Nahe Eschede in Niedersachsen entgleist ein ICE. Bei dem seit Jahrzehnten schwersten Bahnunglück in Deutschland sterben 101 Menschen. Foto: dpa - dpa

Bei der EZ-Jubiläumsserie „Zeit in der Zeitung“ geht es dieses Mal um das Jahr 1998. Kohl geht, Schröder kommt. Al Khaida verübt Anschläge. Eine Affäre stürzt Bill Clinton. Und beim Zugunglück von Eschede sterben 101 Passagiere.

EsslingenDie EU legt im Frühjahr 1998 die ersten Teilnehmerstaaten für die Europäische Währungsunion fest, die alle Kriterien für die Einführung des Euro erfüllen. Auch Belgien und Italien, die mehr Schulden als erlaubt haben, werden aufgenommen. Der Bundestag stimmt der Teilnahme zu, Großbritannien, Dänemark und Schweden bleiben abwartend. Damit ist der Weg für die Einführung des Euro zum 1. Januar 1999 frei.

Großbritannien, die Republik Irland und Vertreter der nordirischen Organisationen schließen ein Friedensabkommen und stecken den Rahmen für eine weitgehende Selbstbestimmung Nordirlands. Die nordirischen Politiker John Hume und David Trimble werden für die Beilegung des Konflikts mit dem Friedensnobelpreis geehrt.

Zum ersten Mal macht die Terrororganisation Al Khaida weltweit auf sich aufmerksam. Bei Anschlägen auf die amerikanischen Botschaften in Kenia und Tansania werden 224 Menschen getötet und mehr als 5500 verletzt. Als Drahtzieher wird der saudische Staatsbürger und islamistische Extremist Osama Bin Laden beschuldigt. Die USA fliegen als Vergeltung Bombenangriffe auf Ausbildungslager in Afghanistan. Dort haben die radikal-islamischen Taliban ein Terrorregime installiert.

Im ehemaligen Jugoslawien herrschen weiterhin Spannungen. Die Nato droht den Serben Militäreinsätze an, wenn die westlichen Bedingungen für eine friedliche Lösung des Konflikts um den Status der Provinz Kosovo nicht erfüllt werden. Der Bundestag genehmigt die Teilnahme der Bundeswehr an einem solchen Einsatz.

US-Präsident Bill Clinton sieht sich einem Amtsenthebungsverfahren wegen Meineid, Anstiftung zur Falschaussage, Zeugenbeeinflussung und Behinderung der Justiz gegenüber. Monica Lewinsky, eine frühere Praktikantin im Weißen Haus, hatte ihre Affäre mit Clinton bekannt gemacht. Clinton weist das zunächst mit einer eidesstattlichen Erklärung zurück, muss die Geschichte später aber eingestehen. In Deutschland geht im Herbst die Ära Kohl zu Ende. Bei der Bundestagswahl erreichen die SPD und Grüne die absolute Mehrheit der Mandate. Der niedersächsische Ministerpräsident Gerhard Schröder (SPD) wird Bundeskanzler, Außenminister wird der Grüne Joschka Fischer. Bei Eschede in Niedersachsen kommt es zu einem der schwersten Eisenbahnunfälle seit Jahrzehnten. Ein ICE entgleist bei einer Geschwindigkeit von 200 Stundenkilometern und reißt eine Brücke mit. In den zerstörten Waggons sterben 101 Menschen, etwa 100 weitere Fahrgäste werden verletzt. Als Ursache wird ein gebrochener Radreifen ausgemacht.

Im Sommer stellt das Bundesverfassungsgericht fest, dass die für das Jahr 2005 geplante Rechtschreibreform rechtmäßig ist. Dies hatte zuvor das Land Niedersachsen angezweifelt. Wie die Eßlinger Zeitung berichtet, regt sich auch in Baden-Württemberg Widerstand. Die EZ zitiert einen Stuttgarter, der von einem „Anschlag auf die deutsche Sprache“ spricht. In den Esslinger Schulen überwiegt laut EZ allerdings die Zustimmung. Die neuen Regeln seien „von der Ableitung her logischer“, wird ein Lehrer zitiert.