6.5.2017 Nicht nur Musiker kamen zum Straßenkunstfestival nach Esslingen.

 Foto: Hauenschild - Hauenschild

Von Alexander Maier
Sie kamen aus Esslingen, aus der ganzen Region, und manche kamen auch von ganz weit her: Gaukler und Artisten, Musiker und bildende Künstler, Breakdancer und Jongleure. Und sie alle hatten nur ein Ziel: die Esslinger Innenstadt noch bunter und erlebnisreicher zu präsentieren als gewohnt. Fünf Stunden lang sorgten rund 60 Kleinkünstler am Samstag für Trubel in Esslingen – möglich machte es das zweite Esslinger Straßenkunstfestival, das Philipp Falser und sein Schauspielensemble Kunstdruck mit Unterstützung von Stadtmarketing und Einzelhandel auf die Beine gestellt hatten. Und weil sich auch das Wetter ausnahmsweise mal von seiner besten Seite zeigte, war’s für Publikum, Künstler und Veranstalter eine runde Sache.

Anziehungskraft: Beim ersten Straßenkunstfestival waren die Esslinger 2016 noch weitgehend unter sich gewesen, diesmal wollten die Veranstalter den Bogen bewusst weiter spannen – und ihre Rechnung ist aufgegangen. „Viele sind von weit her gekommen“, freute sich Philipp Falser. „Das ist eine schöne Sache, weil es sich offenbar herumgesprochen hat, dass man hier etwas erleben kann.“ Das konnte Melanie Schloz bestätigen, die eigens aus der Tübinger Gegend angereist war: „Eine Freundin hat mich aufs Straßenkunstfestival aufmerksam gemacht. Ich komme immer wieder gern nach Esslingen, aber so reizvoll wie heute erlebt man die Stadt nicht alle Tage.“

Attraktionen: Zwischen Postmichelbrunnen und Athleteneck, Metzgerbach und Ehnisgasse, Rossmarkt und Marktplatz war allerhand geboten, wobei viele Künstler immer wieder ihren Standort wechselten. Die Luftartisten Ella Just und Jonas Wacker zeigten an Vertikaltuch und Aerial-Ring spektakuläre Kunststücke. Chris Blessing ließ Messer, Keulen, Äpfel und Diabolos durch die Luft fliegen. Felice und Cortes Young brachten Jonglage und Gesang in Einklang, Jonas Kerner war mit seinen Diabolos dabei und Maria, die Gauklertochter, musizierte, reimte und jonglierte auf dem Hochrad, dass ihrem Publikum Hören und Sehen verging. Rosini und Paula Pusteblume brachten Farbe ins Spiel, Helene Hummer ließ gut gelaunt die Keulen fliegen, aus Amsterdam und Wien waren Alexander Bakker und Judith Kirschner angereist – er gab auf Stelzen den Marionettenführer, während sie sich als Puppe durch die Stadt führen ließ. Und am Athleteneck zeigte das Breakdance-Ensemble Battle Toys seine Kunst.

Andere Kulturen kamen ebenfalls zur Geltung. Weil sich Esslingen als weltoffene Stadt versteht, machten auch Flüchtlinge mit: Abdou Jallow und seine gambischen Trommler ließen mit ihren mitreißenden Rhythmen aufhorchen, während Babette Ulmer von den Stage Divers(e) und Philipp Falser ihr chorisches Sprechprojekt präsentierten: Gemeinsam mit einer Gruppe junger Flüchtlinge hatten sie Kurt Schwitters’ „Ursonate“ einstudiert. „Wir wollten zeigen, dass man nicht nur in Worte, sondern auch in Laute Sinn und Haltung legen kann“, erklärte Philipp Falser.

Ausstellung: Ein Kulturfestival ohne bildende Künstler – undenkbar. Andrea Menze von der Galerie Art und Wert hatte ihre Künstlerkollegen Georgios Savaidis, Katharina Scherer, Fritz Finkel, Ildiko Passarge, Ingrid Neumann, Ina Kappler, Susi Edelmann, Katharina Schneider, Ingrid Haar und Sidonie Conzelmann eingeladen, die Innere Brücke zur „Open Gallery“ zu machen oder in Geschäften auszustellen. An Ständen und auf Staffeleien zeigten die Künstler ihre Werke, manche ließen sich bei der Arbeit über die Schulter schauen oder luden zu Mitmachaktionen ein. Und nicht nur das Publikum – auch die Künstler waren total begeistert. „Die ganze Stadt wirkt plötzlich ganz anders“, schwärmte Menze.

Akzente setzten Andrea Menze und Katharina Scherer auch mit ihrer „Kababum“-Aktion – bunt bemalten Bäumen, an denen sie Sinnsprüche zum Mitnehmen befestigt hatten. „Wir haben diese Aktion schon vor einem Jahr dem City-Management vorgeschlagen, um örtliche Geschäfte bunter zu gestalten“, verriet Menze. „Nun haben wir unsere Idee wenigstens beim Straßenkunstfestival umgesetzt.“ Der Architekturstudent Ingo Haller hatte derweil quer durch die Stadt bunte Farbtupfer in Form von Pfeilen und Zeichen gesetzt. Besonders beliebt waren die Bilderrahmen auf der Inneren Brücke, die sich ideal eigneten, um durchzugucken und so ein Erinnerungsfoto zu schießen.

Ausblick: Hinterher zogen die Veranstalter ein positives Fazit. „Erst mal sind wir total glücklich und erleichtert, dass das Wetter so gut mitgespielt hat“, freute sich Sven Seuffert-Utzler. Er ist überzeugt, dass sich die Sache auch für das Stadtmarketing, die City Initiative Esslingen und die Händlergemeinschaft am Postmichelbrunnen gelohnt hat, die dem Festival die nötige finanzielle Basis beschert hatten: „Die Besucher waren zufrieden – mit solchen Aktionen wollen wir die Menschen noch mehr für die Esslinger Innenstadt begeistern.“ Das sieht auch Philipp Falser so: „Mit dieser Veranstaltung wollten wir zeigen, was Esslingen drauf hat. Das ist gelungen.“ Kein Wunder, dass er bereits weiter denkt: „Das Straßenkunstfestival soll es auch im nächsten Jahr geben – dann würden wir uns gerne noch in Richtung Bahnhofstraße ausdehnen.“