Die Kollegin bricht regelmäßig in Schimpftiraden aus? Schweigen ist dann die die falsche Strategie. Foto: dpa/Klaus-Dietmar Gabbert - dpa/Klaus-Dietmar Gabbert

Menschen, die bei der kleinsten Kleinigkeit aus der Haut fahren, können ihren Kollegen das Leben schwer machen. Warum aussitzen dann die falsche Strategie ist.

Köln/StuttgartEr flucht aus dem Nichts, ein nettes „Guten Morgen“ kommt ihm nur selten über die Lippen und in Teamrunden und Konferenzen ist er dafür bekannt, eher herumzugranteln als konstruktiv etwas beizutragen. Bittet man ihn um Hilfe, kommt oft ein empörtes „Nein“, gefolgt von einer Schimpftirade. Ruft dann noch überraschend ein Kunde an, ist es vorbei: Das Wut-Fass des Cholerikers läuft endgültig über. Wie können Kollegen mit solchen Charakteren umgehen, ohne sich dabei selbst zu zermürben ?

„Für einen Kollegen ist das anstrengend“, sagt Timo Müller, Leiter des Instituts für Konfliktmanagement und Führungskommunikation (IKUF). Der erste Ansatzpunkt ist, eine Grenze zu ziehen. „Dann verlasse ich zum Beispiel bei einem Wutanfall des Kollegen den Raum“, sagt er. Dabei sollte man dem Betreffenden auch erklären, warum man geht. Im nächsten Schritt sollte man versuchen, sich in sein Gegenüber hineinzuversetzen. „Die Kernstrategie muss sein, sich bewusst zu machen, dass der aufbrausende Kollege sich in dem Moment nicht anders zu helfen weiß“, erklärt Business-Coach Mathias Fischedick. Dieses Bewusstsein helfe dabei, selbst ruhig zu bleiben.

Konsequent auftreten

Im Umgang mit aufbrausenden Kollegen gibt es einige Verhaltensweisen, die nicht weiterhelfen. Wer nie seine Meinung sagt, werde vom cholerischen Gegenüber eher als schwach wahrgenommen, erklärt Konfliktmanagement-Trainer Müller. Daher sei konsequentes Auftreten wichtig. Falsch ist laut Psychologe und Berater Christoph Burger auch, sich kleinzumachen und die Ausraster eines aufbrausenden Kollegen zu erdulden. Aber auch indem man den anderen ächtet oder mobbt, könne man die Situation nicht lösen.

Dagegenzubrüllen oder sarkastische Bemerkungen nach dem Motto „Hast du wieder deine fünf Minuten?“ bringen ebenso wenig, sagt Mathias Fischedick. Auch eine Rechtfertigung bringt unmittelbar in der Situation nichts. Das bedeutet aber nicht, dass man die Wutausbrüche akzeptieren sollte. Für die langfristige Zusammenarbeit mit leicht reizbaren Kollegen oder Vorgesetzten ist es generell wichtig, frühzeitig das Gespräch zu suchen. Allerdings erst, nachdem sich der Kollege wieder beruhigt hat und unter vier Augen, betont Fischedick.

Im Gespräch sollten Beschäftigte ihren Kollegen zum Einstieg zeigen, dass sie versuchen, den anderen zu verstehen. Das kann zum Beispiel mit einer Frage gelingen, wie „Du bist ja gerade ziemlich laut geworden. Warum konntest du nicht ruhig bleiben?“ Danach sollten man deutlich machen, dass man sich dieses aufbrausende Verhalten auf Dauer nicht bieten lassen möchte. Wem es schwerfällt, auf den anderen zuzugehen, der sollte sich eine Wenn-Dann-Situation suchen, um einen Einstieg zu finden. Etwa so: „Wenn wir das nächste Mal zum Essen gehen, spreche ich das an“, sagt Burger.

Konflikt als Chance sehen

Der Coach kann dem Umgang mit aufbrausenden Kollegen sogar etwas Positives abgewinnen. „Viel zu selten sehen wir solche Situationen als Reibung, die Wärme und Verbindung erzeugen kann“, sagt der Coach. Die Chance liege darin, aktiv eine Verbindung zum anderen zu gestalten. Kollegen können so an einen Punkt gelangen, an dem sie sich gegenseitig Schwächen eingestehen und zu einer verbindlicheren Beziehung miteinander finden.

„Wenn man Interesse gezeigt und dann gegenseitiges Verständnis erzeugt hat, kann man eine Vereinbarung schaffen“, erklärt Fischedick. Und dem Kollegen direkt ein paar Vorschläge machen, sollte es doch wieder zu einem Ausraster kommen: Soll ich dich einfach brüllen lassen? Soll ich mich neben dich stellen und so meine Unterstützung zeigen? Soll ich eine Kaffeepause vorschlagen?

Wenn das alles nicht weiterhilft, ist es Zeit, eine weitere Person einzuschalten. Aber auch dann sollten Mitarbeiter ihren wütenden Kollegen immer mit einbeziehen. Timo Müller schlägt folgende Gesprächsstrategie vor: „Ich glaube, wir kommen so nicht weiter. Ich habe dich mehrere Male auf dein Verhalten hingewiesen. “ Zieht man Vorgesetzte ins Vertrauen, sollten Mitarbeiter Müller zufolge möglichst objektiv und genau berichten, welches Verhalten sie bei ihrem wütenden Kollegen stört.

Der Chef kann den aufbrausenden Mitarbeiter dann zum Gespräch bitten, oder ihn zum Coaching schicken. Im schlimmsten Fall endet eine solche Eskalation mit der Kündigung – wenn das rechtlich möglich ist. Handelt es sich bei dem Wüterich um den eigenen Chef, ist die Situation natürlich ungleich komplizierter. Wenn der Kommunikationsweg hier nicht weiterhilft, sei im schlimmsten Fall der einzige Ausweg, selbst die Stelle zu wechseln, sagt Fischedick.