Renate und Karl-Heinz Frahm wollen sich mit ihrem Traktor auf große Fahrt begeben. Foto: oh Foto: oh - oh

Filderstadt - Elf Pferdestärken, 62 Traktorjahre und 1450 Kilometer Wegstrecke sind die Eckdaten für Renate und Karl-Heinz Frahm. Sie machen sich mit ihrem grünen Kramer KL 11 von Bernhausen aus auf die Reise an die Nordsee und nach einem elftägigen Urlaub auf der Insel Norderney wieder auf den Rückweg.

Von Raphael Conrad

Entspannt wird das Ehepaar auf seinem „Kramerle“ sitzen und die Landschaft gemächlich an sich vorbeiziehen lassen. Auf die Entschleunigung freut sich Karl-Heinz Frahm am meisten: „Man ist nicht gefordert beim Fahren und kann sich die Gegend ganz genau anschauen. Man sieht jede Blume am Straßenrand.“ Der pensionierte Ingenieur hat die Route bis an die Nordseeküste und zurück genau geplant. Nach Möglichkeit soll der Weg nur auf Landstraßen und Nebenstraßen verlaufen, nur, wenn es nicht vermeidbar ist, auch auf Bundesstraßen. Zwar ist das Ehepaar Frahm mit dem Traktor bereits nach Hamburg, an die Ostsee, in den Schwarzwald, den Bayrischen Wald, die Pfalz und den Thüringer Wald gefahren, dennoch ist jede Tour eine neue Herausforderung.


Der grün glänzende Traktor samt farblich angeglichenem Anhänger wird sechs bis sieben Stunden pro Tag über den Asphalt tuckern. Am Abend suchen sich die Frahms eine Unterkunft, was nicht immer ganz leicht ist. So erinnert sich Karl-Heinz Frahm an die Rückfahrt von der Ostsee, als die Herbergssuche sie in einer ländlichen Region zum einzigen Hotel weit und breit geführt hat, das jedoch belegt war. Ein Passant erkannte jedoch die Not der Traktortouristen. Schließlich fand sich durch das Engagement des Fremden eine Bleibe für die Nacht und die Frahms wurden in der Pension sogar mit einem „königlichen“ Frühstück belohnt.

Auf seinem Weg nach Norden wird das Gespann mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 18 Kilometern in der Stunde fahren, am Neckar entlang, durch den Odenwald, den Bayrischen Spessart, am Vogelsberg vorbei, quer durch den Teutoburger Wald, ins Ammerland und durch Ostfriesland nach Norddeich-Hafen. Von dort setzt eine Fähre nach Norderney über. Hier gönnt das Ehepaar sich und dem Schlepper eine elftägige Erholungspause.
Während der ganzen Fahrt sitzt Karl-Heinz Frahm am Steuer. Seite Frau nimmt auf dem eigens angebrachten Sitz schräg hinter ihm Platz. Dabei sei eine Unterhaltung trotz der Motorengeräusche gut möglich, man müsse nur ein wenig lauter und deutlicher sprechen, sagt er. Neben der bewussten Entschleunigung hat das Reisen mit dem Traktor noch einen ganz anderen Reiz. Es bringt die Frahms mit Menschen ins Gespräch, an denen Autofahrer einfach vorbeifahren. Insbesondere ältere Menschen in den ländlichen Gebieten fühlen sich bei dem charakteristischen Tuckern des Kramer-Traktors an frühere Zeiten erinnert. So entwickelt sich schnell ein Gespräch. Aber auch die Augen jüngerer Fans von Oldtimer-Traktoren bringt der Kramer KL 11 zum Leuchten.
Der 1955 gebaute Traktor hat die großen Touren bislang ohne größere, technische Pannen gemeistert. Brenzlig, so erzählt Karl-Heinz Frahm, werde es nur an manchen Kreuzungen. Das Gespann brauche so lange, um zu beschleunigen, dass die Grünphase unter Umständen nicht ausreicht, um die Kreuzung zu überqueren. Richtig ungemütlich auf dem Kramer-Cabrio wird es aber erst, wenn Wind, Regen und Kälte zusammenkommen. Wie viel Vertrauen Karl-Heinz Frahm in das „Kramerle“ hat, zeigt sich daran, dass das Feriendomizil auf Norderney ab dem 3. August gebucht ist. Abfahrt in Filderstadt ist am 26. Juli. Neun Tage später wollen die Frahms das erste Mal in der Nordsee baden.