Mit der Umstellung vom Verbrennungs- auf den Elektromotor eröffnen sich neue Perspektiven in der Automobilbranche. Foto: ZB - ZB

Im Bereich Elektromobilität gibt es neue Jobs. Nicht alle haben mit Technik zu tun. Aber eine Anforderung teilen sie: lebenslanges Lernen.

Berlin/FrankfurtEine Million zugelassene E-Fahrzeuge, die über die Straßen gleiten: Bis 2022 soll diese Leitmarke Realität sein – das ist Deutschlands erklärtes Ziel in Sachen Elektromobilität. Festgeschrieben im Fortschrittsbericht der Nationalen Plattform Elektromobilität (NPE), einer 2011 ins Leben gerufenen Initiative von Bundesregierung und Industrie. Rund 100 E-Fahrzeugmodelle von deutschen Herstellern sollen bis 2020 verfügbar sein.

Die Umstellung vom Verbrennungs- zum E-Motor hat Folgen. Laut einer Untersuchung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) drohen langfristig Zehntausende Jobs in der Automobilbranche zu verschwinden – da die Herstellung von E-Autos weniger arbeitsintensiv ist. Gleichzeitig wollen die Automobilindustrie und ihre Zulieferer bis 2020 40 Milliarden Euro in die Weiterentwicklung alternativer Antriebe investieren. So entsteht ein spannendes Feld: „Durch die weitere Verbreitung von Elektromobilität eröffnen sich interessante Jobperspektiven“, sagt Paul Ebsen, Sprecher der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg.

Smarte Bordcomputer, innovative Fahrassistenten oder verlässliche Reichweitenberechnung – die fortschreitende Entwicklung von E-Autos betrifft viele Berufsbereiche. Die Branche sucht für solche Aufgaben zum Beispiel Absolventen aus dem IT-Bereich. Aber auch Juristen, die sich mit Produkthaftung, Patenten und Lizenzen befassen. Oder Autodesigner, die die Innenausstattung der E-Autos entwerfen, werden benötigt. Volkswirtschaftler, Ingenieure, Maschinenbauer und Elektrotechniker sind ebenso gefragt.

Breit gefächerte Anforderungen

„Auch Chemiker haben gute Berufsaussichten“, erklärt Ralf Petri. Er leitet das Kompetenzzentrum Mobility im VDE Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik in Frankfurt. Die Fachleute arbeiten zum Beispiel an der Weiterentwicklung der Li-Ionen-Technologie. Daneben entwickeln sie neue Ladetechnologien weiter und forschen zum Beispiel an Festkörper-Akkus, die künftig größere Reichweiten für E-Fahrzeuge versprechen.

Wer sich als Abiturient für eine Karriere in der Automobilindustrie interessiert, kann sich über Studiengänge etwa in den Bereichen Fahrzeugtechnik, Automotive Management, Maschinenbau oder Verkehrswirtschaft informieren. Laut NPE gab es mit Stand Januar 2017 bereits 16 Studiengänge, die unmittelbar auf Elektromobilität ausgerichtet waren. Von Vorteil kann auch ein duales Studium sein, das aktuelle Erkenntnisse aus der Forschung, aber auch berufliche Praxis vermittelt.

Aus der Sicht von Petri bereitet ein Studium der Elektrotechnik gut auf die Herausforderungen im Bereich der Elektromobilität vor. Auch weil es eine „hohe Systemkompetenz“ vermittle, also die Fähigkeit, über das eigentliche Fachgebiet hinaus zu denken und in interdisziplinären Teams zu kommunizieren. Eine Fertigkeit, die in einer interdisziplinären Branche wie der Automobilindustrie besonders benötigt wird. Genauso wie internationale Kompetenzen: Es bietet sich an, während des Studiums Sprachen zu erlernen und eine Weile im Ausland zu leben. Denn: „Die deutsche Automobilindustrie hat über 2400 Produktionsstandorte weltweit“, sagt Joachim Damasky, Geschäftsführer Technik beim Verband der Automobilindustrie (VDA) in Berlin.

Wer in der Elektromobilität tätig ist, muss sich auf lebenslanges Lernen einstellen. „Es gibt ständig neue Technologietrends, einfach weil noch nicht so viele Produkte am Markt sind und stetig nach Verbesserungen gesucht wird“, erklärt Petri. Daraus entwickele sich eine „tolle Dynamik, die vielleicht in gesetzteren Bereichen so nicht mehr besteht“.

Lebenslanges Lernen

Wer sich gezielt fortbilden oder spezialisieren möchte, kann aus einem breiten Angebot auswählen. Einen ersten Überblick zu Anbietern und dem Spektrum an Weiterbildungen bietet zum Beispiel die Datenbank des Projekts Netzwerk Qualifizierung Elektromobilität (NQuE) vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB). Fortbildungen und Seminare können Fachkräfte etwa beim VDA oder bei den Industrie- und Handelskammern absolvieren.

Nicht nur Akademiker haben in der Elektromobilität exzellente Berufsaussichten. „Gefragt sind auch Absolventen industrieller elektrotechnischer Berufsausbildungen“, so Petri. Gleiches gilt für Fahrzeuglackierer, Automobilkaufleute und Kfz-Mechatroniker. Einige Ausbildungsordnungen in diesem Bereich wurden nach Angaben des NPE in den vergangenen Jahren speziell im Hinblick auf die neuen Anforderungen modernisiert. Paul Ebsen von der Bundesarbeitsagentur sieht darüber hinaus auch Bedarf für Vertriebs- und Marketingkräfte.

Bedingt durch den Wandel in der Branche sind Mitarbeiter in der Pflicht, sich ständig neuen Anforderungen anzupassen. Das heißt auch: „Beschäftigte müssen immer über den Tellerrand hinausschauen, um Probleme zu lösen und neue Trends zu erkennen“, erklärt Damasky.