Der deutsche Lehrlingsmarkt ist leer gefegt. Die Bäckerei Schultheiss in Nellingen hat dennoch neue Auszubildende eingestellt: drei junge Ausländer. Christian Schultheiss, einer der Geschäftsführer (zweiter von rechts), zeigt Antonio Pendon aus Spanien (links), Bambo Jawara aus Gambia (rechts) und Naser Samadi aus Afghanistan sein Handwerk. Foto: Bulgrin Quelle: Unbekannt

Von Barbara Scherer

Die milden Temperaturen der Vorjahre waren vergessen: Gestern zeigte der Herbst, dass er auch anders kann. Hagel, Regenschauer und Temperaturen um die vier Grad waren dazu angetan, die Freude am „Esslinger Herbst“, dem verkaufsoffenen Familien- und Erlebnissonntag, ein wenig zu trüben. Doch die Besucher ließen sich trotz alledem von den vielfältigen Angeboten locken. Hinterher waren die Händler in den Geschäften zufrieden, die Händler an den Ständen auf den Märkten hätten es sich ein wenig gemütlicher gewünscht.

Lückenhaft: Wie immer zum „Esslinger Herbst“ waren die Märkte in der Innenstadt das Herzstück des Tages. In der Ritterstraße, am Postmichelbrunnen, in der Strohstraße und am Blarerplatz waren 180 Händler angemeldet, doch Märkte-Organisator Til Maehr bekam einige Absagen. Vor allem am Blarerplatz, wo der letzte monatliche Flohmarkt der Saison traditionell am „Esslinger Herbst“ stattfindet, taten sich viele Lücken auf. Für Til Maehr keine Überraschung, verfügen doch die Flohmarkt-Beschicker als Privatleute selten über Profiausrüstungen zum Wetterschutz.

Wetterfest: Ganz anders war’s bei den Antiquitäten- und Kunsthandwerkhändlern. Pavillone, Planen und feste Dächer hielten Regen und Hagel ab, dazu mussten die Händler immer wieder rangieren und Kisten und Truhen vorsorglich unter das schützende Dach ziehen.

Aus Alt mach’ Neu: Wer über die Märkte bummelte, traf oft auf das Lieblingsthema der Saison - Upcycling. Wer aus Gebrauchtem Neues entstehen lässt, muss Fantasie und Fingerfertigkeit walten lassen. Dann sind alte Holzfensterläden, besprüht mit Weihnachtsmotiven, originelle dekorative Aufsteller für drinnen oder draußen. Oder man nehme Scheinwerfer von ausgedienten Motorrädern, montiere sie auf Gestelle und präsentiere originelle Leuchtobjekte.

Lieferung kostenlos: Klassisches gab es ebenfalls zu entdecken. Antiquitätenfreunde standen um einen Tisch aus der Gründerzeit, der ausgezogen und von vier verzierten Stühlen umgeben war. Wer ihn haben wollte, sollte 800 Euro für das Ensemble hinlegen. Immerhin wäre der Transport innerhalb der Innenstadt ohne Aufpreis dabei gewesen.

Puppenfeilscher: Ein weiterer Klassiker waren Puppen. Um die wurde am Stand heftig gefeilscht. „Nein, ich kann sie Ihnen nie für 100 Euro überlassen, das ist eine echte Käthe Kruse - fast 100 Jahre alt und sehr gut erhalten, die kostet 250 Euro“, beharrte die Händlerin. Im nächsten Moment musste sie jedoch klein beigeben - der Mann zu ihrer Linken hatte hartnäckig gerungen und das Bärchen mit dem Knopf im Ohr statt für 40 für 32 Euro ergattert.

Adventsstimmung: Viele Händler hatten die ersten adventlichen und weihnachtlichen Artikel dabei - so wie Conny Renz aus Uhingen. Sie war eigentlich noch gar nicht weihnachtlich gestimmt, doch beim morgendlichen Standaufbau begann sie, sich auf Weihnachten zu freuen. Unter ihren vielen Dekoartikeln stach ein Kaffeeservice von Eschenbach mit Kerzen- und Tannenmotiven hervor. „Eigentlich kann man das Service nur vier Wochen im Jahr benutzen, aber es bringt einen in weihnachtliche Stimmung“, machte sie mit Verkaufsgeschick Werbung für das Porzellan.

Vegan und nachhaltig: Kreativ sein und die Strömungen der Zeit aufgreifen - das macht die Seifenmanufaktur Eulenhof aus Uhingen. Die Seifenstücke dufteten betörend und sahen zum Anbeißen aus. „Sie sind auch vegan und nachhaltig“, berichtete Steffi Zink, Mitarbeiterin der Firma. Das bedeutet, dass keine tierische Milch und kein Palmöl mehr verwendet werden. Und was ist in der Seife „Zitrone-Buttermilch“? „Hafermilch ersetzt die Buttermilch“, erklärte Zink.

Angebissen: Til Maehr achtet immer darauf, beim „Esslinger Herbst“ Besonderes und Neues zu bringen. So verwies er auf den fahrenden Imker, der mit seinem Rad als mobilem Verkaufsstand den Honig transportierte, und auf den Falafelstand der libanesischen Familie Sahyoun. Vater Fandel Sahyoun, der mit zwei Söhnen und einem Neffen den Stand betreibt, hatte sich damit einen Traum erfüllt: „In Esslingen wollte ich schon immer verkaufen“, gestand er und fütterte bereits die nächste Kundin mit einer knusprigen Kugel Falafel an.

Zeltspieler: Spielbegeisterte Eltern und ihre Kinder ließen sich von keiner noch so feuchtkalten Witterung abhalten. Dank der Zelte auf dem Hafenmarkt sind die Spielangebote beim Heiges-Spieleparadies gut angenommen worden.

Einkaufsbummel: Die Esslinger Geschäfte hatten am Nachmittag geöffnet, und die Läden waren gut besucht. Stiefel, Pullover und Mäntel wurden anprobiert, Schals wurden um ausgekühlte Hälse geschlungen, an mancher Kasse bildeten sich lange Schlangen. Alexander Kögel, der Sprecher der Händlergemeinschaft City Initiative Esslingen, sprach für seine Kollegen, als er sagte: „Wir sind ganz zufrieden. Das haben wir sicherlich auch zum Teil der Witterung zu verdanken.“ Nicht nur die großen, sondern auch kleine Geschäfte hätten regen Kundenverkehr verzeichnet.

Kochshow: Gut besuchte Läden sind immer auch ein Ergebnis spannender Aktivitäten. So gingen die Shopper gerne zu Karstadt, wo Venzenzo Abrusci von der Firma WMF die neuen gusseisernen Pfannen in kurzen Kochsequenzen vorführte.

Reiselust: Nicht beklagen konnte sich auch die Firma Schlienz Tours. Im proppenvollen Alten Rathaus beugten sich die Besucher über Prospekte, lauschten Vorträgen und besprachen beim Essen und Kaffeetrinken die Reise, die sie gerade gebucht oder zumindest fürs nächste Jahr in Aussicht genommen hatten. Draußen konnten sie schon mal Probe sitzen, denn Schlienz hatte seine Busflotte mitgebracht und auf dem Rathausplatz und dem Marktplatz ausgestellt, darunter auch seine modernen Reisebusse. Überdies hat Schlienz Tours gestern das TÜV-Zertifikat „Sichere Personenbeförderung für Kranken- und Behindertentransfer“ erhalten.

Fazit: „Ein insgesamt guter Tag“, zog City-Managerin Silke Renninger-Metz Bilanz, auch wenn nicht die ganz starke Besucherfrequenz zu verzeichnen gewesen sei.