher legten Wert auf Rückstandsfreiheit, so Hauk. „Sie sollen darauf vertrauen können, dass der höhere Preis von Öko-Produkten gerechtfertigt ist.“

Chia-Samen, Quinoa und Co.

Chia-Samen, Amaranth, Quinoa und Matcha-Teepulver: Unter dem Label „Superfood“ boomen Lebensmittel mit angeblichen Gesundheitsvorteilen. Beispielsweise der Verkauf von Chia-Samen schnellte zuletzt nach oben. Auch die Nachfrage nach Kokos- und Mandelmehl oder grünem Matcha-Tee steigt, ebenso wie der Absatz von Amaranth, der geschmacklich an Hirse erinnert. Zu den Favoriten der Kunden gehört auch die Anden-Pflanze Quinoa. Zu den Neuentdeckungen der Szene zählt die Frucht des afrikanischen Affenbrotbaums Baobab.

Auch Discounter haben die Trend-Produkte mittlerweile in ihr Sortiment aufgenommen. Nach Angaben von Experten wird „Superfood“ vor allem von Frauen gekauft. Die Gesundheitswirkung ist aber umstritten. Gute Inhaltsstoffe könnten Verbraucher auch in heimischen Produkten wie Beeren, frischen Kräutern oder Kohl finden, sagt etwa Angela Clausen, Ernährungswissenschaftlerin von der Verbraucherzentale Nordrhein-Westfalen.