24.9.2017 Wahlparty von Markus Grübel und der CDU des Wahlkreises Esslingen

 Foto: Hauenschild

Von Melanie Braun und Roland Kurz

Die FDP-Mitglieder gönnen sich hochzufrieden Rostbraten und Wein, die Grünen begrüßen ihr Ergebnis mit kurzem Applaus, der CDU-Abgeordnete Markus Grübel mag trotz des wieder gewonnen Direktmandats nicht jubeln. Die Sozialdemokraten nehmen gefasst eine weitere Niederlage auf, die Linke registriert ruhig leichte Gewinne - so sieht das Stimmungsbild auf den Esslinger Wahlpartys aus. Die AfD zieht es vor, ohne Beisein der Presse zu feiern.

„Sauber!“ So hallt es kurz nach 18 Uhr durchs Nebenzimmer des Restaurants „Kelter“, wo die Esslinger FDP-Mitglieder die Verkündung der Hochrechnungen verfolgen. „Wir sind wieder drin“, freut sich Kandidat Sven Kobbelt, auch wenn er persönlich keine Wohnung in Berlin suchen muss. Der 31-jährige Jurist ist mit dem letzten Platz auf der Landesliste weit vom Einzug in den Bundestag entfernt. Mehr als zehn Prozent sind ein „hervorragendes Ergebnis“, meint er. Auch das Ziel, zweistellig zu werden, habe die FDP erreicht. „Wir haben gezeigt, dass man eine Wahl aus der Mitte heraus gewinnen kann, ohne rechtspopulistische Thesen zu verbreiten.“ Das Ergebnis der AfD nehmen die FDP-Leute mit einem Raunen zur Kenntnis. „Damit müssen wir uns auseinandersetzen“, meint FDP-Urgestein Hans-Rolf Sommer, der seit 49 Jahren bei den Freidemokraten ist. Als Kobbelt kurz nach 19 Uhr die ersten Ergebnisse von Esslinger Wahlbezirken vom Smartphone abliest, brandet nochmals Beifall auf. Die Magnum-Flasche Sekt, die der Ortsverband dem Kandidaten geschenkt hat, wird wohl bald knallen.

Die Sozialdemokraten haben sich in der Studentenkneipe 4Peh versammelt. Mit einem Glas Bier in der Hand schaut Kandidatin Regina Rapp auf den Bildschirm. 21 Prozent für die SPD verkündet der Sprecher zunächst. Da rappelt nichts im 4Peh. Die Genossen sind still. Sie haben sich an schlechte Resultate gewöhnt und die 35-jährige Sozialwissenschaftlerin verzieht keine Miene. Das AfD-Ergebnis wird mit Pfiffen quittiert. Gegen 18.15 Uhr verkündet die stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende Manuela Schwesig, die SPD werde in die Opposition gehen. Im 4Peh wird heftig geklatscht. „Das war mein innerster Wunsch“, bekennt Rapp, „die Große Koalition war doch ausgepresst wie eine Zitrone.“ Fast trotzig setzt sie hinzu: „Aber verdient hat die SPD das Ergebnis nicht“. Als sich ihr Sohn auf den Schoß setzt, lächelt die Kandidatin wieder.

Von Partylaune ist bei der CDU, die ins Restaurant „Die Insel“ eingeladen hat, nichts zu spüren. Die Union ist zwar stärkste Kraft geworden, aber die Enttäuschung über die starken Stimmenverluste überwiegt. Die meisten Gäste sitzen stumm vor der Leinwand und verfolgen die Analysen der TV-Experten. „Das Ergebnis ist betrüblich, ebenso wie das starke Abschneiden der AfD“, sagt Markus Grübel. Er hat zwar wie erwartet das Direktmandat seiner Partei im Wahlkreis Esslingen geholt, doch dass die Union so schwach abschneidet, hat er nicht erwartet. „Die gute Regierungsbilanz ist im Wahlkampf untergegangen“, glaubt er. Dass die SPD nun so schnell angekündigt hat, in die Opposition zu gehen, kritisiert er scharf: „Die SPD verabschiedet sich damit aus der Verantwortung.“

Das sehen auch andere hier so. Viele macht aber vor allem das Abschneiden der eigenen Partei nachdenklich: „Man fragt sich, wie es jetzt weitergeht für unsere Volkspartei“, sagt die Esslinger CDU-Stadträtin Margot Kemmler. Regina Hemminger, ebenfalls Esslinger Stadträtin, betont: „Wir müssen endlich darüber nachdenken, warum so viele Wähler von der CDU zur AfD abgewandert sind. Wir müssen uns dem stellen, etwas anderes geht nicht mehr.“

Freudige Ausrufe und heftigen Applaus gibt es hingegen bei den Grünen, als die ersten Hochrechnungen kurz nach 18 Uhr mehr als neun Prozent der Stimmen für die Partei anzeigen. Das ist etwas mehr als erwartet, ist man sich einig. Doch dann wird es schnell wieder ruhig im „Lux“, wo die Grünen den Wahlabend verbringen. Viele sind schockiert über das gute Abschneiden der AfD. Stephanie Reinhold, die Kandidatin im Wahlkreis Esslingen, sagt: „Wir müssen jetzt schauen, was wir in der Politik ändern können. AfD-Wähler sind doch vor allem Protestwähler.“ Mit dem Abschneiden der eigenen Partei ist sie aber zufrieden: „Die GroKo abwählen war unser Ziel.“ Teil einer Jamaika-Koalition wolle man aber nur sein, wenn man eigene Themen setzen könne. Das sehen viele hier so. „Wir wollen keine Regierungsbeteiligung um jeden Preis“, betont Andreas Hamm vom Kreisvorstand der Grünen.

In der Bar „fuenfbisneun“ ist es kurz nach 18 Uhr ruhig, obwohl der kleine Raum rappelvoll ist. Die Gäste, die zur Wahlparty der Linken hierher gekommen sind, verfolgen gebannt die Hochrechnungen auf der Leinwand. Angesichts des Ergebnisses der Partei sei die Stimmung ganz gut, sagt der Kandidat Martin Auerbach. „Aber wir hätten uns mehr gewünscht.“ Das gute Ergebnis der AfD zeige leider, dass es einfacher sei, mit Rassismus Politik zu machen als mit guten Inhalten.