Ein schönes Weihnachtsgeschenk für die Stammgäste: Das Jugendcafé Fuenfbisneun, das monatelang wegen des Streits mit dem benachbarten EcoInn geschlossen war, lud an Heiligabend zur Party ein. Foto: Dietrich Quelle: Unbekannt

Von Peter Dietrich

Das Jugendcafé Fuenfbisneun im Jugendhaus Komma macht wieder auf: Die Nachricht hatte sich über Facebook und Co. in Windeseile verbreitet. Für die traditionelle Heiligabendparty gab es mehr als 500 Vorverkäufe. Gegen Mitternacht drohte dann sogar der Einlassstopp beim gefragten Stelldichein der Stammgäste.

Es ist kurz nach 22.30 Uhr, die drei Dancefloors sind noch leer, wo haben sich nur die ganzen Besucher versteckt? Sie standen fast alle mit Getränken draußen im Hof und redeten, quasi als zweiter Teil des „Heiligen Vormittags“. Erst später am Abend ging es nach drinnen an die Bar und auf die Tanzflächen, wobei „Abend“ eine Untertreibung ist: Die Genehmigung reichte bis vier Uhr am Morgen.

Nach dem städtischen Kompromissvorschlag im Lärmkonflikt mit dem Hotel EcoInn, erzählt Jugendhausleiter Andreas Jacobson, sei vor etwa zwei Wochen der Brief von OB Jürgen Zieger gekommen: Nun stünde aus Sicht der Stadtverwaltung einer Wiedereröffnung nichts mehr im Wege. Also wagten es die beiden „Pächter im Nebenberuf“, Michael Belthle und Leonhard Hell, wieder: Es hieß Lebensmittel einkaufen und das Personal aus der Zwangspause holen, die mit der freiwilligen Schließung im Sommer begonnen hatte. Aber waren die acht Leute noch zu bekommen, oder längst anderweitig verpflichtet?

Unklar, wie es im Januar weitergeht

Sie kamen zum größten Teil zurück, eine von ihnen ist die Sozialpädagogin Anja Manz. „Als ich 18 war, stand ich vor 14 Jahren das erste Mal hier an dieser Theke“, sagte sie. „Das Café wird mit Herzblut geführt, die Chefs sind der Hammer, das ist ein Arbeitsplatz an der Sonne. Hier zu arbeiten, ist wie ein Hobby.“

Auch andere kommen immer wieder gern ins „Fuenfbisneun“ zurück. So auch DJ Hansito, der zur Heiligabendparty wieder aus Berlin einflog. Natürlich gebe es dort genügend Locations für ihn. „Aber keine hat so einen Charme wie hier“, sagte er, der zum ersten Mal mit 17 Jahren im „Fuenfbisneun“ war. Sein Hip-Hop, Funk und Soul kamen vom Laptop, aber für Effekte hatte er als Eingabegeräte digitale Plattenteller. Sein Geld für die damals noch echten Plattenspieler hatte er mit Ferienjobs beim Daimler verdient. „DJ ist wie Skateboardfahren. Das kann dir keiner erklären, man muss es selber machen.“ Der Laptop ist praktisch, gibt er doch hinterher ganz leicht die Titelliste aus, für die darin sehr genaue Verwertungsgesellschaft GEMA.

Die elektronische Musik der 1970er bis 1990er-Jahre im Dancefloor nebenan kam hingegen zu rund 70 Prozent von Vinyl - von Scheiben von damals genauso wie von aktuellen Neupressungen. Zu den insgesamt drei DJs kam ein VJ: Lucca, der für die Videowand im großen Saal kleine Schnipsel von Weihnachtsvideos von Loriot und anderen verarbeitet und mit Effekten versehen hatte. Das Ergebnis lief in Schleifen und wurde von Lucca, der an der Merz-Akademie Film und Video studiert, auch noch live bearbeitet.

Wenn sich Hausherr Jacobson durch die Menge drängte, begrüßte er unzählige Besucher mit Handschlag. Auch viele andere kannten sich, es war ein großes Hallo. „Das ist so was wie Familie“, sagte Jacobson über sein „sehr gesittetes Publikum“. Ständig hatte ein kleiner Teil davon im „Roten Salon“ Platz genommen, einer gemütlichen Ecke für Talkrunden, zur deren Ausstattung sogar ein historisches Schutzengelbild gehört.

Mittendrin saß Markus Scheuffelen, der das „Fuenfbisneun“ seit seiner Schulzeit kennt und nun in Würzburg studiert. Im Sommer, als er in Esslingen war und es auf der Maille abends kühl wurde, hatte er das frisch geschlossene Fünfbisneun sehnlichst vermisst. Nun hatte er sich mit sieben anderen Studenten dort verabredet. Als Schüler habe er hier mit einem einzigen Getränk den ganzen Abend verbringen können, lobte Scheuffelen die nichtkommerzielle Ausrichtung.

Noch sei alles in der Schwebe, sagt Jacobson, denn das Hotel EcoInn habe dem Kompromisspaket - zu dem weitere Schallschutzmaßnahmen im Komma und eine Klimaanlage im Hotel gehören - nicht zugestimmt. An Heiligabend war das kein Problem, denn das Hotel hat bis 7. Januar ohnehin Betriebsferien.