Der Stern-Journalist Gerd Heidemann präsentiert die angeblichen Tagebücher Adolf Hitlers, die sich bald als Fälschung herausstellen. Foto: Archivfoto: dpa - Archivfoto: dpa

EZ-Jubiläumsserie: 1983 wird ein südkoreanisches Flugzeug wird abgeschossen. Die Grünen ziehen in den Bundestag ein. Und der Stern sitzt den gefälschten Hitler-Tagebüchern auf.

EsslingenIm Januar 1983 setzt Bundeskanzler Helmut Kohl die versprochene Stärkung des deutsch-französischen Verhältnisses um. Der französische Staatspräsident François Mitterrand wird anlässlich des 20-jährigen Bestehens des Freundschaftsvertrags zu einer Rede vor dem Bundestag eingeladen, Kohl reist zu einer Feier nach Paris. Bei den Neuwahlen zum Bundestag im März erreicht die CDU/CSU fast 49 Prozent der Stimmen, die FDP erhält knapp sieben Prozent. Die Grünen erhalten 5,6 Prozent und sind erstmals im Bundestag vertreten.

Internationale Beziehungen, Rüstungspolitik und Friedensbemühungen prägen den Jahresverlauf. Die Grünen erheben neben der Umwelt die Friedensbewegung zu einem ihrer Leitmotive, einige ihrer Abgeordneten nehmen an Friedensdemonstrationen in der DDR und in den USA teil. Rüstungsgegner blockieren das amerikanische Militärdepot in Mutlangen. Dort sollen Pershing-II-Raketen stationiert werden. Im Oktober organisiert die Friedensbewegung zum Zeichen des Protests gegen die Nachrüstung eine 108 Kilometer lange Menschenkette zwischen Neu-Ulm und Stuttgart. Der Bundestag hält dennoch am Nato-Doppelbeschluss fest, im November werden die ersten Pershing-II-Raketen in Mutlangen stationiert.

Die atmosphärischen Störungen zwischen den Großmächten halten an. Offenkundig ohne vorher Kontakt mit westlichen Staaten aufgenommen zu haben, schießt im August ein sowjetisches Militärflugzeug eine südkoreanische Verkehrsmaschine ab, die in den sowjetischen Luftraum eingedrungen ist. 269 Menschen kommen ums Leben. Die Eßlinger Zeitung sieht in einem Kommentar die Machenschaften der „Machthaber im Kreml“ am Werk. „Sie loben die Taten der Friedensbewegung in Westeuropa, aber gleichzeitig schrecken sie nicht davor zurück, unschuldige Menschen umbringen zu lassen.“ Die USA entgehen allerdings diesem Vorwurf. Amerikanische Truppen besetzen im Oktober die Karibik-Insel Grenada, nachdem dort eine sozialistische Regierung gewählt worden ist. Präsident Ronald Reagan begründet die Invasion mit der Behauptung, Kuba und die UdSSR hätten dort einen Umsturz geplant, um die USA zu bedrohen.

Die Bundesrepublik bemüht sich um eine Verbesserung ihrer Beziehungen zum Ostblock. Bundeskanzler Kohl und Außenminister Hans-Dietrich Genscher besuchen die Sowjetunion zu Gesprächen mit Jurij Andropow, dem Nachfolger des verstorbenen Leonid Breschnew. Der bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauß reist in die Tschechoslowakei, nach Polen und in die DDR, wo er Erich Honecker trifft. Das Hamburger Magazin Stern erlebt im Frühjahr ein publizistisches Fiasko und eine immense Beschädigung seines Renommees. Der Stern-Journalist Gerd Heidemann präsentiert Tagebücher Adolf Hitlers, die der Militaria-Händler Konrad Kujau aus Stuttgart in der DDR aufgetrieben haben will. Kujau erhält dafür neun Millionen Mark vom Stern, Heidemann eine Prämie von 1,5 Millionen Mark. Das Magazin beginnt mit dem Abdruck. Wenige Wochen später werden die Tagebücher als Fälschung erkannt, Kujau wird festgenommen und erklärt, die angeblichen Tagebücher selbst geschrieben zu haben. Heidemann wird entlassen.