Maxi Schafroth und Markus Schalk vertonen den mühevollen Entscheidungsfindungsprozess eines Landwirts "Mähen oder nicht mähen". Foto: Eberle - Eberle

Von Elke Eberle

Klein ist das Dorf, aus dem er stammt. Groß der Kosmos um das Dorf herum. Allgäuer und ihre Eigenarten, Bayern und seine Politiker, seine eigene Sozialisation auf dem elterlichen Bauernhof, das sind die Themen von Maxi Schafroth. Er ist Hansdampf und Quasselstrippe und erobert derzeit die Bühnen im gesamten deutschsprachigen Raum. Am Sonntagabend setzte er zusammen mit dem Gitarristen Markus Schalk beim Wendlinger Zeltspektakel einen höchst unterhaltsamen, fulminanten Schlusspunkt.

Wehe, wenn er sein panbayrisches Kleidungsstück, den Lodenjanker trägt, „da ändert man sich automatisch, probieren Sie es aus. Man schlupft rein und verfilzt“. Dann wird er zum generösen Politiker mit inhaltsleeren, aber wohlklingenden Plattitüden. Er beschwört pathetisch das zwischenmenschlich Vereinende und ruft alle Wendlinger auf, noch an diesem Abend mindestens einen Unterboihinger zu umarmen. Über die Einladung nach Wendlingen habe er sich sehr gefreut, bekannte er. Denn wer, wenn nicht die Wendlinger hätten es verdient, dass man ihnen ein bisschen Spaß bringe, so eingeklemmt zwischen Bundesstraße und Autobahn und in der Einflugschneise des Flughafens. Er zieht das Jankerl aus und ist ein anderer, am Ende des Abends zieht er es wieder an, allerdings wird die Trachtenjacke dann zur Tarnweste. Helikoptereltern bietet er auf einer hoch gelegenen Alm einen Kurs zum „Loslassen“ an. Außerdem hätte er den Söder am liebsten in einen zum Thinktank umfunktionierten Öltank dauerhaft eingeschweißt und den Führungsriegen führender Unternehmen zeigt er mit von der EU geförderten Projekten, was mit einem Jungstier im Stall so alles passieren kann, da lernt jeder das Fürchten. „Schauens vorbei“, lädt er alle ein, es gebe rundum Fenster. Geboren wurde er 1985, aufgewachsen ist er in Stephansried, einem 78 Seelen zählenden Ortsteil von Ottobeuren. Auf dem elterlichen Hof hatte er viele Freiheiten und die nutzte er. Manches bedaure er heute, bekennt er Grimassen schneidend. Die Opfer seiner kindlichen Versuche und Späße waren nicht selten Katzen und Touristen. Der Umgang mit einer Nutzkatz’ auf einem Bauernhof unterscheide sich halt, so entschuldigte er sich, grundsätzlich vom Umgang etwa eines Stuttgarters mit seiner möglicherweise Fillippa genannten, eher verwöhnten, Yoga machenden Hauskatze mit Titanhüften. Und als Siebenjähriger habe sein gnomiges, von der Berggais inspiriertes Auftreten bei manchen Touristen einen Fluchtreflex ausgelöst, da seien schon immer wieder Wertsachen zurückgeblieben.

Der Lech teile Bayern in arm und reich „raten Sie mal, wo wir wohnen“. Mitgebracht hat er den Nachbarsbub von früher, den kongenialen Gitarristen Markus Schalk. Grandios waren die bluesig angehauchten Musikstücke „Poor Region“, „Kässpätzla will i“ oder das „Mäh i“. Mit auf den Weg geben wollte er den Wendlingern seine Lebensphilosophie: „Mindestens eine Minute am Tag unlogisch handeln und ineffizient sein.“ In meditativ entspannendem Singsang holte er die Wendlinger ab und nahm sie mit, „alle Logik fällt von Ihnen ab, vergessen Sie alles, entformatieren Sie Ihren Kopf“. Auch ein passendes Zeigefinger-Workout hat er bei seinem Experiment der Ineffizienz parat. Sogar der Schwabe kann von ihm noch lernen, wie echte Sparsamkeit geht. Man tue nur so, als ob man nichts hätte. Statt pompösem Eisbecher im Gasthaus gibt es ein Billigeis am Stiel. Eins für zwei, da wird abwechselnd geschleckt. Nach zwei Jahren kaufe ein echter Allgäuer seine E-Klasse in der gleichen Farbe wie das letzte Modell, „dass der Nachbar nix merkt“. Der Abend war in höchstem Maße inspirierend und aus einer Minute genüsslich zelebrierter Ineffizienz werden schnell auch mal zwei oder drei.

Bilanz: Fünf Tage haben sie aufgebaut, vier Tage gab es Musik und Kabarett und beste Unterhaltung, jetzt wird abgebaut. Das 35. Wendlinger Zeltspektakel ist zu Ende. Und der Veranstalter, der Verein Zeltspektakel Wendlingen-Köngen zieht eine rundum positive Bilanz. Vorsitzender des Vereins ist Hansjörg Fritz, „wir hatten vier tolle Tage im Zelt“, sagte er. Das ehrenamtliche Team ist gut eingespielt und erfahren, viele sind teilweise schon sehr lange dabei. Am Sonntagabend wirken viele etwas müde, aber „durch den Erfolg sind alle etwas ruhiger und der Abbau ist immer sehr anstrengend, fällt dann aber leichter“. Die Veranstaltungen waren durchweg gut besucht, das hat sich schon beim Vorverkauf abgezeichnet. Nicht alle Veranstaltungen waren aber ausverkauft, dafür habe der Abend mit dem Konzert von Grachmusikoff alle Erwartungen übertroffen. „Wir gehen sehr beruhigt ins nächste Jahr“, so Friz.