Die Pyrotechniker von Glorious Singapore zündeten das 50. Feuerwerk in der Geschichte der Flammenden Sterne. Foto: Roberto Bulgrin - Roberto Bulgrin

Schweden hat den diesjährigen Pyrotechniker-Wettstreit bei den Flammenden Sternen in Ostfildern gewonnen. Die Skandinavier setzten sich vor Singapur und Indien durch.

OstfildernDie schwedischen Pyrotechniker von Fyrverkeri aus Göteborg sind die Sieger der diesjährigen Flammenden Sterne. Das Team setzte sich deutlich vor den Feuerwerkern aus Singapur, die am Samstagabend an der Reihe gewesen waren, und Indien durch, das die diesjährige Auflage des Wettbewerbs am Freitag eröffnet hatte.

Das Wetter zeigte sich am Wochenende äußerst launisch. Während die Heißluftballons freitags für den ersten magischen Moment bei dem Feuerwerksfestival Flammende Sterne sorgten und sich alsbald vor der Abschusszone auf dem ehemaligen Gartenschaugelände im Scharnhauser Park ein Meer aus Decken ausgebreitet hatte, drängten sich die Besucher am Samstag bei strömendem Regen unter jedes schutzbietende Dach – sei es ein Baum, ein Zelt oder der eigene Regenschirm. Auch die Pyrotechniker sorgten bei der 17. Auflage des internationalen Wettbewerbs für ein Wechselbad der Gefühle. Die Truppe aus Indien zeichnete am Freitag mit landestypischer Musik ein opulentes Kinoerlebnis à la Bollywood auf die nächtliche Himmelsleinwand, während die Kollegen aus Singapur am Samstag zu einem rockig-poppigen Flug um die Welt einluden. „Wir haben inzwischen eine ganz tolle Fangemeinschaft“, freute sich Organisator Jürgen Wünsche. Denn trotz nasskalter Bedingungen waren am Samstag 11.000 Besucher auf das Festivalgelände geströmt. Darüber hinaus sei der Freitag mit 12.000 Besuchern in der nun 17-jährigen Geschichte einer der stärksten Tage gewesen. Am Sonntag kamen wegen der im Tagesverlauf für den Abend angekündigten schweren Gewitter allerdings nur noch 10.000 Besucher. Trocken blieb es während des schwedischen Feuerwerks entgegen aller Ankündigungen aber dennoch, weil die Veranstalter den Beginn um 15 Minuten nach vorne verlegten. Das reichte - die ersten Tropfen fielen erst, nachdem das Spektakel beendet war.

Rund um die Flammenden Sterne

Mama und Papa gehen in die Luft: „Beim vierten Anlauf hat es geklappt“, freute sich Sina Kehrer für ihre Eltern. Denn am Freitag spielte endlich mal das Wetter mit und ein lang ersehnter Wunsch ging für das Ehepaar, das im Heißluftballon in die abendliche Sonne entschwebte, in Erfüllung. Die 25-Jährige aus Kemnat hatte die beiden jedes Mal bei ihren zunächst vergeblichen Anläufen begleitet. Sie will das Feuerwerksfestival Flammende Sterne in ihrem jährlichen Veranstaltungskalender nicht mehr missen: „Die Atmosphäre ist einmalig und die Vielfalt des Essensangebots super.“ Und die Feuerwerke hätten eben eine besondere Anziehungskraft.

Platz in der ersten Reihe: Bevor das nächtliche Himmelsspektakel jedoch startete, sicherten sich eingefleischte Fans wie alle Jahre wieder gleich nach Einlass mit Decken und Stühlen vor der Abschusszone einen Platz in der ersten Reihe. Die Flaneure genossen das südliche Flair an diesem Sommerabend, nahmen mit einem Cocktail in der Hand in Liegestühlen oder in der Lounge auf Sofas aus Paletten Platz und hatten die Qual der Wahl bei den kulinarischen Köstlichkeiten aus aller Welt.

Mit Schirm auf dem Klappstuhl: „Flammende Sterne, das muss sein, auch wenn es regnet“, sagte Alina Heinz, die am Samstagabend seit Einlass unter dem Schirm auf einem Klappstuhl ausharrte. Die Kinder hatten derweil Unterschlupf beim Schoko-Stand eines Bekannten gefunden. Die Bilder und Farben, die gepaart mit der Musik an den nächtlichen Himmel gezaubert wurden, faszinierten die Mutter aus Pforzheim. Dicht gedrängt in Gruppen unter allem, was gegen den Regen schützen konnte, harrten denn auch die Besucher froh gelaunt aus und nutzten die Zeit für einen Bummel durch den Festivalmarkt, auf dem sich der eine oder andere kurz am Feuer des Kamingrills aufwärmte.

Zeus mit Blitz und Donner: Nicht wie in den vergangenen Jahren mit einer spektakulären, lautstarken Lasershow, sondern mit leisen und poetischen Tönen ist das Publikum dieses Jahr auf den internationalen Wettstreit eingestimmt worden. „Zu Anbeginn aller Zeiten herrschte auf der Erde die große Stille und überall war Ödnis“, ertönte eine sonore Stimme aus dem Off. „Hemisphere“ lautete der Titel der Schöpfungsgeschichte aus der griechischen Mythologie, eine Produktion der Firma Innovative Pyrotechnik, die mit Joachim Berner den Aufbau der Feuerwerke organisiert, und Uta Rolland, die für Buch und Regie verantwortlich zeichnete. Göttervater Zeus erschien mit Blitz und Donner am Himmel und der Kriegsgott mit Flammenwerfern auf der Erde. Götterbote Hermes zischte kometengleich übers Firmament und erreichte schlussendlich, dass den Menschen vergeben wird. Denn mit Feuer können sie nicht nur Nützliches, sondern auch Schönes erschaffen, buchstäblich einen Feuerzauber, der über dem Festivalgelände funkelte.

Der Himmel gehört Bollywood: „Indien ist verrückt nach Feuerwerk und liebt Musicals“, erfuhr das Publikum, bevor auf der nächtlichen Himmelsleinwand großes, opulent ausstaffiertes Bollywood-Kino erstrahlte. Die Pyrotechniker von G2 Fireworks setzten am Freitag auf traditionelle, landestypische Musik, sei sie rituell-religiös angehaucht oder modern-elektronisch aufgepeppt. Ein wahres, farbenfrohes und rasantes Feuerwerk der Bilder entfaltete sich vor den Augen der begeisterten Zuschauer, die oftmals auch atemlos angesichts der überbordenden Fülle der Eindrücke zurückblieben. Auch wenn die Musik etwas gewöhnungsbedürftig war, lobte ein langjähriger Besucher aus Stuttgart die konsequente Umsetzung.

Singapur mit Helene: „Atemlos durch die Nacht“ ging es mit dem Lied von Helene Fischer am Samstag weiter. Die Pyrotechniker von Glorious Singapore zündeten das 50. Feuerwerk in der langjährigen Geschichte der Flammenden Sterne. Anschnallen und mit Hardrock zum Flug um die Welt starten, hieß es bei der Premiere der Singapurer in Deutschland. Zwischenstationen wurden in Afrika sowie Brasilien eingelegt. Und die explodierenden Blumen tanzten in klar konturierten Bildern im Rhythmus mal lebensfroh, aber auch melancholisch dazu. Und am Sonntag wollten die Schweden, die bereits über 25 Mal bei internationalen Wettbewerben Gold eingeheimst haben, das Publikum sowie die Jury in Ostfildern von ihrem Können überzeugen.

Unterhaltung für alle: „Bruce“, die Zwergeule, ließ sich immer wieder gerne an der Brust kraulen. Mutig traute sich eine Kinderschar, die am Freitag auf der Wiese rund um die Falknerin Vanesse Müller Platz genommen hat, einem Gehrfalken ein Stückchen Fleisch zu geben. Groß und Klein erfuhren allerhand über die Raubvögel, auch dass „Bruce“ eigentlich eine Lesebrille bräuchte, weil er weitsichtig ist. Groß und Klein vergnügten sich darüber hinaus bei überdimensionierten, klassischen Gesellschaftsspielen. Am Samstag fiel das kurzweilige Spielvergnügen jedoch buchstäblich ins Wasser. Jeweils zwei Livebands pro Abend sorgten indessen ungeachtet des launischen Wetters für Stimmung. Schier glaubte man, dass John Lennon mit Nickelbrille und Pilzkopf auferstanden sei. Doch dem Sänger von den „Blackbyrds“, die in die Sixties entführten, nahm man auch einen Mick Jagger ab. Für jeden Geschmack war etwas geboten, von Pop bis Rock, von Blues bis Funk. Und so heizte das „Funk Kartell“ mit „It’s fresh“ von „Kool & The Gang“ ein.

Feuerkünstler im Regen: „Wir ziehen das durch“, meinten die drei Feuerkünstler von „Stafffire“ am Samstag. Bei Regen müssten sie aber auf sogenannte „explodierende Flammen“ verzichten. Nichtsdestotrotz war der Auftritt mit nackten, muskelbepackten Oberkörpern spektakulär. Denn das Trio ließ an beiden Enden brennende Stangen mit Leichtigkeit über Oberarme und Nacken gleiten. Feuer und Licht in der Dunkelheit wohnt eben eine faszinierende, fast magische Kraft inne. So waren denn auch die fauchenden und glühenden Heißluftballons von vielen Schaulustigen umlagert und die beleuchteten Kegel sowie Halbmonde ein beliebtes Fotomotiv.

Wie es hinter den Kulissen des Feuerwerksfestivals zugeht, lesen Sie hier.