Wer nicht Ski fährt, kann trotzdem Wintersport treiben. Und zwar fast vor der Haustüre: Schlittschuh laufen im Eisstadion auf der Neckarinsel ist vor allem bei Familien und Jugendlichen beliebt. Höhepunkt ist die Disco.
EsslingenDer Winter hat den Kreis Esslingen fest im Griff, und auf den Straßen herrscht das übliche Chaos, wenn es kalt und eisig wird. Und genau diese Voraussetzungen sind für die Betreiber des Eisstadions auf der Neckarinsel ein Segen. Dieter Fingerle, Vorsitzender der ESG Esslingen präzisiert: „Eiskaltes Wetter und eine volle Eisbahn sind die ideale Kombination, damit sich unsere ehrenamtliche Arbeit auch lohnt.“ Fingerle steht der Eissportgemeinschaft seit fast zehn Jahren als Präsident zur Verfügung und er ist vom Eis immer noch begeistert, auch wenn er die Schlittschuhe längst an den Nagel gehängt hat. „Ich bin jetzt viel lieber mit der Mammoth – der Eisaufbereitungsmaschine – auf der spiegelglatten Fläche unterwegs.“ Allerdings fährt er das 150 000 Euro teure Gerät nur aushilfsweise. „Wir haben 20 Ehrenamtliche, die regelmäßig im Eisstadion mitarbeiten und mindestens 100 Mitglieder sind jederzeit abrufbar, wenn Not am Mann ist.“ Die ESG hat auch die finanzielle Verantwortung. Dieter Fingerle ist stolz: „Wir haben das einzige vereinseigene Stadion in ganz Baden-Württemberg.“ Vor über 40 Jahren, nämlich 1976 wurde dieses innerhalb von vier Monaten geplant und gebaut. „Das wäre heute, mit den ganzen Vorgaben und Vorschriften kaum noch möglich.“
Dass das Eisstadion beliebt ist, zeigt sich während der sechsmonatigen Öffnungszeit vor allem zwischen Weihnachten und dem Dreikönigstag. „Da sind die Eisbahnen überall voll. In Esslingen kommen dann vor allem Familien ins Stadion.“ Fingerle grinst: „Viele, die früher noch die Eis Disco besucht haben, kommen heute mit eigenen Familien zu uns.“ So ist es denn auch nicht verwunderlich, wenn die Besucherzahlen bereits jetzt über dem Vorjahreswert liegen. „Wir sind zufrieden“, bestätigt der Eissportchef. Wenn es richtig voll ist, schlittern über 400 Kufenpaare übers Eis. Über den Tag verteilt, drehen über 1000 Menschen ihre Runden im Eisstadion. Rund ein Drittel der Eisläufer leiht sich die Schlittschuhe der ESG aus. „Wir haben 600 Paare, in den Schuhgrößen 25 bis 52, im Bestand“, weiß Dieter Fingerle. Die Jugendlichen im Alter von elf bis 18 Jahren bilden die größte Besuchergruppe. Das liegt aber auch daran, dass die umliegenden Schulen den Wintersporttag im Januar oder Februar durchführen. Wenn alle Schulen aber am gleichen Tag ins Eisstadion wollen, wird es kritisch. „Da sind wir eher zurückhaltend und müssen auch mal sagen: Wir sind voll“, bedauert der Eissportexperte. Schließlich sollen die Kinder ja Spaß auf dem Eis haben und sich nicht vorkommen, wie in einer Sardinenbüchse. Der Eissport scheint auch irgendwie sicherer geworden zu sein. Fingerle zeigt sich erleichtert: „Früher kam der Rettungswagen beinahe täglich, um Verletzte zu versorgen. Heute gibt es glücklicherweise kaum noch schwere Verletzungen wie etwa Knochenbrüche.“
Auch heute noch gilt die Eisdisco, als Highlight in der sechsmonatigen Saison. „Es ist schön, zu beobachten, wenn Teenager da erste Bande an der Bande knüpfen“, schmunzelt Dieter Fingerle. Und dabei drehen sich die Gedanken vermutlich um ganz andere Dinge, als um beispielsweise die Stromkosten. „Rund 80 000 Euro geben wir in der Wintersaison für den Strom aus, damit die Eisfläche gut gekühlt bleibt.“ Viele Arbeiten rund ums eisige Oval werden von den ehrenamtlichen Mitarbeitern erledigt. „Wir haben beispielsweise Elektriker, Flaschner oder Male im Verein und deren Wissen und Erfahrung können wir hier ausschöpfen.“ Es ist wie die Faust aufs Auge, sinniert Fingerle: „Wenn es draußen schönes Wetter ist, gehen die Leute auch raus und wollen Sport treiben. Doch für uns heißt schönes Wetter mehr Strom für die Kälteanlage und dadurch höhere Kosten.“ Die Wartung der Kälteanlage bleibt übrigens den Spezialisten überlassen. „Da wird mit Stoffen gearbeitet, die nur von Experten sicher bedienbar sind.“ In den Sommermonaten heißt es dann reinigen und reparieren. Auch diese Arbeiten erledigen die Ehrenamtlichen der Eissportgruppe.
Eislaufen geht auf der Neckarinsel schon ab September. Hier Fotos zur Eröffnung der Bahn:
Fingerle ist froh, seit zwei Jahren wieder einen Wirt fürs vereinseigene Restaurant, das Iglu, zu haben. „Uns ist es wichtig, dass sich die Gäste und die Vereinsmitglieder im Stadion wohlfühlen.“ Die Symbiose zwischen Sport- und Publikumsbetrieb ist eine Kunst, wie Fingerle weiß. „Das jeweilig richtige Maß zu finden, ist die Schwierigkeit.“ Immerhin gibt es viele Eishockeyspieler, vom Kindesalter bis 75 Jahre, die auf der Eisfläche trainieren wollen. Der Freitag gehört dann jeweils den Eiskunstläufern. „Die Kinder beginnen mit vier Jahren, Pirouetten und andere Figuren zu üben. Die ältesten Akrobaten auf dem Eis sind allerdings 70 Jahre alt.“ Sorgenkind ist das Eisstockschießen. „Es gibt zu wenig Nachwuchs und Aktive im Verein“, sagt Fingerle enttäuscht. Es kämen zwar viele Laiengruppen aus umliegenden Betrieben oder Behörden, doch Wettkampfgruppen gibt es nur noch sehr wenige. „Das ist vergleichbar mit dem Kegeln: Vor 20 Jahren hätte man kaum eine freie Bahn gefunden, aber das hat leider abgenommen.“
Das Eisstadion ist noch bis Ende März geöffnet. „Normalerweise lassen wir die Menschen bis Ostern aufs Eis. Es hat sich gezeigt, dass die Kinder dann lieber Ostereier suchen gehen und die Schlittschuhe nicht mehr anziehen wollen.“