24.12.2017 Heiliger Vormittag in der Esslinger Innenstadt

 Foto: Boosz

Von Peter Dietrich
Macht es einen Unterschied, wenn der 24. Dezember auf einen Sonntag fällt? Beim „Heiligen Vormittag“ war der Andrang in diesem Jahr eher noch größer als sonst. Eindrücke vom Fest vor dem Fest: Wann begann der Heilige Vormittag? Die städtischen Genehmigungen für den Außenausschank galten ab 10 Uhr. Doch für die draußen Wartenden, die nach drinnen wollten, öffnete das Kuck-Kuck am Ottilienplatz schon um 8.43 Uhr die Tür. Schon nach etwa einer Stunde waren die 70 Paar Weißwürste weg. „So viel wie in diesem Jahr war noch nie los“ meinte der Wirt Volker Müller. Dennoch: Wenn der letzte am Nachmittag gegangen sei, sei Schluss. „Früher habe ich um 21 Uhr nochmals aufgemacht, doch mit 41 Jahren kann man das nicht mehr. Mein Wecker hat um 6.30 Uhr geklingelt.“
Anke Ehmann ging ihren dritten Heiligen Vormittag etwas ruhiger an und wollte ihre Zwiebel erst um elf Uhr öffnen, doch schon ein paar Minuten vorher klopften die ersten Gäste - und bekamen Einlass.

Da hat sich Roger Bartl vom Karmeliter dann doch gewundert: Am 16. Dezember, berichtet er, habe er das Schreiben von der Stadt erhalten, verfasst am 12. Dezember: Eine Genehmigung für den Außenausschank am Heiligen Vormittag wolle er bitte bis zum 14. Dezember einholen. Doch zum Glück nutze er nur Privatgelände. Die Tradition das Heiligen Vormittags habe das Posthörnle begonnen, als geschlossene Gesellschaft. „Ich war dann der Erste, der öffentlich ausgeschenkt hat, das war 1977.“

Wie war das mit den Genehmigungen? Nach einem Personalwechsel bei der Stadt habe es kurz ein Durcheinander gegeben, sagt Jürgen Hemminger, kurz Jogi. „Aber wir haben zusammengefunden.“ Ab 9.30 Uhr kamen die ersten Gäste in das, was Hemminger als „Bermuda-Dreieck“ bezeichnet - die Heugasse mit Ad Astra, Getränke Hemminger, Lolas und Weinkeller Einhorn. Sie mussten ein wenig warten. „Vorfreude ist die schönste Freude“, befand Hemminger, der unter den Gästen teils Familien mit drei Generationen ausgemacht hat. „Das ist der Treffpunkt zum Jahresabschluss.“

Für die Endkontrolle der Sauberkeit, wenn die Heugassen-Wirte gemeinsam aufgeräumt haben, war seine Frau Regina Hemminger zuständig. „Dann ist unsere Straße sauberer als vor Weihnachten“, versprach sie, „die Wirte stoßen miteinander an, und es ist eine wunderschöne stille Stimmung in der Stadt.“ Auch Gerhard Gorzellik, Amtsleiter des Esslinger Ordnungsamts, war am Heiligen Vormittag in der Stadt unterwegs. „Ich hoffe, die Wirte nehmen ihre Verantwortung wahr“, sagte er. So wie in der Heugasse? „Ja, die machen das immer gut.“

Was dem Kuck-Kuck seine Weißwürste, sind dem Einhorn seine Schnitzelweckle. „Wir haben genug, wir sind vorbereitet“, versicherte Kerstin Weiß. Zeit zum Verschnaufen gibt es hinterher, bei den Betriebsferien bis 8. Januar. Nebenan freute sich Lola Jacob über die „wunderbare, friedliche Veranstaltung“. Danach brauche es einen ganzen Tag, bis das Lolas wieder in den Urzustand zurückversetzt sei. „Der Rückbau ist am 26. Dezember.“

Ganz entspannt war auch Frank Jehle, Geschäftsführer des Palmschen Baus, in Aktion, dort gab es am Außenstand unter anderem gegrillte Rote. „Wir wissen ja, was kommt.“

Über 30 Mitarbeiter im Einsatz, 3000 Sektgläser bereit - das sind zwei beeindruckende Zahlen von der Sektkellerei Kessler. Die Kühlschränke für den Sekt waren fast nicht nötig, deren Temperatur von sechs Grad Celsius entsprach fast genau der Außentemperatur. Wie viele der 3000 Gläser werden wohl, trotz drei Euro Pfand, nach der Veranstaltung fehlen? „Es werden einige Hundert sein“, sagte der Vertriebsleiter Bertram Haak, der sich um den Sektnachschub keine Sorgen machte: „Wir sitzen direkt an der Quelle.“

Am wie gewohnt dicht belegten Rossmarkt war zum ersten Mal auch das Flo, also die Bäckerei Dieringer, vertreten und nutzte den großen Backofen zum Pizzabacken. „Alles ist gemütlich, es ist eine schöne Atmosphäre“, meinte Petra Dieringer. Enkel Schulz, der Newcomer vom Vorjahr, schenkte dieses Mal nicht allerdings aus. Dafür waren an vielen anderen Stellen in der Stadt die üblichen Verdächtigen präsent, vom Lavazza über das Café Maille bis zum Emil, wo ein paar Besucher sogar draußen sitzen konnten.

Nur sitzen oder rumstehen mussten die Gäste aber nicht. Vor dem Neuen Rathaus gab es etwas ganz anders. „Tanz ES“ sorgte dort zur Abwechslung für Tänze zu heißen südamerikanischen Rhythmen.

Damit nun kein falscher Eindruck entsteht: Die Esslinger zog es nicht nur zu Tausenden zum Heiligen Vormittag. „Wir sind hier in der Stadtkirche rund 2500 Menschen“, freute sich Dekan Bernd Weißenborn ein paar Stunden später bei der Christmette. Viele Besucher feierten auf Notsitzen und im Stehen mit.