Soldaten beziehen 1916 eine neu errichtete Kaserne in Hohenkreuz Foto: Stadtarchiv Esslingen - Stadtarchiv Esslingen

1916 ist Deutschland vom Ersten Weltkrieg gezeichnet. Die Bevölkerung leidet unter Mangel, das Essen wird rationiert. Esslingen wird wieder Garnisonsstadt. Das und mehr in dieser Folge der EZ-Jubiläumsserie.

EsslingenWährend der Krieg im Jahr 1916 an vielen Fronten von der Nordsee über die Alpen und den Balkan bis nach Arabien weitergeht und täglich tausende von Soldaten sterben, ist das Geschehen wesentlich von den großen Schlachten an der Somme und bei Verdun in Frankreich geprägt. Allein dort werden in monatelangen Kämpfen, die zu keinerlei Geländegewinn oder militärischen Vorteilen führen, etwa 700 000 deutsche und französische Soldaten getötet. Auch in der fünf Monate dauernden Schlacht an der Somme gibt es nur Verlierer. Etwa 1,2 Millionen britische, deutsche und französische Soldaten kommen ums Leben oder werden verwundet.

In der Eßlinger Zeitung finden sich keine Nachrichten vom sinnlosen Sterben. Vielmehr sprechen die Berichte von „großer Beute“ und Gefangenen, die deutsche Soldaten machen, österreichischen Truppen „scheint nichts widerstehen zu können“, die deutsche Flotte zeige, „daß sie sich nicht verkriecht, sondern in kühnem Wagemut tüchtig zufaßt“.

Kohlrübenwinter steht bevor

Im Deutschen Reich gärt indes der Widerstand gegen den Krieg. Nicht alle Führungskräfte und Abgeordnete der SPD tragen die Unterstützung ihrer Partei für die Regierung mit. Die innerparteiliche Opposition um Rosa Luxemburg, Franz Mehring und Karl Liebknecht gründet die Gruppe Internationale, es erscheint der erste illegale Spartakusbrief. Liebknecht wird bei einer Anti-Kriegs-Kundgebung in Berlin verhaftet und bald darauf zu vier Jahren Zuchthaus verurteilt. Daraufhin gibt es in Berlin, Braunschweig und Bremen Massenstreiks.

Esslingen wird 1916 nach langer Zeit wieder Militärstandort. Der Baubeschluss für eine Kaserne in Hohenkreuz, „auf sonniger, luftiger Höhe, inmitten einer prächtigen Landschaft“ habe „unter der Einwohnerschaft große Freude“ ausgelöst, schreibt die Eßlinger Zeitung. Wie die Zeitung bei einer Besichtigung der Kaserne und der dortigen Speiseräume feststellt, fehlt es den Soldaten an nichts. „In besonderen riesigen Kesseln wird Kaffee, Fleisch, Gemüse gekocht; ein großer Bratherd läßt ach so selten gewordene Dinge ahnen“, schreibt der Berichterstatter.

Die Bevölkerung leidet nämlich unter Mangel, es droht eine Hungersnot. Zur Sicherstellung der Versorgung wird ein Kriegsernährungsamt gegründet, Fleisch wird auf 250 Gramm pro Person und Woche rationiert. Da Brotgetreide fehlt, wird der Bezug von Kartoffeln auf 750 Gramm pro Tag festgelegt. Bedingt durch den verregneten Herbst reduziert sich die Ernte überdies etwa auf die Hälfte des Vorjahrs. Im Dezember werde alle im Deutschen Reich vorhandenen Kohlrüben beschlagnahmt. Sie werden für die meisten Menschen zum wichtigsten Nahrungsmittel. Der sogenannte Kohlrübenwinter beginnt.

Die Not wird auch in Esslingen greifbar. Im März weist das Stadtschultheißenamt in der Zeitung darauf hin, dass immer öfter Bürger „um weitere Zuweisung von Brotkarten nachsuchen, mit dem Vorbringen, daß ihnen die Brotmarken nicht reichen“. Allerdings müsse aufgrund des Mangels an Mehl darauf aufmerksam gemacht werden, dass „die Einwohner mit der ihnen zugewiesenen Menge auskommen“ müssen. Bei Eiern sieht es sogar ganz schlecht aus. „Nur diejenigen Kriegerfrauen, welche noch keine Gutscheine haben, können solche noch beziehen.“