Der Salemer Pfleghof in Esslingen war 160 Jahre lang ein Gefängnis. 1963 wird es geschlossen. Foto: Archivfoto:Bulgrin - Archivfoto:Bulgrin

Um eine Katastrophe zu vermeiden, suchen Ost und West den Dialog im Jahr 1963. Doch eine schockierende Nachricht am 22. November bringt alles ins Wanken. In Esslingen gibt es Änderungen im Salemer Pfleghof.

EsslingenDie deutsch-französische Aussöhnung macht im Jahr 1963 große Schritte nach vorne. Der französische Staatspräsident Charles de Gaulle und Bundeskanzler Konrad Adenauer schließen im Januar in Paris den Elysée-Vertrag, eine grundlegende Vereinbarung über die politische, wirtschaftliche und kulturelle Zusammenarbeit. Im Juli wird das deutsch-französische Jugendwerk gegründet.

Die gefährliche Zuspitzung während der Kuba-Krise vor Augen richten die USA und die UdSSR eine direkte Kommunikationsverbindung, den sogenannten „heißen Draht“ zwischen dem US-Präsidenten und dem sowjetischen Regierungschef ein. Die Bundesrepublik und Polen schließen ein Handelsabkommen. Der SPD-Politiker Egon Bahr formuliert für die deutsche Ostpolitik den Begriff „Wandel durch Annäherung“.

Der amerikanische Präsident John F. Kennedy besucht im Juni die Bundesrepublik und West-Berlin. Dort bekräftigt er die alliierten Garantien für die Freiheit West-Berlins und beendet seine Rede mit „Ich bin ein Berliner“. Mit den Freiheitsrechten für alle Menschen halten es die USA im eigenen Land freilich anders. Der Geistliche Martin Luther King kämpft gegen die Ungleichbehandlung Schwarzer und organisiert einen Protestmarsch nach Washington. 200 000 Menschen schließen sich an, protestieren gegen die Politik der Rassentrennung und fordern Bürgerrechte ein.

Im Oktober endet eine deutsche Nachkriegs-Ära. Bundeskanzler Konrad Adenauer tritt nach 14 Jahren im Amt zurück. Zu seinem Nachfolger wird der CDU-Politiker und bisherige Wirtschaftsminister Ludwig Erhard gewählt. Zum Jahresende hin bringt dies auch Bewegung in das deutsch-deutsche Verhältnis. Der DDR-Staatsratsvorsitzende Walter Ulbricht wünscht neue Verhandlungen mit der Bundesregierung, zwischen der DDR und West-Berlin wird ein Passierscheinabkommen vereinbart.

Am 22. November wird der amerikanische Präsident John F. Kennedy bei einer Fahrt durch Dallas in Texas ermordet. Kurz danach wird Lee Harvey Oswald der Tat beschuldigt und festgenommen. Oswald wird jedoch zwei Tage später selbst erschossen. Die Fragen nach dem wahren Täter, den Motiven und den Hintermännern bleiben ungelöst. Kennedys Nachfolger wird der bisherige Vizepräsident Lyndon B. Johnson.

Sorge um politische Stabilität

Die Eßlinger Zeitung befürchtet, dass mit dem Tod Kennedys, „dessen Verhältnis zu den Problemen unserer Zeit mit ihren ungelösten Spannungen und Gefährdungen viel von der abwägenden Skepsis eines Hamlet zu eigen hatte“, Störungen der fragilen weltpolitischen Verhältnisse verbunden sein werden. „Zu sehr ist das außenpolitische Geschehen der Vereinigten Staaten von innerpolitischen Einflüssen bestimmt“, die Bundesrepublik sei jedoch „auf eine starke und stabile Führung in Washington angewiesen“.

In Esslingen geht ein 160 Jahre währendes Kapitel Stadtgeschichte zu Ende, das Amtsgerichtsgefängnis im Salemer Pfleghof wird geschlossen. In einem längeren Artikel erinnert die Eßlinger Zeitung an die Geschichte des Gebäudes. Der „Kriminal“ genannte mittelalterliche Pfleghof war im Jahr 1803 zum Gefängnis umfunktioniert worden, zeitweise wurden im Innenhof Todesurteile vollstreckt. „Der letzte Armesünder wurde hier 1866 enthauptet“, erinnert die Zeitung.