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Ein Balkon macht Freude - doch wehe, wenn der Putz von der Brüstung bröckelt oder die Fliesen kaputt sind. In Wohnungseigentümergemeinschaften geht es dann häufig darum, wer den Schaden beheben und bezahlen muss.

RosenheimNach den Fenstern sind die Balkone der größte Zankapfel in Eigentümergemeinschaften. Dabei sollte von Rechts wegen die Lage klar sein. „Alle tragenden Teile sind Gemeinschaftseigentum und damit Sache der WEG. Der Balkonraum an sich ist Sondereigentum des Wohnungseigentümers“, sagt Hausverwalter Martin Metzger aus Rosenheim und Vorstandsmitglied im Bundesfachverband der Immobilienverwalter (BVI).

Zu den tragenden Teilen gehört, was die Sicherheit und Gestaltung des Hauses betrifft: unter anderem Fassade, Brüstungsmauer und -geländer, Bodenisolierung sowie die Außenseite der Fenster und Türen. Dagegen gehören Fliesen, Fugen, Steckdosen, Innenanstrich und bewegliche Blumentöpfe zum Sondereigentum. So steht es auch in Urteilen des Bundesgerichtshofs (Az.: V ZR 114/09, VII ZR 193/99).

Die tragenden Teile verantwortet grundsätzlich die WEG, die anderen der jeweilige Miteigentümer. Daraus folgt, wer instand halten, reparieren und bezahlen muss: Kaputte Fliesen auf dem Balkon etwa tauscht der Wohnungseigentümer auf eigene Kosten aus. Bei einer unter den Fliesen liegenden Abdichtung, durch die zum Beispiel Wasser in die darunter liegende Etage eindringt, ist dagegen die Gemeinschaft dran. Sie würde auch die Kosten übernehmen, wenn die Fliesen weg sollen, um die Abdichtung instand zu setzen (Paragraf 14 Nr. 4 WEG).

Mitanpacken muss der Eigentümer bei Arbeiten am Gemeinschaftseigentum nicht. Als zumutbar gilt das Wegräumen von Tischen und Stühlen oder Bildern, das Entfernen schwerer Pflanztröge aber nicht, erläutert der auf Miet- und Eigentumsrecht spezialisierte Rechtsanwalt André Leist aus Dresden. Der Eigentümer muss bei größeren Vorhaben auch nicht akzeptieren, dass permanent Handwerker durch seine Wohnung laufen.

Teilungserklärung gibt Aufschluss

Probleme gibt es, wenn Teilungserklärungen und Gemeinschaftsordnungen Zuordnungen und Verantwortlichkeiten für die Balkone anders regeln. „Es wird manches dem Einzelnen zugeordnet, obwohl es Gemeinschafseigentum ist“, sagt Leist. Eigentümer können in der Teilungserklärung nachlesen, wofür sie zuständig sind. Steht im Text beispielsweise, der Miteigentümer sei für die Instandhaltung zuständig, bedeutet das: reinigen der Entwässerung, Wildwuchs lichten, Wartung erledigen – mehr nicht.

Formulierungen wie „zuständig für Instandsetzung, Erneuerung, Unterhaltung und Sanierung“ fassen die Pflichten wesentlich weiter. „Dann muss sich der Eigentümer um die defekte Abdichtung und die anderen tragenden Teile kümmern, sie in Ordnung halten, reparieren und bezahlen“, erläutert Verwalter Metzger. Für den Einzelnen wird das teuer, die Kasse der Eigentümergemeinschaft bleibt dagegen verschont (BGH, Az.: V ZR 91/16).

Im Gegenzug hat die WEG so gut wie kein Mitspracherecht bei dem, was der Miteigentümer unternimmt oder unterlässt. „Mangels Kompetenz kann die WEG bei der Zuordnung an den Einzelnen nichts tun“, stellt Leist fest. Die Gemeinschaft könne lediglich „den Beschluss fassen, Herrn Meier aufzufordern, etwas zu unternehmen“. Bleibt Herr Meier untätig, kann eine Klage folgen. In Notfällen darf die Hausverwaltung sofort eingreifen.

Das Verschönern und Sanieren von Balkonen setzt einen Beschluss der Eigentümergemeinschaft voraus. Je nachdem erfordern die geplanten Maßnahmen unterschiedliche Mehrheiten (Paragraf 22 WEG). Ein Beispiel sind nachträglich anzubringende Aufstellbalkone. Dieser baulichen Veränderung muss nicht nur die einfache Mehrheit zustimmen, sondern auch die Eigentümer, die von der Maßnahme beeinträchtigt werden, müssen Ja sagen, erläutert Julia Wagner, Referentin für Recht beim Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland in Berlin.

Wer ablehnt muss nicht zahlen

Wer den Anbau ablehnt, zahle auch nicht. Sollen nur einige Wohnungen Balkone bekommen, kann die WEG entscheiden, ausschließlich die profitierenden Eigentümer zur Kasse zu bitten.

Der Ersatz maroder Geländer durch besseres Material wiederum gilt als modernisierende Instandsetzung. Dafür reicht Wagner zufolge die einfache Mehrheit der Anwesenden. Für die Finanzierung können auch Eigentümer ohne Balkon herangezogen werden (BGH, Az.: V ZR 114/09). Eine Modernisierung dagegen braucht eine qualifizierte Mehrheit.

Oft ist strittig, wie die Maßnahme eingestuft wird. Bevor die WEG abstimmt, sollte sie sich beraten lassen, empfiehlt Wagner deshalb. Dem stimmt Martin Metzger mit Blick auf die Zuordnung als Gemeinschafts- oder Sondereigentum zu: „Die Regelungen sind selten eindeutig gefasst“. Verwalter sollten gründlich recherchieren und der WEG zudem juristischen Beistand nahelegen. Beschlüsse müssen im Wortlaut eindeutig sein (BGH, Az.: V ZR 91/16). Werden sie von einem Gericht gekippt, wäre der finanzielle Schaden groß. Dennoch kann ein mit falschen Mehrheiten gefasster Beschluss zur Balkonsanierung wirksam sein – es sei denn, ein Eigentümer ficht ihn innerhalb eines Monats an.